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Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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und machte sich ans Werk.
    Der Papierkorb befand sich auf dem Bürgersteig auf der nördlichen Seite der Wollmar Yxkullsgata auf Södermalm, im Viertel südlich von Mariatorget. Die vor sich hin summenden Strahlen einer heiteren Spätsommersonne begleiteten das heldenmütige Graben im Abfall. Die Schatten waren lang geworden. Stockholm ging dunkleren Zeiten entgegen. Auf dem Bürgersteig sammelten sich die Schätze der Nacht. Bierdosen, Wodkaflaschen, Busfahrscheine, kaputte Kondome und eine gehörige Menge halbverdauter Würstchen mit etwas, was aussah wie Gurkenmajonnaise in einer Fehlfarbe, was aber etwas ganz anderes war.
    »Ich frage mich manchmal, was Menschen dazu bringt, in Papierkörbe zu kotzen«, sagte Viggo Norlander, betrachtete den wachsenden Haufen Unrat und fuhr fort: »Ein umnebeltes, um nicht zu sagen, völlig außer Kraft gesetztes Über-Ich? Man darf nicht auf den Boden kotzen. Also hockt man sich hin, zielt seitwärts durch zwei kleine Löcher, produziert eine waagerechte Kaskade und macht mit dieser fehlgeleiteten Fürsorglichkeit den Kommunalarbeitern das Leben unerträglich.«
    Arto Söderstedt ergänzte mit der Replik: »Und nicht einen Augenblick bedenkt man, dass ein alternder Meisterdieb gerade hier ein Schlupfloch platziert hat.«
    »Daran hätte man wahrlich denken sollen«, sagte Norlander.
    »Wirklich rücksichtslos«, sagte Söderstedt.
    Björn Hagman betrachtete sie grimmig und setzte die Durchforschung des Papierkorbs fort. Er tröstete sich damit, dass seine Sachen sowieso in die Reinigung mussten – der Müll- und Kotzgeruch war vermutlich nichts gegen den Leichengestank.
    Dann fand er, was er suchte. Auf dem zusammengeknüllten Papier waren nur ein paar Spritzer Erbrochenes. Von zwei Polizisten sorgfältig überwacht, wickelte er es auseinander. Schließlich nahm Arto Söderstedt es ihm aus der Hand. Mit übergestreiften Gummihandschuhen.
    Er las laut, zunächst ziemlich lebhaft, dann immer gedämpfter: »›Ich habe nach reiflicher Überlegung beschlossen, mir das Leben zu nehmen. Der Mensch ist fähig, sehr viel zu ertragen, aber es gibt eine Grenze, und jenseits dieser Grenze kann alles geschehen. Glaubt mir, ich weiß es. Ich habe Dinge getan, mit denen kein Mensch, der trotz allem Mensch bleibt, leben kann. Und wie gern ich auch etwas anderes werden möchte, bleibe ich gleichwohl Mensch.‹«
    Arto Söderstedts Miene veränderte sich drastisch. Seine Stimme löste sich in nichts auf, und er las ohne Ton weiter.
    Die innere Stimme.
    Als er schließlich aufblickte, sagte Björn Hagman: »Na, genügt das?«
    Söderstedt sah ihn an wie aus einem parallelen Universum.
    »Genügt das, als Schlupfloch«, fuhr Hagman hartnäckig fort.
    Söderstedt betrachtete ihn ernst und hielt den Brief hoch. »Woher haben Sie den?« fragte er.
    »Das«, erwiderte Björn Hagman mit triumphierender Glut in den Augenwinkeln, »das erzähle ich, wenn Sie gesagt haben, dass es genügt.«
    Söderstedt blickte auf das Papier und sagte: »Das genügt.«
    Die Wohnung war nur wenige Meter entfernt in der Wollmar Yxkullsgata. Der professionelle Einbrecher Björn Hagman geleitete sie auf verjüngten Beinen dorthin. Nichts erfreut nämlich einen Schlupflochmenschen so sehr wie ein ordentlich erweitertes Schlupfloch. Zwar wusste er auch nicht besser als das ungleiche Polizistenpaar, was ihm eigentlich zugesagt worden war, doch darum ging es nicht. Es ging um das Schlupfloch an sich. Das war als solches schon Belohnung genug.
    Im Treppenhaus stank es wie die Pest. Gelinde gesagt.
    Es ist schwierig, Leichengestank zu beschreiben. Er ist schwer, dumpf, widerwärtig süß und wirkt wie ein Volltreffer auf den Solarplexus. Man entkommt ihm nicht. Er beißt sich fest.
    Die Frage war, wie lange dieser überwältigende Gestank das Treppenhaus beherrscht hatte – und wie lange die Nachbarn ihn ganz einfach ignoriert hatten. Sie konnten doch nicht alle erkältet sein. Arto Söderstedt fand, dass es etwas über das soziale Leben in der Großstadt aussagte, und das war nichts Gutes.
    Björn Hagman führte sie in dem schönen Treppenhaus aus der Jahrhundertwende zwei Stockwerke nach oben. Er zeigte auf eine Tür mit dem Namen Ragnarsson am Briefschlitz. Die Tür war nur angelehnt – der Spalt, den er offengelassen hatte, als er die Wohnung vergangene Nacht so überstürzt verließ.
    Norlander trat als erster ein, die Hand vor der Nase. Dann Hagman und danach Söderstedt, der, mit dem Brief in der Hand, aus den Tiefen

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