Rosenherz-berbKopie
wir gleich anfangen. Wie vereinbart wird
unser Gespräch aufgezeichnet. Die Gesprächsführung werde ich
übernehmen. Ich möchte, dass jeder der Anwesenden zunächst seinen
Namen nennt, wenn das Wort an ihn gerichtet wird, sodass wir am Ende
alle Stimmen zuordnen können.»
Lichtenberg
machte eine müde Handbewegung in die Runde. «Aber bitte, nehmen Sie
doch erst mal Platz. Darf ich Ihnen etwas zu trinken kommen lassen?»
Marthaler
lehnte stellvertretend für die anderen ab. Dann setzte er sich auf
einen der Stühle und zog sein Notizbuch hervor. Anna nahm neben ihm
Platz.
Albanelli
stellte das Aufnahmegerät auf den Tisch, schloss das Mikrophon an
und schaltete den Recorder ein. Er wirkte nervös. Er klopfte zweimal
mit der Spitze des Zeigefingers gegen das Mikrophon. Dann gab er
Marthaler ein Zeichen.
«Mein
Name ist Robert Marthaler. Es ist Mittwoch, der 17. August 2005. Wir
befinden uns in Danzwiesen auf dem Grundstück von Philipp
Lichtenberg, auf dessen Wunsch dieses Gespräch stattfindet. Herr
Lichtenberg, ich möchte Sie bitten, sich an einen Tag vor
neununddreißig Jahren zu erinnern ...»
«Nein,
nein, nein», unterbrach Lichtenberg. «Ich möchte, dass zuerst das
junge Fräulein, das gestern Abend schon mein ungebetener Gast war,
seinen Namen sagt.»
Anna
schaute rasch zwischen Marthaler und Lichtenberg hin und her.
Schließlich nickte Marthaler ihr zu.
«Ich
heiße Anna Buchwald.»
«Gestern
Abend haben Sie sich in mein Gästebuch eingetragen. Dort haben
Sie sich Karin Rosenherz genannt.» Anna nickte.
«Aber
das war nicht Ihr richtiger Name?» «Nein», sagte Anna.
«Würden
Sie mir den Namen Ihrer Mutter verraten?»
«Ich
habe zwar keine Ahnung, warum Sie das wissen wollen. Aber meine
Mutter heißt Birgit, Birgit Buchwald.»
«So
hieß sie nach der Hochzeit. Aber wie war der Geburtsname?»
«Tut
mir leid», sagte Anna, «ich habe meine Mutter kaum kennengelernt.
Ich habe keinen Kontakt zu ihr. Ich weiß auch nicht...»
«Doch,
Sie wissen!», sagte Lichtenberg. «Sie wissen es sogar sehr genau.
Der Geburtsname Ihrer Mutter lautet Birgit Niebergall. Sie ist
die Tochter von Karin Niebergall, die wiederum eine geborene
Rosenherz war. Sie sind die Enkelin der Frau, deren Tod Sie mir
anlasten wollen.»
Marthaler
hatte das Gefühl, ihm werde der Boden unter den Füßen entzogen.
Ein Blick auf Anna genügte, um zu wissen, dass der Mann die Wahrheit
sagte. Marthaler merkte, wie ihm die Situation zu entgleiten drohte.
In seine Enttäuschung mischte sich die Furcht, dass das
Gespräch eine Richtung nehmen könnte, die es keinesfalls nehmen
durfte. «Das hätten wir also», sagte er und versuchte, so
ungerührt wie möglich zu klingen. «Dann schlage ich vor, dass wir
jetzt zur Sache kommen.»
Aber
Lichtenberg wusste, dass er einen Treffer gelandet hatte. Er ließ
sich seinen Triumph nicht nehmen. Er klatschte in die Hände. Er
kicherte. «Ich wusste es», stieß er hervor. «Als ich die
Eintragung im Gästebuch sah, bin ich misstrauisch geworden.
Einen solchen Scherz hätte sich weder eine
Polizistin
noch eine Reporterin erlaubt. Als ich Sie vorhin vor mir stehen sah,
war ich mir sicher. Wissen Sie, dass Sie Ähnlichkeit mit Karin
haben? Es ist nicht so sehr das Aussehen. Es sind die
Bewegungen, die Gesten, die Mimik. Ich wusste es.»
Marthaler
warf Anna einen wütenden Blick zu. Sofort senkte sie die Lider.
Er
musste versuchen, Boden gutzumachen. «Sie scheinen Karin Rosenherz
besser gekannt zu haben, als Ihre damalige Aussage vermuten lässt»,
sagte er zu Lichtenberg.
«Papperlapapp.
Ich habe nie bestritten, sie gekannt zu haben. Sie hat mir erzählt,
dass sie eine Tochter hat, die in einem Kinderheim lebt. Ich habe ihr
sogar mal hundert Mark gegeben, damit sie der kleinen Birgit etwas zu
Weihnachten kaufen kann.»
«Dann
erzählen Sie jetzt bitte, was an jenem 3. August 1966 geschehen
ist.»
«Es
ist das geschehen, was ich schon damals gesagt habe. Karin Niebergall
war nachmittags auf meiner Party. Ich wollte sie überreden,
über Nacht zu bleiben. Sie hat abgelehnt. Gegen zwanzig Uhr hat sie
mein Fest verlassen. Das war's. Danach habe ich sie nicht mehr
wiedergesehen.»
«Sie
waren die ganze Nacht zu Hause?»
«So
ist es. Und dafür habe ich vier Zeugen benannt, die alle von der
Polizei befragt wurden und die mein Alibi bestätigt haben.»
«Wer
waren diese Zeugen?»
«Zwei
Mädchen, die wir sozusagen als Ersatz für Karin hatten kommen
lassen. Und zwei Freunde, die zu Besuch
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