Rosenherz-berbKopie
erzielen.»
«Sechzehn
Stiche?»
Professor
Fassbinder nickte. «Was auch immer hier geschehen ist, die Frau
ist ... nicht schnell gestorben. Mehr über den Charakter der Wunden
und damit über die mögliche Tatwaffe weiß ich erst, wenn wir
die Leiche gewaschen haben und ...»
«Okay
... Gehen Sie davon aus, dass das Opfer versucht hat, sich zu
wehren?»
«Das
ist sicher. Ich habe sämtliche Fingernägel geschnitten und
werde sie heute Abend noch im Labor untersuchen lassen. Aber so viel
kann ich schon jetzt sagen: Unter einigen befanden sich nicht
nur Wollfasern, sondern auch Hautpartikel. Ein deutliches Zeichen
dafür, dass ein Kampf stattgefunden hat, dass sie den Angreifer
gekratzt und verletzt hat. Irgendwo sollte also auch beim Tater
eine Wunde zu finden sein. Und ich vermute, eine nicht ganz
kleine Wunde.»
«Was
ja auch heißt: Das Ganze kann eigentlich nicht ohne Lärm abgegangen
sein.»
Der
Mediziner nickte. «Der Zustand des Zimmers, die Blutflecken, die
sich an den Türen, an den Wänden und auf dem Boden in verschiedenen
Teilen der Wohnung finden, lassen auf einen längeren Kampf
schließen, der keineswegs geräuschlos vonstatten gegangen sein
dürfte.»
«Irgendwer
im Haus sollte also etwas gehört haben.» Köhler zog einen
kleinen Taschenkalender aus seinem Jackett und machte sich eine
Notiz.
«Ob
sie allerdings noch hat schreien können, ist fraglich. Sie hat
ausgeprägte Strangulationsmale, ihr Hals ist wahrscheinlich
stark angeschwollen gewesen.»
«Sie
meinen, man hat möglicherweise versucht, sie zu erdrosseln?»
«Nein.
Aufgrund der Spuren würde ich eher sagen, dass man sie mit bloßen
Händen gewürgt hat.»
«Könnte
es sich um mehrere Tater gehandelt haben?»
«Vielleicht
ja, vielleicht nein. Zwei Waffen heißt nicht unbedingt: zwei Tater.
Aber um mehr dazu sagen zu können, will ich mir die Wundränder und
die Stichkanäle genauer anschauen. Das kann ich nicht hier
machen. Dazu muss ich sie auf dem Tisch haben.»
«Ein
Triebverbrechen?», fragte der Staatsanwalt.
Professor
Fassbinder zögerte. «Fragen Sie mich etwas Leichteres!», sagte er
schließlich. «Ich habe solch einen Tatort noch nie gesehen.
Wahrscheinlich hatte Karin Rosenherz vor ihrem Tod mit einem oder
mehreren Männern Geschlechtsverkehr. Aber was heißt das schon
bei diesem Beruf. Ich habe einen Mund- und einen Scheidenabstrich
durchgeführt. Auch das geht heute noch ins Labor. Von einem Abstrich
des Afters habe ich absehen müssen, da dieser vollkommen mit Kot
verschmiert war.»
Terry
Köhler war ans Fenster getreten und schaute schweigend nach
draußen. «Sonst noch was?», fragte er schließlich.
Der
Rechtsmediziner schüttelte den Kopf. «Alles andere morgen im Laufe
des Tages. Sobald wir obduziert und das Protokoll getippt haben,
bekommen Sie es auf den Schreibtisch. Sie können aber auch
gerne dabei sein, wenn wir sie ...»
Köhler
hob abwehrend die Hände: «Nein», sagte er, «egal, wann Sie
obduzieren, ich habe bereits etwas anderes vor.»
«Finden
Sie den Tater!», sagte Professor Fassbinder mit leiser Stimme. «Wer
auch immer das getan hat, er gehört hinter Gitter. Kein Wesen hat
verdient, was diese Frau in der letzten halben Stunde ihres Lebens
hat durchmachen müssen. Das kann Gott nicht gewollt haben, wo
immer er war, als das hier geschah.»
Teil
2
Es
war Dienstag, der 9. August 2005. Hauptkommissar Robert Marthaler
hatte seinen Wagen in der Schwarzburgstraße am Bordstein
geparkt. Er saß hinter dem Steuer und starrte unverwandt auf das
Fenster der Kellerwohnung im Haus gegenüber, wo der Verdächtige
sich aufhielt. Die Augen des Polizisten waren bei der Sache, seine
Gedanken mussten es nicht sein.
Marthaler
war müde und glücklich. Für den späteren Abend hatte er mit
Tereza ein gemeinsames Essen verabredet, auf das er sich umso
mehr freute, als seine Freundin am nächsten Morgen in aller Frühe
zum Flughafen musste. Sie würde für ein paar Tage nach Budapest
fliegen, um an der Eröffnung einer Ausstellung teilzunehmen.
Schon
am Wochenende hatte Marthaler eine Geflügelterrine zubereitet,
zu der es frischen Wildkräutersalat geben sollte und geröstetes
Brot. Er würde eine Flasche «Roi Fainéant» öffnen, die er
alleine trinken musste. Tereza war im vierten Monat schwanger.
Die
Zeit, nachdem sie erfahren hatten, dass sie bald ein Kind haben
würden, war die bislang schönste ihres gemeinsamen Lebens.
Tereza war skeptisch gewesen, ob sich sein Beruf mit einem Kind
vertragen
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