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Rosenpsychosen

Rosenpsychosen

Titel: Rosenpsychosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna-Maria Prinz
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ihr stand, knallrot und gedachte sofort ihres dusseligen Lügenbriefes. Sie verwünschte sich selbst und diesen Brief und dass er sie nun daran hinderte, sich zu freuen.
    Olaf ließ ihr einige Sekunden Zeit, bevor er die Rosen in Brusthöhe beförderte und den ersten Schritt tat: »Die passen im Moment farblich ganz exzellent zu dir.«
    Helene wurde noch wärmer; sie erwiderte das Intelligenteste, was ihr zum jetzigen Zeitpunkt möglich war: ein leises »Puh«. Allein die Rosen boten ihr einen willkommenen Ausweg aus der Situation. Sie stahl sich ins Wohnzimmer, um sofort eine Vase zu besorgen. Bis sie die in der Küche mit Wasser gefüllt, die Rosen angeschnitten und hineingestellt hätte, würde sie sich beruhigt haben, hoffte sie. Während das Wasser in die große Glasvase lief, fächelte sie sich Luft zu und verspürte, nunmehr unbeobachtet, Freude.
    Olaf erspähte die Koffer im Flur, enthielt sich aber vorerst einer Äußerung. Auf Befragen der nicht mehr roten, aber immer noch hinreißend echauffierten, nunmehr gefleckten Helene erbat er sich einen Kaffee, schwarz ohne Zucker. Ein Mann, schoss es Helene durch den Kopf, kein Kakao, sondern Kaffee schwarz ohne Zucker. Sie beschloss, die selbstsichereFrau zu bleiben, die sie immer gewesen war, und nicht panisch im Bad zu verschwinden, um irgendetwas zu unternehmen, was jetzt sowieso keinen Sinn mehr hatte. Olaf war hier. Warum? Ohne Anmeldung. Was wollte er?
    Helene brachte Kaffee für zwei und setzte sich Olaf gegenüber, der auf dem kleinen, heute zufällig von Post befreiten Sofa Platz genommen hatte.
    »Tja. Schön, dich zu sehen. Wie kommt’s?«
    »Schön, dich zu sehen, Heli. Du siehst hervorragend aus.«
    »Hm.«
    »Ach, weißt du, ich war nur gerade zufällig in der Nähe und dachte …« Olaf sah in Helenes gespanntes Gesicht und stockte. »Nein, ich will gar nicht um den Brei herumreden, Zeit ist kostbar, oder? Also von vorn: Zugegeben, ich war zwar in der Nähe, um eine alte Tante zu besuchen – meine Erbtante, die wahrscheinlich aus purer Nickeligkeit gestern siebenundneunzig geworden ist –, aber ich … ich wäre nicht zu diesem Geburtstag gefahren, wenn meine Erbtante nicht zufällig in deiner Nähe wohnen würde. Ihr Haus lag praktisch auf dem Weg, nicht deines. So herum ist es richtig.«
    »Hm.«
    »Ja, es ist so: Seit diesem letzten Kongress willst du mir einfach nicht aus dem Kopf. Irgendetwas war da mit dir. Oder mit mir, ich weiß es nicht so genau. Auf jeden Fall war es anders als sonst. Vielleicht, weil wir älter geworden sind. Alt? Ich ein bisschen, du nicht. Du wirst immer jünger, scheint mir.«
    Helene lief zu Hochform auf und sprach: »Hmhm.«
    »Du warst – zauberhaft, und ich frage mich seitdem, ob du schon immer so zauberhaft warst. Ob du eigentlich schon immer, nun ja, zauberhaft auf dem Weg gelegen hast – entschuldige die Formulierung – und ich mein Lebtag an dir vorbeigefahren bin, weil ich zu blind war, einmal auszusteigen.Und viel zu beschäftigt natürlich. Damit, Kunstblumen zu pflücken, die zwar nie welken, aber dafür auch nie blühen oder duften. Noch mal Entschuldigung – ich habe auf der Fahrt hierher Barockgedichte gehört.«
    »Hm.«
    »Auf diesem Kongress, glaube ich, habe ich dich zum ersten Mal richtig gesehen, obwohl wir uns schon … wie lange kennen?«
    »Hm?«
    »Fünfundzwanzig Jahre fast, oder? – Hast du eigentlich schon immer so ausgesehen wie jetzt?«
    Helene zog die Brauen hoch.
    »Jedenfalls, Helene … ich weiß es nicht mehr, wie du früher ausgesehen hast, nur noch, dass wir uns immer verstanden haben, was ich Trottel allerdings erst jetzt verstanden habe. Die letzte Zeit war für mich wie … wie … eine Auferstehung! Als sei ich von einem Brett vor dem Kopf befreit worden! Ich habe mich mein Leben lang – du kannst es ja bezeugen – mit gerade mal so eben volljährigen Geschöpfen herumgedrückt, deren einziges Glückskriterium eine gute Figur ist. Nicht, dass ich davon nicht auch profitiert hätte, und nicht, dass ich eine gute Figur nicht zu schätzen wü…«
    »Hm!«
    »Ach, komm. Ich rede mich um Kopf und Kragen. Und dabei wollte ich dir doch irgendwie vermitteln, tja, dass ich dich und deine Jungs für den Sommer eingeladen habe, um einmal eine Frau mit Verstand in meinem Haus zu sehen, optimalerweise …«
    »Ja?« Da war sie wieder, die gute alte deutsche Sprache.
    »… in meinem Schlafzimmer.«
    »Hmhm.«
    »Seit ein paar Wochen beschäftigt mich eine diffuse Illusion, die

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