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Rosenmunds Tod

Rosenmunds Tod

Titel: Rosenmunds Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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Schritte durch den Raum. Vor dem Fenster beendete er seine Runde und starrte hinaus.
    »Ich habe die Mädchen geliebt«, sagte Swoboda leise. »Jedes einzelne. Ich hätte ihnen nie körperliche Gewalt antun können.«
    Annika Schäfer ballte wütend ihre Rechte zur Faust, Wielert konnte sie gerade noch rechtzeitig zurückhalten.
    »Dann ist Geschlechtsverkehr mit zehn-, zwölf- oder vierzehnjährigen Mädchen für Sie keine körperliche Gewalt?«
    »Nein. Ich habe niemals eines der Mädchen gezwungen, auch bei den anderen Männern habe ich darauf geachtet, dass sie nichts forderten, was die Kleinen nicht wollten. Alles geschah freiwillig.«
    »Freiwillig«, ächzte de Vries fassungslos. »Mann, wem wollen Sie das verkaufen! Von Svenja und Mara wissen wir, dass sie psychisch krank waren, wer weiß, wie es bei den anderen ist.«
    »Und die Ursache?«, rief Swoboda wütend. »Haben Sie sich mal gefragt, warum die Mädchen so außer Fassung geraten sind? Sie bekamen keine Liebe, von ihren Eltern nicht, von ihren Freunden nicht, von niemandem. Sie waren emotionale Wracks, ich habe ihnen nur das gegeben, wonach sie sich gesehnt haben.«
    »Ich glaub es nicht«, stieß Schäfer hervor. »Die kleinen Mädchen aus dem Ausland haben Sie sich auch nur aus reiner Menschenfreundlichkeit kommen lassen.«
    »Natürlich, das musste ja kommen«, erklärte Swoboda kopfschüttelnd. »Sie leben in Ihrer kleinen, behüteten Welt und spielen sich als Wächter über Recht und Gesetz auf. Dabei haben Sie keine Ahnung, was wirklich los ist. Hier in Deutschland ist es ja schon schlimm, schauen Sie sich doch die ganzen seelisch verkrüppelten Kinder an, die statt menschlicher Zuwendung und elterlicher Zärtlichkeit eine PlayStation und Kabelfernsehen bekommen. In Osteuropa ist das aber alles noch viel schlimmer, die Armut und die erbärmlichen Lebensumstände sind für uns unvorstellbar. Ich habe diesen Kindern geholfen, in erster Linie finanziell, aber sie haben auch Wärme gespürt, Liebe und Geborgenheit. Etwas, was ihnen sonst vorenthalten wurde.«
    Die drei Vertreter der Justiz sahen sich mit großen Augen an. Scheinbar glaubte Swoboda fest an das, was er sagte.
    »Jahrhundertelang war die Liebe zu Kindern eine hoch geschätztes Tugend«, fuhr der selbst ernannte Menschenfreund fort. »Bereits in den Kulturen der alten Griechen und Römer gab es Lustknaben und kindliche Mätressen. Hat es diesen Kulturen geschadet? Nein, diese beherrschenden Kulturen haben der jeweiligen Zeit ihren Stempel aufgesetzt, sie werden sogar als die Grundlage unserer heutigen Lebensweise angesehen. Ethik und Philosophie erlebten ungeahnte Blüten. Und heute? Schalten Sie mal nachmittags den Fernseher an. Blanke Brüste auf fast jedem Programm. Eine Werbung für Parfüm oder Duschgel kommt ohne nackte Haut doch nicht an. Jede Stadt hat ihre Slums, Peepshows, Bordelle und zwielichtige Amüsierlokale. Und bei dem ganzen Schmutz erdreisten wir uns, einem großen Teil der Bevölkerung körperliche Liebe und Erfüllung zu versagen und vorzuenthalten! Gerade Kindern und Jugendlichen, die noch in ihrer Entwicklung stecken und in dieser Zeit für den Rest ihres Lebens geprägt werden! In meinen Augen ist das ein Skandal ohnegleichen.«
    »Nach meiner Meinung bedürfen Sie dringend einer Therapie«, erklärte de Vries. »Ihre geschichtlichen Ausführungen in allen Ehren, aber Sie können das doch nicht ernsthaft als Legitimation anführen, sich an minderjährigen Mädchen zu vergehen.«
    »Ich wusste es doch, meine Motive haben in Ihrer Gedankenwelt keinen Platz. Als ich Svenja kennen lernte, stand sie kurz vor dem Abgrund, hatte schon eine stationäre Therapie hinter sich, ihre Karriere als Langzeitpatientin stand eigentlich fest. Sie fügte sich Verletzungen zu, wurde immer depressiver. Und dann? Je länger ich sie kannte, umso besser ging es ihr. Svenja blühte auf, geistig und auch körperlich, sie fühlte sich geliebt und begehrt. Und sie zeigte sexuelles Verlangen, was sie befriedigt haben wollte. Das soll ein Verbrechen sein?«
    »Das ist ein Verbrechen«, erklärte Wielert mit Betonung auf dem zweiten Wort. »Natürlich entwickeln Kinder irgendwann eine sexuelle Neugier; aber diese Neugier auszunutzen und sie sich gefügig zu machen ist das Schändlichste, was man sich vorstellen kann. Vor allem bei psychisch labilen Kindern.«
    »Hoffnungslos«, seufzte Swoboda und gab seinen Standplatz am Fenster auf. »Leider können Sie Svenja und Mara ja nicht mehr befragen.

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