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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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die ganze Sache angesprochen, weil ich dir sagen wollte, dass ich beim ersten Lesen genauso empfunden habe. Schon damals.«
    »Wie empfunden?«
    »Dass ich sie niemals vergessen habe. Obwohl wir noch Kinder waren, als sie verschwunden ist, hatte ich immer das Gefühl, wir schulden ihr etwas. Das Gefühl, dass wir sie niemals aufgeben dürfen. Sie wollte mir einfach nicht aus dem Kopf, und ich war froh, dass es dir auch so ging.«
    Ich stutzte. Ja, das stimmte schon, nur hatte ich eben nie darüber geschrieben.
    »Charlotte, ich sage das jetzt noch ein einziges Mal. Und falls du es dann immer noch nicht glaubst, werden wir dann nie mehr davon sprechen.«
    Ich wartete, bis Charlotte mich ansah.
    »Ich habe sie nicht geschrieben!«
    Eine kleine Weile rauchte sie schweigend. »Okay.«
    » Okay heißt, du glaubst mir?«
    Wieder zögerte sie. »Ja.«
    »Hast du sie geschrieben?«
    Charlotte drückte ihre Zigarette aus. »Nein.«
    »Und wer war es dann?«
    »Ich habe keinen Schimmer«, antwortete sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich dachte immer, du seist es gewesen. Was denkst du?«
    »Weiß ich nicht. Allerdings habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Warte kurz.«
    Schnell lief ich in Pauls altes Zimmer und holte meine Handtasche. Dann zeigte ich ihr die Auszüge aus dem Looking Glass , die von Brian Pilkington zu handeln schienen, und den Artikel über seinen Unfall.
    »Hast du das heute gefunden?«, fragte Charlotte, nachdem sie den Artikel gelesen hatte.
    Ich bejahte stumm. Meinen E-Mail-Austausch mit Sally wollte ich vorerst für mich behalten. Mir kam es schon seltsam genug vor, dass ich Brians Unfall recherchiert hatte.
    »Wusstest du noch, dass sein Unfall und Rose’ Verschwinden beinah zur gleichen Zeit waren?«, fragte ich.
    »Denkst du etwa, Sally ...«
    Nun durfte ich nichts Falsches sagen. Wozu ich allerdings sowieso keine Gelegenheit hatte, denn Charlotte redete gleich weiter.
    »Hey, erinnerst du dich, dass damals das Gerücht umging, Rose hätte einen anderen und das würde Aaron auf die Palme bringen? Vielleicht war das Brian. Was denkst du? Und vergiss nicht, dass du fandst, sie wäre im neuen Schuljahr nicht mehr dieselbe gewesen. Vielleicht war das wegen des Unfalls. Vielleicht war sie erschüttert wegen dem, was ihm passiert ist. Und vielleicht hat Sally irgendwie ...«
    Ich zuckte nur mit den Schultern, weil ich mir nicht sicher war, ob ich etwas dazu sagen sollte.
    Charlotte schüttelte den Kopf. »Aber Sally konnte doch nicht wissen ... Nein, das ist viel zu weit hergeholt.« Vor lauter angestrengtem Nachdenken verzog sie das Gesicht.
    »Was hältst du davon, wenn wir bei einem Spaziergang weiterreden?«, fragte ich. »Ich bin jetzt schon seit Tagen hier und nicht einmal um den Block gegangen; ich war noch nicht mal bei unserem alten Haus.«
    Charlotte sah noch einmal den Artikel und die Gedichte an, bevor sie antwortete: »Ach, tut mir leid. Ich habe noch tonnenweise Korrekturen. Geh du doch einfach allein.«
Die Parapsychologie
Dezember 1990
    Nie ließ Charlotte mich meine Oreos in Ruhe essen. Sie konnte Oreos haben, wann immer sie wollte, deshalb begriff sie nicht, dass sie für mich weit mehr waren als nur Kekse. Sie waren ein Erlebnis – ein Erlebnis, das nicht durch Reden gestört werden sollte.
    »Es gibt da noch etwas, was die garantiert nicht angewendet haben«, sagte sie.
    »Hä?« Mir war natürlich klar, dass sie wieder einmal die Polizei meinte. Die Polizei und Rose und wie viele Fehler bei den Ermittlungen gemacht wurden. Obwohl sie den halben Mund voller Oreos hatte, konnte Charlotte nicht aufhören, über Rose zu reden.
    »Psychometrie«, verkündete sie und tat dabei sehr wichtig.
    Ich pflügte mit den Schneidezähnen durch die weiße Cremeschicht und teilte sie in zwei exakt gleich große Halbkreise. Die Frage, was Psychometrie war, brauchte ich gar nicht erst zu stellen, denn Charlotte würde es mir so oder so erklären.
    »Man benutzt einen Gegenstand«, legte sie auch schon los. »Genauer gesagt, man liest die Geschichte von einem Gegenstand, zum Beispiel von etwas, was jemand immer getragen oder bei sich gehabt hat – von einem Schlüssel oder einem Handschuh oder so.«
    »Mhm«, machte ich, während ich den ersten Halbkreis mit den Zähnen vom Keks kratzte. Dabei fragte ich mich, ob schon mal jemand Oreos für ein Mondphasen-Modell in der Schule genommen hatte. Das Weiß auf dem dunklen runden Hintergrund wäre ideal dafür.
    »Ich habe niemandem davon

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