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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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stören mit der jungen Kollegin.« Die Tür schloss er betont verträglich.
    »… bist du noch dran?«, rief er ins Telefon.
    »Ja. War das Specht?«
    »Ja.«
    »Na dann viel Freude. Treffen wir uns bei, äh, Silbernagl?«
    »Äh, ja.«
    Die ED ler in ihren weißen Kapuzenanzügen,
ausgerüstet mit tonnenschweren Alukoffern, standen schon in der Eingangsnische,
als Chili eintraf. Es waren zwei. Bruni, der Langhaarige mit Hornbrille, und
ein Kollege.
    Ottakring kam gegen halb zehn mit dem Fahrrad an.
    Die Wohnung – ach was, Kleinwohnung – bestand aus einem
Wohnzimmer, einem abgeteiltem Schlafraum und einem winzigen Duschbad. Fältchen
und Rüschchen und ein bauschender Vorhang. Ein rosa Seidenbademantel lag auf
dem Boden, als hätte ihn diejenige, die ihn getragen hatte, einfach fallen
lassen. Auch sonst herrschte eine ziemliche Unordnung. Gerissenes Parkett,
geöffnete Schubläden, halb volle Aschenbecher, ein überquellender Mülleimer,
riesige Vasen voll mit Kram, ein überfüllter Kühlschrank, zwei angebrochene
Flaschen Wein. Es roch entsprechend. Es war düster. Eine Ordnungsfanatikerin
lebte hier nicht.
    Eine Magnumflasche Moët & Chandon, verschlossen. Schuhe von Max
Mara und Chanel, die Sohlen noch kaum angekratzt, lagen in einer Ecke. Das
handgefertigte Himmelbett schien unbenutzt. Alles deutete darauf hin, dass
Katharina sich in großer Hast von ihrer Unterkunft verabschiedet hatte. Ein
mannshohes Ölbild an der Längswand im Wohnzimmer überwucherte das Klima dieser
sehr persönlichen Sphäre. Spärliches Licht, das durch ein Fenster auf der
Gegenseite drang, ließ wenige Details auf dem Bild erkennen. In einem schweren
schwarzgoldenen Rahmen blickte Ottakring eine sinnliche Frau entgegen.
Mandelförmige, verführerische Augen, lange rotblonde Haare, schmales Gesicht.
Es wirkte wie ein Foto, eine Signatur war nicht zu erkennen. Fotorealismus,
stellte er fachkundig fest. Lola hätte das Bild bestimmt gefallen.
    Ottakring konnte sich sehr gut an Katharinas Gesicht beim Voglwirt
erinnern. Dort hatte sie sich Catrin genannt. Sie hatte in der Tür gestanden
und ihn und Niki angelächelt. Die Frau auf diesem Bild hatte eine gewisse
Ähnlichkeit mit ihr. War sie die zur Perfektion gebrachte Katharina Silbernagl?
    Die zwei Beamten vom K3
gingen derweil routiniert mit ihren Fotoapparaten, mit ihren Reagenzgläsern und
Chemikalien um. Sie nummerierten ihre Spuren auf kleinen Täfelchen und nahmen
an der Zahnbürste die DNA ab. Das hätten sie nicht tun
müssen. Doch Ottakring hatte darauf bestanden.
    In der Schlafkammer klaubte Ottakring ein Foto vom Fensterbrett. Es
zeigte Katharina mit einem riesigen Strauß roter Rosen. Er nahm es aus dem
Fertigrahmen und steckte es ein.
    »Siehst du einen PC ?«, fragte er.
    Chili verneinte. »Den vermisse ich auch.« Sie schob ihre Schote in
den anderen Mundwinkel.
    Es hing auch kein Universitätsdiplom an irgendeiner Wand.
    »Das ist seltsam«, sinnierte er. »Ein junger Mensch, der keinen
Computer hat. Na ja …« Er lachte laut. »… damit braucht sie viele
Probleme nicht erst zu lösen, die sie mit Computer hätte.«
    »Aber hier«, sagte Bruni. Er hielt ein schwarzes Kästchen in der
Hand.
    Chili beugte sich darüber. »Ein Adresscomputer. Stellt den mal
sicher.«
    Ottakring keuchte plötzlich. Er war schweißgebadet. »Chili«, keuchte
er. »Mir geht’s gar nicht gut.«
    Bruni sprang von seiner Leiter und stützte den Kriminalrat. Chili
strich ihm sanft über den Arm und hielt seine Hand.
    »Neiiiin!«, brüllte Ottakring.
    Chili schoss hoch.
    Bruni kippte nach hinten weg.
    Ottakring stand mitten im Durcheinander des Raums und fluchte.
Versprühte Spucke in Tropfenform. »Hat hier denn keiner eine Zigarette für
mich? Ich kann nicht mehr.« Er griff sich ans Herz.
    Weder Chili noch Bruni konnten helfen.
    »Das darf doch nicht wahr sein! Keine einzige Zigarette? Keine
winzig kleine? Könnt ihr Nieten denn keine bei der Silbernagl sicherstellen?«
Er jaulte auf. »Hier liegen doch genügend Kippen rum!«
    Keine Chance, Ottakring. Keine Zigaretten.
    »Chili!« Er japste nach Luft. Er fiel in sich zusammen. »Gib mir
wenigstens eine von deinen Dingern da. Auf denen du ewig rumkaust. Eine von
den … den …«
    Chili hielt ihm eine halbe Schote hin. »Da. Nimm. Chilis heißen die
Dinger.«
    Mit glänzenden Augen steckte Ottakring sie sich in den Mund. Und
biss zu. »Das wird helfen«, kriegte er gerade noch heraus.
    Zuerst schien es nur eine hilflose Geste zu

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