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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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dass man sich am Gespräch beteiligte. Also hörte man auch nicht mehr hin, weil es ja nichts mit einem selbst zu tun hatte. Das war nur der Lärm anderer Leute, und der war schließlich deren Sache. Die eigene Stille konnte manchmal alles andere ertränken. Und man wurde faul.
    Dauernd wurde davon geredet, dass Verrückte »Dinge hörten«. Aber keiner sprach je darüber, dass jemand »nichts hörte«, was viel eher mein Problem war. Und es bereitete mir ein bisschen Sorge. Vielleicht war das schuld daran, dass ich Rose nicht gehört hatte. Vielleicht hatte Rose geschrien, und ich hatte schlicht nicht hingehört.

Zwölf

    24. Mai 2006
    Ungefähr eine halbe Stunde lang widerstand ich dem Impuls, nach meinen E-Mails zu sehen. Ich schnippelte Gemüse und Hühnchenfleisch für ein Currygericht. Als ich fertig war und mich an Charlottes Computer im Keller setzte, hatte Sally bereits geantwortet. Das klänge spaßig, schrieb sie. Und sie sei im Moment sowieso leicht klaustrophobisch, weil sie die ganze Zeit mit ihrem sieben Monate alten Max allein zu Hause säße, also wäre es nett, einen Vorwand zu haben, mal auf einen Kaffee rauszugehen. Es gebe ein Café namens »Caffeine’s« in der Bridge Street in Fairview – ob ich das kenne. War es nah genug für mich? Würde Charlotte auch kommen?
    Ich wusste selbst nicht, wieso mich ihre Antwort im ersten Moment so überraschte. Sally und ich waren zwar keine Freundinnen gewesen, aber wir hatten auch nichts gegeneinander gehabt. Und wir waren beide diese unsichtbaren, unauffälligen Außenseitertypen gewesen. Hatten wir uns deshalb nähergestanden, als mir bewusst gewesen war? Oder war Sally lediglich halb irre vor Langeweile?
    Jedenfalls schrieb ich zurück, dass das »Caffeine’s« prima sei, und fragte, wann es ihr am besten passe. Ich könne jederzeit vor drei Uhr morgen Nachmittag.
    Beim Abendessen erwähnte ich Sally nicht. Charlotte und ich sprachen hauptsächlich über das bevorstehende Wochenende. Ihre Mutter hatte angerufen und wollte mich anscheinend unbedingt sehen, solange ich noch hier war. Sie plante, am späten Samstagnachmittag nach Hause zu kommen, und wollte wissen, ob ich dann noch hier sein würde. Vielleicht würden Paul und die Kinder auch vorbeischauen können. Ob ich so lange bleiben könne, fragte sie mich über Charlotte. Ich erwiderte, dass ich Neil anrufen und ihn fragen würde, was er vorhatte. Allerdings ging ich nicht davon aus, dass er eine gemeinsame Unternehmung geplant hatte. Und ich blieb ohnehin schon einen Tag länger, um mit Sally Pilkington zu reden, was machte da schon noch ein Tag mehr?
    Charlotte blieb am Tisch sitzen, als ich nach dem Essen abzuräumen begann.
    »Da ist noch etwas, was du wohl wissen solltest«, sagte sie zögerlich. »Gestern ist was passiert. Ich habe es erst erfahren, nachdem du weg warst. Paul hatte angerufen, während du und ich aus waren.«
    »Und?«
    »Sie haben meinen Dad ein zweites Mal befragt. Paul war reichlich aufgebracht. Wir haben stundenlang telefoniert.«
    »Sie haben deinen Dad befragt wegen ... Rose?«
    »Ja«, antwortete Charlotte und reichte mir ihren Teller. »Na ja, vor lauter Aufregung darüber, dass du die Letzte gewesen bist, die sie lebend gesehen hat, vergessen wir oft, dass er der letzte Erwachsene war, der sie gesehen hat ... Ich vermute, die Polizei findet das wichtiger als wir.«
    »Verständlich«, meinte ich, während ich ihren Teller abspülte. »Sie überprüfen noch mal alle Aussagen von damals, glaube ich. Ach ja, das hatte ich gestern ganz vergessen zu erwähnen: Mich hatten sie auch aufs Revier gebeten, um mit mir zu reden.«
    Charlotte erschrak. »Was? Wann?«
    »Gestern.«
    »Und was wollten sie?«
    »Nur, dass ich alles erzähle, an was ich mich erinnere: wie Rose mich nach Hause gebracht hat, wie ich vor der Tür blieb und sie weiterging. Und dass ich noch mal bestätige, dass ich nichts Verdächtiges gesehen habe.«
    »Das ist alles?« Charlotte stand auf, nahm ihre Tasche vom Tresen und setzte sich wieder auf den Küchenstuhl.
    »Ja, so ziemlich.«
    »Woher wussten die, dass du hier bist?« Sie wühlte in ihrer Tasche und holte zusammengeknüllte Papiertaschentücher, Kaugummifolie sowie mehrere rote Stifte heraus. »Und warum hast du das für dich behalten?«
    »Sie haben mich auf meinem Handy angerufen. Die Nummer hatten sie von der Bandansage bei mir zu Hause. Und da habe ich ihnen erzählt, dass ich gerade in Waverly bin.«
    Ich beschloss, die zweite Frage zu

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