Rosenherz-berbKopie
Abend
telefoniert hatte.
«Machen
Sie auf, Polizei!»
Durch
den Wortwechsel angelockt, kamen ein paar der Berber
herbeigeschlurft. Es waren dieselben, die sich vor dem Kiosk
gestritten hatten. Bei ihnen war jetzt auch eine barfüßige
junge Frau mit kahlgeschorenem Kopf, die Marthaler aufmunternd
zunickte. Sie hatten sich hinter ihm in dem kleinen Innenhof
postiert, hielten aber respektvoll Abstand, als fürchteten sie,
sich ansonsten einen Rüffel einzufangen.
Marthaler
wandte sich an die Gruppe: «Wie heißt der Mann dadrin?», fragte
er.
Die
Berber schauten sich an.
«Vöckler»,
sagte die Frau. Und nach kurzem Zögern: «Wir nennen ihn Fickler.»
Als
sie Marthaler jetzt unsicher anlächelte, sah er ihre schadhaften
Zähne. Die anderen feixten.
«Herr
Vöckler, machen Sie bitte auf!»
Die
Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet. Marthaler hielt dem
verschlafenen Mann seinen Ausweis vors Gesicht. Vöckler kniff
die Augen zusammen. Anscheinend war er kurzsichtig und hatte
seine Brille nicht zur Hand.
«Lassen
Sie mich bitte rein!»
«Wer
sind Sie? Was soll das?»
«Marthaler,
Kriminalpolizei. Wir haben gestern Abend telefoniert.»
«Sie
sind eine impertinente Person! Haben Sie das Papier von dem
Richter?»
«Nein,
das habe ich nicht! Trotzdem möchte ich, dass Sie mir jetzt
umgehend meine Frage beantworten: Hat Bruno Kürten hier
übernachtet?»
Vöckler
öffnete die Tür ein Stück weiter, versperrte aber weiter den
Eingang. Jetzt wandte er sich an die Gruppe der im Hof Stehenden:
«Was lungert ihr da rum und glotzt? Verschwindet gefälligst
in eure Zimmer.»
Die
Berber wichen ein paar Schritte zurück. Marthaler drehte sich zu
ihnen um: «Kennt jemand von Ihnen Bruno Kürten? Er wird kleine Bruno> genannt. Hat er hier übernachtet?»
Bevor
ihm jemand antworten konnte, begann Vöckler erneut zu
schreien: «Habt ihr nicht gehört, was ich gesagt habe, ihr sollt
auf eure Zimmer verschwinden.»
Die
Berber zogen die Köpfe ein, dann trollten sie sich. Einer nach
dem anderen verschwanden sie in den Wohncontainern.
Vöckler
wandte sich an Marthaler: «Und Sie verlassen jetzt bitte sofort das
Gelände, sonst werde ich Ihre Kollegen benachrichtigen. Sie haben
kein Recht, uns zu behelligen.»
Blitzschnell
trat Vöckler einen Schritt zurück und zog die Tür zu. Im selben
Moment wurde zweimal abgeschlossen.
Wütend
pochte Marthaler noch einmal gegen die Tür. Dann ließ er die Arme
sinken und wandte sich dem Ausgang zu. Er konnte den Mann nicht zu
einer Aussage zwingen. Er hatte keine Handhabe, hier auf eigene
Faust zu ermitteln. Und er durfte nicht riskieren, dass Vöckler
tatsächlich die Polizei rief.
Ein
paar Meter weiter, am Rand des alten Schulgartens, setzte er sich
auf eine Bank. Er schloss die Augen und überlegte, was zu tun
war. Es konnte nicht so schwer sein, herauszufinden, wo Bruno
Kürten sich aufhielt. Jemand wie er, ein entlassener Häftling, der
kein Geld und nur wenige Kontakte hatte, konnte nicht so leicht
verschwinden. Sein Radius war klein. Es war unwahrscheinlich, dass
er die Stadt verlassen hatte. Marthaler musste weiter an seiner
Liste mit den Männerwohnheimen arbeiten. Er würde zurück ins
Weiße Haus fahren und wieder telefonieren.
Dann
merkte er, dass jemand vor ihm stand. Er öffnete die Augen und sah
den großen Mann mit der Fellmütze.
«Ich
bin der Büffel.»
«Ja,
ich weiß», antwortete Marthaler, «das haben Sie schon gesagt.»
Ein
paarmal ruckte der Kopf des Mannes vor und zurück. Die
Plastiktüten, die er noch immer in den Händen hielt, schlenkerten
hin und her.
«Warum
nennen Sie sich Büffel?»
Der
Mann setzte an, etwas zu sagen, aber statt einer Antwort kam
nur ein unverständliches Röcheln. Auf seinen Lippen hatten
sich kleine Speichelbläschen gebildet. Er ließ den Kopf hängen
und schaute zu Boden. Marthaler stand von seiner Bank auf und
ging ein wenig zur Seite, um dem Geruch auszuweichen.
Als
der Mann keine Anstalten machte, erneut das Wort an ihn zu richten,
wandte sich Marthaler ab, um zu gehen. «Dann wünsche ich dem
Büffel einen schönen Tag», sagte
er.
Plötzlich
spürte er, wie sich die Hand des Mannes um seinen Oberarm
klammerte.
«Der
kleine Bruno ...», sagte der Mann.
Augenblicklich
bekam Marthaler eine Gänsehaut. «Was ist mit dem kleinen Bruno?
Kennen Sie ihn? Wissen Sie, wo er ist?»
Wieder
ruckte der Büffelkopf. Es war nicht zu erkennen, ob es sich um ein
Nicken handeln sollte. Marthaler befreite sich aus dem Griff
Weitere Kostenlose Bücher