Rosenrot, rosentot
gelangweilt wirkte. »Ich habe noch ein bisschen draußen gespielt, was ich zu der Zeit häufig gemacht habe.«
»Und haben Sie irgendetwas Auffälliges gesehen oder gehört, nachdem Rose bereits weitergegangen war?«
»Nein.«
»Also dachten Sie, Miss Banks sei zu sich nach Hause gegangen?«
»Ich glaube schon. Ja.«
Nach ein paar weiteren ähnlichen Fragen wandte sich Detective Vaughan an Officer Borello und fragte ihn, ob er noch irgendetwas ansprechen wolle. Er verneinte wortlos.
»Dann möchte ich die Sache mal von einer anderen Seite aus angehen, Miss Reed«, begann Detective Vaughan. »Was dachten Sie, als Sie hörten, dass man sie gefunden hatte?«
»Nun ... das war ein Schock.«
»Ich meinte eher, erschienen Ihnen dadurch Dinge, die Sie damals gesehen haben, in einem anderen Licht? Zum Beispiel Beziehungen, von denen Sie gewusst haben?«
»Eigentlich wusste ich nichts über Rose’ Beziehungen. Ich war ja erst elf.«
Officer Borello nickte träge, doch Detective Vaughan wollte, dass ich weiterredete. »Haben Sie je ihren Freund gesehen?«
»Nur einmal. Sie hatten einen Streit, aber das schien nichts Ernstes zu sein.«
»Aha. Und ihre Familie?«
»Die waren nett. Vor allem ihr Dad war ein richtig netter Mann. Ihre Mom war vielleicht ein bisschen strenger, aber ...« Mir kam das alles wie reine Routine vor. »Aber ... ähm, das war nur der übliche Kram zwischen Mutter und pubertierender Tochter, soweit ich weiß.«
Officer Vaughan machte eine unbestimmte Kopfbewegung. »Und wie war Rose’ Verhältnis zur Familie Hemsworth?«
Ich zögerte, weil ich nicht sicher war, über welches Familienmitglied ich als Erstes reden sollte.
»Na ja, sie und Paul hatten einige gemeinsame Freunde. Sie war ein bisschen beliebter als er, aber sie verstanden sich – sie kannten sich ja schon seit ihrer Kindheit. Ich glaube, sie kamen ganz gut miteinander aus.«
Detective Vaughan wollte anscheinend mehr hören.
»Charlotte konnte ziemlich nervig sein, aber Rose nahm das gelassen. Und sie wurde ja schließlich auch dafür bezahlt, dass sie auf sie aufpasste, also würde ich vermuten, dass sie es nicht so schlimm fand.«
Dann verstummte ich, denn es war mir unangenehm, dass ich vor der Polizei schlecht über Charlotte sprach. Schließlichhatten die Leute hier sie in ihren Tagen bei der Valley Voice sehr unfair behandelt.
Beide Polizisten sahen mich erwartungsvoll an, doch ich zuckte nur mit den Schultern.
»Bloß die typischen Babysitter-Geschichten«, ergänzte ich, um die Stille zu brechen.
»Tja, wir sind Ihnen jedenfalls sehr dankbar, dass Sie hierhergekommen sind, um mit uns zu sprechen«, behauptete Detective Vaughan und blickte zu Officer Borello. »Ich hoffe, das hier ist nicht allzu schwierig für Sie.«
»Es ist überhaupt nicht schwierig. Mir tut es nur leid, dass ich Ihnen nicht mehr sagen kann.«
»Ach, es hilft schon, alles noch einmal abzugleichen. Können wir Sie vorerst unter Ihrer Handynummer erreichen?«
»Ja.«
»Und wie lange bleiben Sie noch in der Stadt?«, fragte Officer Borello. »Sie besuchen Verwandte, sagten Sie?«
»Nein, eine Freundin.«
»Ah. Und wo wohnen Sie? Nicht im ›Maplewood‹, hoffe ich.«
Das »Maplewood« war das einzige Motel in Waverly. Es lag an der Route 5, die aus der Stadt hinausführte. Jeder machte sich über die minzgrünen Wandvertäfelungen und das Schild lustig, bei dem dauernd irgendeiner der Acrylbuchstaben fehlte. Besonders gern wurde das D geklaut. Doch trotz allem Spott waren es – glaube ich – die Schüler der Waverly High, die den Laden eigentlich am Laufen hielten. Das »Maplewood« war nämlich die erste Adresse, wenn man seine Unschuld verlieren wollte.
»Nein«, antwortete ich. »Ich wohne bei meiner Freundin in Fox Hill. Bei Charlotte Hemsworth, um genau zu sein.«
Detective Vaughan wirkte verblüfft und sah Officer Borello an. Dann machte sie: »Huch!«
»Bei einer alten Freundin also«, kombinierte er mit einem vielsagenden Nicken.
»Ja«, bestätigte ich.
»Sie beide sind immer noch befreundet?«, fragte Detective Vaughan. »Sie wohnen im Haus der Familie Hemsworth?«
»Ja, das heißt, bei Charlotte. Ihre Mom ist verreist. Und Mr. Hemsworth ... er wohnt nicht ...«
»Ja, ich weiß«, unterbrach mich Officer Vaughan. »Sie sind geschieden.«
»Dann noch einen schönen Tag«, wünschte Officer Borello, als Detective Vaughan mich aus dem Zimmer begleitete.
Im Eingangsbereich dankte sie mir und verabschiedete sich.
Rätsel
Weitere Kostenlose Bücher