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Rosenherz-berbKopie

Titel: Rosenherz-berbKopie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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würde, und Marthaler hatte begriffen, dass er sie nicht
einfach beschwichtigen durfte. Er hatte mit Charlotte von
Wangenheim, der Leiterin beider Mordkommissionen, gesprochen und
darum gebeten, in den Innendienst versetzt zu werden. Sie hatten
lange beraten, aber schließlich hatte sich alles gefügt. Das
Landeskriminalamt, wo es bereits eine Abteilung für alte,
ungeklärte Fälle gab, hatte das Frankfurter Polizeipräsidium
aufgefordert, dort ebenfalls eine kleine «Cold Cases Unit»
aufzubauen. Seine Chefin hatte ihn gefragt, ob er sich vorstellen
könne, diese Aufgabe zu übernehmen. Marthaler hatte sofort
zugesagt. Sie hatten beschlossen, die neue Abteilung der Ersten
Mordkommission anzugliedern. So war er deren Leiter geblieben, ohne
mit den Tagesaufgaben befasst zu sein. Tereza hatte noch am selben
Abend bei Charlotte von Wangenheim angerufen, um ihr zu danken.
    Marthaler
hatte sein Büro im Weißen Haus behalten können. So nannten
er und seine Kollegen das schöne alte Bürgerhaus in der
Günthersburgallee, in das sie mit der MK I umgezogen waren. Die
neue Abteilung bestand aus Marthaler und seiner Sekretärin. Bei
Bedarf, so hatten sie vereinbart, konnte der Hauptkommissar
Verstärkung beantragen. Aber noch war er dabei, sich einzuarbeiten
und die Akten der alten Fälle zu sichten.
    Als
sich das Kellerfenster im Haus gegenüber öffnete, wurde Marthaler
aus seinen Gedanken gerissen. Um nicht entdeckt zu werden, rutschte
er ein wenig tiefer in den Fahrersitz. Aber der Mann schnippte
nur eine Zigarettenkippe auf die Straße, dann schloss er das
Fenster wieder.
    Sie
hatten kein Recht, den Mann zu observieren, trotzdem taten sie es.
Sie hofften, dass er sie irgendwann zu der Beute fuhren und damit
seine Schuld verraten würde. Einige der Kollegen, die damals in der
Sonderkommission gewesen waren, hatten sich bereit erklärt,
ihre Freizeit zu opfern und sich an der Aktion zu beteiligen. In den
sechs Wochen, seit er wieder draußen war, hatten sie abwechselnd
das Haus des Verdächtigen überwacht, waren ihm gefolgt, wenn er
einkaufen gegangen war, einen Arztbesuch machte oder einen
Termin bei seinem Bewährungshelfer hatte. Bislang war nichts
passiert, was sie ihrem Ziel auch nur einen Schritt näher gebracht
hätte. Langsam stellten sich in der Truppe die ersten
Ermüdungserscheinungen ein.
    Am
12. Mai 2001 war die zwölfjährige Yasemin auf dem Nachhauseweg von
der Schule entfuhrt worden. Sie war die Tochter eines wohlhabenden
türkischen Geschäftsmannes, der mit seiner Familie seit vielen
Jahren in Frankfurt lebte. Noch am Mittag des Entführungstages
hatte er einen Anruf erhalten, in dem ein Unbekannter eine Million
D-Mark Lösegeld forderte. Der Vater hatte zwei Tage gebraucht,
den verlangten Betrag zu besorgen, dann war er nachts zu der
vereinbarten Stelle am Mainufer gegangen und hatte das Geld
dort deponiert. Erst als Yasemin auch am folgenden Tag nicht wieder
auftauchte, ging Ali Ulmaz zur Polizei. Die sofort eingeleitete
Suchaktion verlief ergebnislos. Am Montag der darauffolgenden
Woche meldete sich ein Mann bei der Polizei und gab an, auf dem
Grundstück seines verwilderten Kleingartens in der Nähe des
Bornheimer Friedhofs eine Kinderleiche gefunden zu haben. Der
Mann hieß Bernd Kirchhoff und war bereits wegen mehrerer kleiner
Delikte vorbestraft. Wie sich herausstellte, war das Mädchen
wahrscheinlich noch am Tag der Entführung ermordet worden. Die
Ermittler waren überzeugt, dass es sich bei Kirchhoff um den
Tater handelte. Er wurde in Untersuchungshaft genommen und unzählige
Male verhört, stritt aber jede Beteiligung an der Tat ab. Da sein
Alibi sich als wacklig erwies, kam es zum Prozess, bei dem
Kirchhoffs Anwälte sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die als
Zeugen geladenen Ermittler nach allen Regeln der Kunst
auseinandernahmen. «Die haben euch filetiert», sagte damals einer
der Gerichtsreporter zu Marthaler. Der Prozess endete mit einem
Freispruch für den Angeklagten. Wenige Tage danach war
Kirchhoff allerdings erneut festgenommen worden, als er versucht
hatte, am nördlichen Ende des Grüneburgparks eine Frau zu
vergewaltigen. Diesmal war er schuldig gesprochen worden. Er hatte
seine Haftstrafe abgesessen und das Gefängnis vor sechs Wochen
wieder verlassen. Seitdem hatten sie ihn keine Minute aus den Augen
gelassen. Der Mann hauste in einer winzigen Wohnung im ausgebauten
Keller eines alten Bürgerhauses im Frankfurter Nordend. Er hatte
keine Arbeit und keine Aussicht, welche zu

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