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Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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als ein Weibchen, das Männchen jagt. Und sie wurde wieder an ihren Platz gesetzt. Verkroch sich in ihre Höhle. Zölibat. Wurde statt dessen tüchtig. Kursbeste. Ließ die Jahre vergehen. Wurde eine annehmbare uniformierte Polizistin mit dürftigen Aufgaben. Fühlte sich allgemein unbefriedigt. Tat nicht das geringste, um dafür zu sorgen, dass niemand rechtlos zu sein brauchte.
    Irgendwann in dieser Lage musste sie Dag getroffen haben.
    Eine Injektion von Leben. Kriminalinspektor. Der Anfang war stürmisch. Sie kam mitten in eine schmutzige Scheidungsgeschichte und nahm natürlich für ihn Partei. Seine Sexualität war einfach, von der Hau-den-Lukas-Sorte. Das Wort ›nein‹ existierte nicht in seinem Wortschatz. Klare Linien. Neue Vergewaltigungserlebnisse. Aber sie wollte nicht mehr tüchtig und einsam sein. Es war ihr nahezu unbegreiflich, als sie jetzt in dem kahlen Vernehmungsraum saß und ihr Leben Revue passieren ließ, wie viel sie hingenommen hatte, um nicht wieder einsam zu sein.
    Sie glaubte allen Ernstes, dass Männlichkeit so aussah. Bis sie Paul Hjelm begegnete.
    Nach ihrer kurzen, stürmischen Affäre öffnete sich ihr die Welt. Alles war möglich. Sie verliebte sich in einen sechzigjährigen krebskranken Pastor der Schwedischen Kirche und lebte bis zu seinem Tod mit ihm zusammen. Es war eine merkwürdige Zeit. Seitdem nichts.
    Außer Erinnerungen. Diese seltsame Mischung von Erinnerungen, die unser Erbe sind.
    Und Vergessen.
    Eine Weile saß sie da und fühlte sich wie durchgespült. Gereinigt.
    Ein Augenblick absoluten Friedens.
    Als Paul Hjelm ins Vernehmungszimmer schaute, drehte sie noch immer an ihrem Ring, drehte und drehte.
    Er beobachtete sie eine Weile. Dann sagte er: »Bist du soweit?«
    Sie betrachtete ihn eine Weile. Dann sagte sie. »Ja. Ich bin soweit.«

9

    Arto Söderstedt hatte Zahnschmerzen. Er war bedeutend klüger aus Italien zurückgekehrt, fand er, bedeutend geneigter, Kleinkram als das zu sehen, was er war. Weisheit war ganz einfach der Sinn für Proportionen. Weiter erstreckte sich die Fähigkeit des Menschen nicht.
    Als Ganzes gesehen war der voraufgegangene Fall eine sehr nützliche, geradezu lebensentscheidende Erfahrung gewesen. Bis auf einen Punkt: Er hatte einen Pistolenlauf in der Schnauze gehabt. Der hatte nicht eine einzige positive Spur hinterlassen. Im Gegenteil. Er hatte ihm die beiden oberen Schneidezähne herausgerissen, drei Backenzähne zerschmettert und die Mundhöhle insgesamt malträtiert. Außerdem hatte er ihm den Kiefer gebrochen.
    Die Wunden waren verheilt, der Kiefer war fixiert, die Zahnprothese am Platz. Rein medizinisch war er geheilt. Dennoch durchzuckten hin und wieder wahnsinnige Schmerzwellen den Gaumen, gegen die kein Zahnarzt etwas ausrichten konnte – aus dem einfachen Grund, weil sie nicht wussten, was es war.
    Aber Arto Söderstedt wusste es.
    Es war ein metaphysischer Schmerz. Er kehrte in regelmäßigen Abständen wieder, um ihn an all das zu erinnern, was er während seines Aufenthalts in Europa gelernt hatte. All das, was er nie richtig würde formulieren, aber zumindest mit einem ausgebleichten Etikett würde versehen können: Lebensweisheit.
    Diese Weisheit in praktisches Handeln umzusetzen war eine ganz andere Sache.
    Er betrachtete den Mann auf der anderen Seite des Schreibtischs und fühlte sich müde. Das war nicht gut. Müdigkeit ist
    selten ein Bestandteil von Lebensweisheit. Eher das Gegenteil.
    Wenn es etwas gab, was Arto Söderstedt nicht kannte, dann war es Müdigkeit.
    Die Schmerzwelle, die durch seinen Gaumen fuhr, ebbte ab, und ein anderer Sinn drängte in den Vordergrund. Der Geruchssinn.
    »Nein«, sagte er zu dem Mann auf der anderen Seite des Schreibtischs. »Gut riechen Sie nicht.«
    »Ich fange an, das einzusehen«, näselte der Mann.
    »Haben Sie in der Haft nicht duschen können?«
    »Doch. Ich glaube, dass es in den Kleidern sitzt. Aber ich selbst rieche es nicht.«
    Arto Söderstedt nickte. »Weil Sie erkältet sind. Das erzählen Sie uns jetzt schon die ganze Zeit.«
    »Ich habe meine Lektion gelernt.«
    Söderstedt neigte den Nacken etwas nach vorn und ließ es vernehmlich knacken. Er seufzte und sagte: »Wissen Sie, mein lieber Björn Hagman, wie viele Verbrecher mir schon gegenüber gesessen haben – genau da, wo Sie sitzen – und exakt diese Worte gesagt haben? ›Ich habe meine Lektion gelernt.‹ Können Sie sich vorstellen, wie hoch die Chance ist, dass ich das glaube?«
    »So habe ich es nicht

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