Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosenpsychosen

Rosenpsychosen

Titel: Rosenpsychosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna-Maria Prinz
Vom Netzwerk:
voller Verzückung.
    Marie und Helene gackerten wie zwei alte Jungfern, die sich nebenberuflich als Puffmütter betätigen.
    »Na und? Was wollen Sie mit dem?«, hakte Marie nach.
    »Ich will … ich will mit ihm ins Bett! Oder auf den Küchentisch, den Kronleuchter oder das Trampolin! Es ist mir egal. Ich will ihn einfach haben. Ich will, dass er sieht, was ich für Wäsche trage, und er soll nicht seine Mutter in mir wiedererkennen. – Übrigens: Täuschen Sie sich nicht, wenn Sie versuchen, die Frauen um sich herum einzuschätzen. Die wenigsten von ihnen wollen Kuschelsex, auch wenn ihre Beinbehaarung noch so … so … haarsträubend ist. Und flache Schuhe – was sagt das schon? Genauso wenig wie hohe Schuhe. Glauben Sie bloß nicht, dass die Verkäuferin im Bioladen, nur weil sie Körner verkauft und in Birkenstocks arbeitet, nicht auch die beste Kundin bei Renate Uhse sein kann.«
    »Beate«, verbesserte Marie.
    »Was?«
    »Beate Uhse, nicht Renate.«
    »Ach so. Egal. Sie sollen mich nicht immer verbessern!«
    »Bitteschön – also Renate.«
    »Was ich sagen wollte: Die Reduzierung auf Äußerlichkeiten ist anmaßend und, vor allem, dumm. Und zwar in jede Richtung. Als ich Sie zum ersten Mal sah, war ich genauso anmaßend und dumm. – Wichtig ist, was innen drin ist und worauf man sich selbst reduziert.«
    Die Stimmung wurde wieder etwas ernsthafter. Helene nahm Haltung an und räusperte sich. Es war ihr ein wenig peinlich, sich so aufgetan zu haben.
    Marie sah auf das Fenster und den Ahorn.
    »Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich glaube, ich habe alle Frauen in meinem Leben – bis auf meine Mutter und meine Schwester vielleicht – herablassend behandelt, mich selbsteingeschlossen. Das haben Sie mir auch verdorben. Beziehungsweise: Sie sind dabei, es mir zu verderben. Hoffentlich schaffen Sie das nicht vollständig … Denn manche haben es doch wirklich nicht anders verdient, oder? Für manche will ich einfach kein Verständnis haben, und das möchte ich mir eigentlich erhalten.«
    Wieder in ihrem Job angekommen, sah Helene forschend zu Marie hinüber. »Verdient? Welche Frauen haben es denn verdient, von Ihnen herablassend behandelt zu werden?«
    »Jaja – nun haben Sie mir gleich wieder den Wind aus den Segeln genommen. Von wegen! Ich tue mal so, als hätten Sie das eben nicht gesagt. Also – welcher Typ Frau ist so richtig abscheulich: Der Typ Frau, der durchdrungen ist von Pflichterfüllung gegenüber Familie und Arbeitgeber und Ehemann und Hund und Übertöpfen und sich überhaupt nichts anderes mehr vorstellen kann … der genau seine Rechte kennt und die auch immer vehement durchsetzt, der wegen einer Verabredung zum Essen am liebsten einen notariellen Vertrag abschließen würde, der in Wertpapierkategorien denkt, der alles platt macht, was auch nur einen Tick anders leben möchte, der Typ Übermutter, der spitzpassaufmäßig sich kreischend das Maul darüber zerreißt, wie die Nachbarin ihre Kinder erzieht, Angst vor Ausländern hat und selbst so fantasielos und geistesarm ist, dass es einen nur so graust. Brrr, schrecklich! – Ich glaube, das trifft es in etwa. Und jetzt sagen Sie mir nicht, das seien auch nur Menschen!«
    »Sage ich aber. Ich sage Ihnen: Behandeln Sie sie nicht herablassend. Meiden Sie sie einfach. Der Typ Frau, den Sie beschrieben haben, ist eine Plage für den Geist, da bin ich vollkommen d’accord mit Ihnen. Unbedingt meiden! Aber Herablassung – nein. Die schadet Ihnen selbst am meisten.«
    Helene machte eine Pause und sah Marie streng in die Augen.
    Beiden schien es, dass sie an einem Punkt angekommen waren, der einen Hauch von Glück bedeuten konnte. Sie verstanden sich.
    Was Marie eigentlich in den Ferien vorhabe, fragte Helene.
    »Nicht viel. Obwohl. Eigentlich sehr viel, was ganz Großes, könnte man sagen. Ich will jemanden besuchen. Jemanden, den ich bis jetzt viel zu sehr gemieden habe. Und die Kinder und Martin sollen auch mitkommen, die sollen ihn endlich kennenlernen. Ja, Martin auch. So lange geht ja selbst der ›Ring‹ nicht, bis dahin wird er wieder da sein.«
    »Warum haben Sie ihn gemieden?«
    »Den ›Ring‹?«
    »Nein, diesen Jemand.«
    »Tja … schön blöd … Weil ich ihn viel zu sehr … vermisse. Sagt Ihnen das was?«
    »Ich bin nicht ganz sicher … Sie sehnen sich nach ihm, und deswegen meiden Sie ihn?«
    »Hm. Ja. Er ist nicht … meiner …«
    »Ihrer?«
    »… mein …«
    »Vater?«
    »Hm.«
    »Sie haben Angst, damit konfrontiert zu

Weitere Kostenlose Bücher