Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rosenherz-berbKopie

Titel: Rosenherz-berbKopie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Pflichten.
    Alle
Nachrichten, die im Fränkischen
Tag über
die Fortschritte des Internet veröffentlicht wurden, verfolgte
sie mit großer Aufmerksamkeit. Und als das weltweite Netz seinen
Siegeszug in die Privathaushalte antrat, verlangte sie umgehend
die Anschaffung eines Computers und eines Modems.
    Ähnlich
wankelmütig wie in ihren schulischen Leistungen zeigte sie sich
auch in ihrem Sozialverhalten. Immer wieder wurde sie für ihren
ausgeprägten Gerechtigkeitssinn gelobt. Wenn jemand zu Unrecht
eines Vergehens beschuldigt wurde, ging sie auf die Barrikaden,
bis die Sache zu ihrer Zufriedenheit gelöst war. Wurde eine
neue Mitschülerin von den anderen abgewiesen und gehänselt, so war
es Anna, die sich so lange mit ihr verabredete, sie ins Kino
schleppte und zu ihren Geburtstagsfeiern einlud, bis «die Neue»
dazugehörte. Gleichzeitig konnte sie auch bei Nebensächlichkeiten
eine Verstocktheit an den Tag legen, dass alle in ihrer Umgebung die
Köpfe schüttelten.
    Mal
war sie aufmerksam, freundlich und zuvorkommend, dann wieder zog sie
sich aus unerfindlichen Gründen zurück, wurde mürrisch und gab
allen, die sich ihr nähern wollten, zu verstehen, dass sie die
unsichtbare Grenze nicht übertreten durften.
    Anna
Buchwald war von einer geradezu katzenhaften Unabhängigkeit.
    Das
bekamen auch jene Jungen zu spüren, die sich für sie
interessierten. Selbst wenn sie sich scheinbar auf ihr Werben
einließ, zeigte sie sich beim nächsten Treffen meist schon wieder
so einsilbig und abweisend, dass sie unter ihren jugendlichen
Verehrern schon bald als ebenso kokette wie launische Zicke
galt, der man besser aus dem Weg ging, wollte man nicht seine Zeit
vergeuden.
    Anders
war es mit Felix. Felix war ein Freund ihrer Brüder, und sie lernte
ihn ein halbes Jahr vor dem Abitur kennen. Zwei Wochen lang wehrte
sie sich dagegen, dann gestand sie sich ein, dass sie ihn liebte. Da
sein Eigensinn kaum kleiner war als der ihre, musste sie zwei
weitere Wochen all ihre Energie darauf verwenden, den Jungen zu
überzeugen, dass ihre Liebe auf Gegenseitigkeit beruhte. Drei
Monate lang waren Anna und Felix ein Paar, bis er sie verließ -
«wegen einer Dünneren», wie sie es sich und ihren Freundinnen
erklärte.

    Felix
war nach dem Abitur gemeinsam mit der Dünnen nach München gezogen,
also hatte Anna sich einen Ort gesucht, der möglichst weit entfernt
war. In Hamburg schrieb sie sich für das Studium der
Rechtswissenschaften ein, machte nach vier Jahren ihr erstes
juristisches Staatsexamen und hatte anschließend keine Lust
mehr auf Paragraphen und auf jene, die sich tagein, tagaus mit ihnen
beschäftigten. Da sie schon als Kind gerne gelesen und geschrieben
hatte, bewarb sie sich an der Henri-Nannen-Schule und bekam unter
zweitausend Bewerbern einen der dreißig Ausbildungsplätze. Die
Leiterin der Schule, Ingeborg Kalz, eine ebenso kluge wie
unerschrockene Journalistin aus Bayern, schloss Anna in ihr
großes Herz und ermutigte sie und die anderen Schüler, nicht auf
eine Karriere bei einer der großen Zeitungen zu schielen, sondern
stattdessen ihren eigenen Stil zu entwickeln und sich einem
widerständigen Journalismus zu verschreiben, der sich auf die Seite
der Schwachen stellte und jenen Gehör verschaffte, die keine Stimme
hatten. «Gewissenlose Schönschreiber», hatte Ingeborg Kalz
bereits in ihrer ersten Rede gesagt, «gibt es in unserem Beruf
genug, stromlinienförmige Arschlöcher ebenso. Und koksende
Karrieristen können mir gestohlen bleiben. Wenn Sie nicht mehr
wollen als schreiben und Geld verdienen, um sich irgendwann an einem
Swimmingpool zu Tode zu saufen, haben Sie hier nichts verloren. Wenn
Sie dagegen Mut und Kraft genug haben, den Mächtigen die Hosen
runterzuziehen, wenn Sie sich nicht verbiegen lassen, sondern bei
Verstand und anständig bleiben und notfalls bereit sind, Ihren
Verleger in den Hintern zu treten, dann können Sie bleiben, dann
will ich Ihnen gerne mein Wissen und meine
    Erfahrung
zur Verfügung stellen.» Sie hatte eine kurze Pause gemacht. «Und
noch etwas: Schlafen Sie nur mit wem Sie schlafen wollen! Und wenn
Sie einem Eckenpinkler begegnen, nennen Sie ihn einen
Eckenpinkler! Aus welchem Film ist das?»
    Anna
hatte in die Runde geschaut und gewartet. Als niemand die
Antwort wusste, hatte sie sich gemeldet: «Aus Solo
Sunny von
Konrad Wolf. DDR 1979. In der Hauptrolle Renate Krößner.»
    Sie
hatte den Film gemeinsam mit Felix dreimal in der Abendvorstellung
gesehen. An jenem Nachmittag,

Weitere Kostenlose Bücher