Rosenmunds Tod
riechen.
»Können Sie sich denken, warum wir hier sind?«, fragte der Beamte, als Beeck sich hinter seinen Schreibtisch gehockt hatte.
»Natürlich. Swoboda hat Ihnen von unserer. Abmachung erzählt.«
»Korrekt. Und jetzt möchte ich die Geschichte gerne noch mal von Ihnen hören.«
Beeck faltete die Hände auf der Schreibtischplatte und beugte sich weit vor. »Glauben Sie mir, ich bin froh, dass es vorbei ist. In den ganzen Jahren habe ich mich vor mir selbst geekelt. Aber ich hatte keine andere Wahl.«
Wielert zeigte keine Reaktion. »Fangen Sie am besten von vorne an.«
Der Arzt seufzte tief. »Ich kenne Hans Georg schon seit etlichen Jahren, wir studierten an derselben Uni, Heidelberg. Gleich nach Beginn des Studiums trat ich einer Studentenverbindung bei, Swoboda war da bereits einer der Wortführer. Wir freundeten uns schnell an, als wir feststellten, dass wir beide aus Bochum kamen. Ich half ihm im Bereich der Mathematik, er besorgte mir eine nette, billige Unterkunft, Sie können sich ja vorstellen, wie so etwas läuft. Letztlich waren wir nahezu unzertrennlich.«
»Stand er damals schon auf Kinder?«
»Ich weiß es nicht. Falls es so gewesen sein sollte, habe ich es nicht gemerkt.«
»Und Sie?«
»Was soll das heißen?«, fragte Beeck mit großen Augen.
»Swoboda machte derartige Andeutungen.«
»Nein«, rief Beeck entrüstet. »Ich habe mich niemals an Minderjährigen vergriffen. In meinen Augen ist das eines der schändlichsten Verbrechen.«
»Und warum haben Sie Ihrem Kumpel dann die Mädchen zugespielt?«, fragte Wielert ebenso laut.
Beecks Stimme wurde leise: »Kurz nach dem Ende meines Studiums gab es da einen. dummen Vorfall. Hans Georg und ich waren auf einem Ehemaligentreffen der Verbindung. Auf dem Rückweg hatte ich einen Unfall.«
»Ich höre«, meinte Wielert fordernd, als ihm die Pause zu lang wurde.
»Auf einer Landstraße lief mir ein Obdachloser vors Auto. Es war mitten in der Nacht, der Kerl tauchte einfach aus dem Nichts auf. Ich konnte nicht mehr ausweichen und habe ihn angefahren. Der Mann muss unglücklich gestürzt sein, er war jedenfalls tot.«
»Swoboda saß mit Ihnen im Auto?«
»Nein, er fuhr hinter mir her. Hans Georg war direkt von einem Geschäftstermin nach Heidelberg gekommen, deshalb benutzten wir zwei Autos.«
»Und vermutlich haben Sie den Unfall nicht der Polizei gemeldet«, tippte Wielert.
»Nein, konnte ich nicht. Ich war. betrunken. Nicht volltrunken, aber im Laufe des Abends hatte ich bestimmt zehn, fünfzehn Bier zu mir genommen.«
»Aha. Und dann?«
»Hans Georg und ich haben die Leiche in den Straßengraben geschafft, um das Auffinden ein wenig zu verzögern. Als Nächstes untersuchten wir meinen Wagen, am Kotflügel hatte er eine kleine Beule, aber Blutspuren waren nicht zu sehen. Dann sind wir weitergefahren.«
»Und mit diesem kleinen Vorfall hat Swoboda Sie dann erpresst?«
»Nicht sofort. In den nächsten Jahren war unser Kontakt weniger intensiv, er baute sein Firmenimperium auf, ich arbeitete als Assistent in einer Düsseldorfer Klinik. Wahrscheinlich wäre unsere Freundschaft irgendwann eingeschlafen, aber dann bot man mir an, diese Praxis hier zu übernehmen. Ich wartete schon lange auf die Möglichkeit, mich niederzulassen, allerdings brauchte ich noch gewisse Zusatzqualifikationen. Und die Praxis gab es nicht für ein Butterbrot.«
»Sie brauchten also Geld?«, folgerte Wielert messerscharf. »Über welche Summe reden wir?«
»Alles in allem knapp zweihunderttausend Mark. Meine damaligen Gespräche mit den Banken liefen nicht sonderlich gut, also wandte ich mich an Swoboda. Er war bereit, mir zu helfen. Ohne zu zögern, hat er mir anderntags die Hälfte der Summe bar auf den Tisch gelegt, zu zwei Prozent Zinsen.«
»Und im Gegenzug sollten Sie ihm einige Ihrer Patientinnen zukommen lassen.«
Beeck nickte abermals. »Nachdem ich schon wieder etwa anderthalb Jahre in Bochum war, kam er damit an. Natürlich habe ich entrüstet abgelehnt, ich schrie ihn an, er sei eine Schande für die Menschheit, man solle ihn hinter Gitter bringen und so weiter. Erst berief er sich auf den Darlehensvertrag, den wir damals abgeschlossen hatten, aber ich sagte ihm, er solle sich damit zum Teufel scheren, meine Praxis liefe sehr gut, ich hätte ohne Probleme einen Bankkredit bekommen können. Aber da war ja noch die Sache mit dem Unfall.«
»Verstehe ich nicht«, meinte Wielert. »Nach der langen Zeit konnte er das doch gar nicht mehr beweisen.
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