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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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noch machen will, wenn ihr zwei achtzehn seid?«
    »Was ist mit dir? Willst du die Reise noch machen?«, fragte ich zurück.
    »Ach, weißt du, es ist wirklich nett von euch beiden, dass ihr mich mitnehmen wolltet, aber ich kann gar nicht sagen, ob ich dann noch hier bin.«
    »Wo wirst du denn sein?«
    »Nicht hier, hoffe ich.«
    »Und was willst du machen?«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich muss mir noch was überlegen.«
    »Charlotte will mal Meeresbiologin werden.«
    »Richtig.« Rose verdrehte die Augen. »Schön für Charlotte. Dann kann sie alle großen weißen Haie erforschen, die ihr auf dem Weg zum Bermudadreieck seht. Achte darauf, dass ihr euch ein stabiles Boot mietet.«
    Den Rest des Nachhausewegs schwieg ich. Dass sie nicht mit uns auf Erkundungsreise gehen würde, hatte mich verletzt, auch wenn mir die Gründe einleuchteten. Bei genauerer Betrachtung musste ich zugeben, dass Rose – die ja schon viel älter war als wir – wohl schlecht auf uns warten konnte.
    Trotzdem schmerzte es – ähnlich wie die letzte Schulwoche schmerzte, wenn man seiner Lieblingslehrerin dabei zuguckte, wie sie etwas an die Tafel schrieb, und einem klar wurde, dass man sie nie wieder täglich oder wöchentlich oder überhaupt sehen würde. Dass sie in wenigen Monaten vergessen haben würde, wie man hieß, und es dann so wäre, als hätte man sie niemals gekannt. Im Sommer spielte man einen oder zwei Tage mit dem Gedanken, ihr immer zu schreiben – so freundliche und entzückende Briefe, dass sie nicht umhinkam zurückzuschreiben. Man glaubte, auf die Weise bliebe man mit ihr befreundet, bis man erwachsen wäre. Vielleicht würde man sie zur Hochzeit einladen und sie mal zum Mittagessen treffen, wenn man schon fünfundzwanzig und gebildet wäre.
    Aber nach diesen ein, zwei Tagen, in denen man darüber nachdachte, was man ihr schreiben könnte, das ganz sicher eine solche Entwicklung in die Wege leitete, holte einen die Wirklichkeit ein: Es würde weder Briefe noch Mittagessen voller kluger Unterhaltungen geben. Tagelang tat es weh, doch am letzten Schultag konnte man dann so tun, als fände man sich damit ab.
    Unsere Weltreise war ein großes Vorhaben, ohne Frage, vielleicht auch ein bisschen unrealistisch – aber die Vorstellung, dass Rose mitkommen würde, war einfach nur dumm. Das sah ich jetzt ein. Sie war sogar noch dümmer als die, dass meine Lehrerin aus der vierten Klasse zu meiner Hochzeit käme. Wir würden Rose nicht behalten können. Und diese Erkenntnis traf mich wie ein Schlag in die Magengrube. Sie war nicht unsere Freundin, sondern bloß unsere Babysitterin. Sie verbrachte Zeit mit uns, weil Mr. Hemsworth sie dafür bezahlte. Übrigens nicht zu knapp: Als wir das letzte Mal zusammen nach Hause gegangen waren, hatte ich gesehen, wie sie die Geldscheine nachzählte. Bald würde Rose aufs College gehen, in der großen weiten Welt verschwinden – und wir sie nie mehr wiedersehen. Ich hasste es, darüber nachzudenken, konnte es aber auch nicht verhindern.
    »Dann glaubst du ehrlich an Wunder, Nora?«
    »Was?«, fragte ich, zu traurig, um richtig hinzuhören.
    »Du glaubst, dass dieser Donut-Felsen Leute gesund machen kann. Also glaubst du an Wunder.«
    »Kann sein.«
    »Ich denke, ich kann noch nicht mal mehr glauben, dass es möglich sein könnte«, gestand Rose. »Ich würde gern, aber ich glaube nicht, dass ich es noch kann.«
    »Doch, du kannst; du kannst an alles glauben.«
    »Ach ja?« Rose sah mich verwundert an. »Wie kommst du denn auf die Idee?«
    »Na ja, zum einen glaubst du an Aliens, und zum anderen hast du das selbst gesagt, als du das Zeug über die Werwölfe gelesen hast: Du hast gesagt, wenn du nachts alleine die Straße raufgehst, glaubst du an alles.«
    »Ein Werwolf ist ja auch kein Wunder«, erklärte Rose und blickte seufzend den Fox Hill hinauf. Sie schien wenig an unserem Gespräch interessiert zu sein; sie wirkte eher gelangweilt.
    »Finde ich eigentlich schon. Und wenn du einen siehst, sagst du das bestimmt auch.«
    Nun lächelte Rose – ein ganz kleines bisschen.
    »Mhm, ich weiß nicht. Wahrscheinlich hat man viel zu viel Schiss, um darüber nachzudenken, ob das jetzt ein Wunder ist. Und was ich eher meinte, war, dass man im Dunkeln und wenn man sich fürchtet, leicht mal an dämliches Zeugs wieGeister und Werwölfe glaubt. Aber normalerweise tue ich das nicht.«
    »Tust du es denn jetzt gerade?«
    »Nein, du?«
    »Nein«, versicherte ich sehr bestimmt.
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