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Rosenherz-berbKopie

Titel: Rosenherz-berbKopie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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nicht dahinter. Man hat nicht allzu
viel zu lachen in meinem Beruf. Man ist froh, wenn man es mal mit
einem Kunden zu tun hat, der weniger versehrt ist. Es war ein
Scherz, den alle gerne mitgemacht haben.»
    «Das
heißt, Sie kennen ihn eigentlich gar nicht besonders gut?»
    Unmerklich
hatte Steffi die Richtung ihres Spazierganges bestimmt. Sie waren
die Lindleystraße entlanggegangen, vorbei am Zollamt und an den
langen Reihen der Lkw. Ein paarmal hatte Marthaler bemerkt, wie die
Fahrer begehrliche Blicke auf die Frau in seiner Begleitung warfen.
Irgendwann hatte Steffi ihn nach links gelenkt, auf die Hanauer
Landstraße. Nun befanden sie sich bereits wieder auf dem
Rückweg zur Hagenstraße.
    «Nein.
Nicht besser jedenfalls als die meisten anderen. Immerhin ist
er redseliger, auch gewandter als der Durchschnitt. Wissen Sie, die
Leute, die zu uns kommen, sind häufig misstrauisch und
aggressiv. Sie haben selten gute Erfahrungen gemacht. Ein großer
Teil ist körperlich und seelisch krank. Die meisten trinken Alkohol
oder nehmen andere Drogen. Wo sie auch auftauchen, man begegnet
ihnen mit Zurückweisung. Also werden sie selbst zurückweisend.
Die meisten sind Einzelgänger; sie gehen sich auch gegenseitig aus
dem Weg. Es ist oft schwer, ihr Vertrauen zu gewinnen. Die Welt will
nichts mit ihnen zu tun haben; also wollen sie von der Welt in Ruhe
gelassen werden.»
    Steffi
war stehengeblieben. Sie drehte ihren Kopf zu Marthaler und sah
ihn an. «Meinen Sie, dass ihm etwas zugestoßen ist?»
    «Nein,
jedenfalls gibt es bislang keinen Anlass, das zu glauben. Aber
wie gesagt: Er scheint Angst zu haben. Wenn Sie eine Idee haben, wo
er sich aufhält, sagen Sie es mir.»
    Sie
seufzte. «Nein, ich weiß nicht, wo er ist. Ich weiß nicht, wo er
Platte macht. Er wollte es nicht sagen.»
    «Platte
macht?», fragte Marthaler.
    «So
nennen sie es. Platte macht man dort, wo man seinen Schlafplatz hat,
wo man wohnt. Das kann ein Zelt sein, eine Parkbank, unter einer
Brücke oder im Eingang eines Gebäudes.»
    «Ach
so, ja. Jetzt erinnere ich mich, den Ausdruck schon gehört zu
haben. Wann haben Sie Bruno zuletzt gesehen?»
    «Vorgestern
am Morgen. Er war hier und hat bei uns gefrühstückt.»
    Marthaler
dachte nach. Der Justizangestellte Gundlach hatte den kleinen Bruno
ein paar Stunden später in der B-Ebene des Hauptbahnhofs getroffen.
Zu diesem Zeitpunkt schien Bruno Kürten bereits panische Angst
gehabt zu haben.
    «Ist
Ihnen da etwas aufgefallen an ihm? War er anders als sonst? Hat er
irgendetwas gesagt, das Ihnen ungewöhnlich vorkam?»
    Marthaler
schaute die Sozialarbeiterin prüfend an. Sie wich seinem Blick aus.
Sie senkte den Kopf, bis das Schild der Kappe ihre Augen verbarg.
    «Er
kam und hat mich begrüßt wie immer. Er war gut gelaunt. Er
hat seinen Kaffee getrunken und gegessen.»
    Marthaler
wartete.
    «Und?»
    «Nichts!»
    «Doch.
Ich bin Polizist. Ich habe Tausende Zeugen vernommen und viele
Verdächtige verhört. Ich merke, wenn sich der Ton einer Aussage
ändert.»
    «Also
mache ich hier gerade eine Aussage? Wir reden nicht miteinander,
sondern Sie vernehmen mich?»
    «Nennen
Sie es Aussage oder nennen Sie es Gespräch. Jedenfalls hat sich Ihr
Ton gerade verändert. Sie haben gezögert wie jemand, der
nicht lügen, der aber auch die Wahrheit nicht sagen will.»
    «Ich
habe nicht gelogen.»
    «Doch»,
sagte Marthaler. «Ich habe Sie gefragt, ob der kleine Bruno
vorgestern Morgen außer essen und trinken noch etwas anderes
gemacht hat. Sie haben geantwortet: Dieses
war eine Lüge.»
    Kurz
sah es aus, als wolle sich Steffi zur Wehr setzen, als wolle sie
protestieren gegen eine bösartige Unterstellung. Stattdessen gab
sie ihm durch ihre Miene zu verstehen, dass seine Vermutung stimmte.
    «Also
war noch etwas?»
    «Ja.»
    «Sagen
Sie es mir!»
    «Ich
weiß nicht... Muss ich denn?»
    «Ja,
Sie müssen.»
    «Bruno
vertraut mir. Bruno ist...»
    Marthaler
wurde laut: «Bruno ist vor allem eins: nämlich in Gefahr.»
    «Wir
saßen zusammen und haben gefrühstückt. Bis dahin war alles in
Ordnung. Bruno hat Scherze gemacht. Es gab kurz Ärger, weil einer
der Männer einen Flachmann auf den Tisch gestellt hat und sich
weigerte, ihn wieder wegzupacken. Bruno hat es auf die charmante
Tour geschafft, den Konflikt zu lösen. Ein Kollege hat das Radio
eingeschaltet. Niemand hörte richtig hin. Dann kamen die
Nachrichten mit der Meldung von dem Überfall. Bruno war sofort
wie elektrisiert. Er ist aufgesprungen

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