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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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hatte sich sein Auge an das
Dreivierteldunkel zwischen dem Haus mit dem Blumenladen unten drin und dem
Schulhof daneben gewöhnt. Und genau in diesem Augenblick spitzte er den Mund,
als wollte er weitspucken. Dort, unter einem morschen Holzdach, stand das
Moped, das er suchte. Der gelbe Roller. Automatisch notierte er das
Kennzeichen. War das nun Zufall gewesen? Der Zufall, Gottes Pseudonym, wenn
Gott sich nicht selbst zu erkennen geben mag? Ottakrings Glück, Catrins Pech.
Er bevorzugte eine andere Erklärung: systematisches Abgrasen, Forschen,
Stöbern, Suchen. Sein Herz hüpfte wie in jungen Jahren.
    Er äugte nach oben. Auf der zweiten Etage befand sich das Pirate,
das beste Jazzlokal südlich Münchens. Eine Bar von der Größe eines
nostalgischen Wohnzimmers, in der die besten Modern-Music-Gruppen aus dem
alpenländischen Raum gastierten. Die Wiege der bekanntesten von ihnen, Quadro
Nuevo, hatte im Pirate gestanden.
    Er suchte nach einer Türklingel. Es gab keine. Na gut, Catrin musste
ja nicht unbedingt in diesem Haus wohnen. Er ließ den Blick wandern. Dann griff
er zum Handy.
    »Guten Morgen. Ottakring hier. Könnt ihr mal nachforschen, wer
folgendes Motorroller-Kennzeichen hat? Ich brauche Namen und Adresse.«
    Ein paar Herzschläge später erhielt er die Antwort. »Das Fahrzeug
ist auf eine Katharina Silbernagl zugelassen, Ludwigsplatz 5.«
    Chili musste eine Durchsuchung erwirken. Sie war zäh genug. Er
schilderte ihr den Sachstand. Die Verbindung zu Kirchbichler. Möglicherweise
ein Verhältnis mit ihm. Die falsche Identität. »Viel ist’s nicht, ich weiß.
Aber tu dein Bestes, Chili, die Richterin zu überzeugen. Wir werden einiges in
ihrer Wohnung finden.«
    Eine Stunde Schlaf gönnte er sich. Ottakring wusste, es
würde ein langer Tag werden. Schuster würde heute nicht vor Ort sein. An den
Grund konnte er sich nicht mehr erinnern. Der Flur im K1 war leer. Aus Eva M.s Büro hörte er das
flüssige Klicken ihrer Tastatur. Um halb acht öffnete er die Tür zu seinem
eigenen Büro. Die bunte Landkreiskarte, die er hatte anbringen lassen, stach
ihm ins Auge. Eigentlich hätte er sich einen Zettel auf dem Schreibtisch gewünscht.
»Kümmere mich um Durchsuchungsbefehl für Silbernagl. Chili«, hätte darauf zu
lesen sein sollen. Doch so schnell schossen die Preußen nicht. Und schon gleich
nicht die Bayern.
    Er rief Eva M. zu sich.
    »Wo ist Herr Schuster heute? Ich hab’s vergessen.« Hoffentlich merkt
das Mädel nicht, dass ich älter werde.
    »In München. Bereitet seine PK über die Kriminalstatistik vor. Da wird er erst am späten Nachmittag zurück
sein.«
    Klar. Material für die offizielle Pressekonferenz zu sammeln war
immer ein Kreuz. Aus seiner Münchener Zeit konnte er ein Lied davon singen.
    »Okay«, sagte er. »Dann wird er wohl auch sein Handy den ganzen Tag
abgeschaltet haben. Hören Sie, Eva M., dann hab ich einen wichtigen
Auftrag für Sie.« In wenigen Worten schilderte er, in welcher Verbindung
Katharina Silbernagl zu Kirchbichler gestanden hatte. »Wir brauchen sie,
Eva M. In ihrer Wohnung scheint sie nicht zu sein. Vielleicht hat sie sich
abgesetzt, vielleicht auch nicht. Aber ich möchte auf jeden Fall verhindern,
dass sie uns durch die Lappen geht. Schade, dass wir auf die Schnelle noch kein
Foto besitzen. Rufen Sie bei den Verkehrsbetrieben und in der Taxizentrale an
und lassen Sie sich erklären, wie wir am schnellsten eine Beschreibung an die
Fahrer verteilen können. Und am Bahnhof hängen Sie eine Suchmeldung aus, kurze
Sachdarstellung dazu. Meldung an alle Streifenwagen, überprüfen Sie sämtliche
Notdienste und Krankenhäuser, sie könnte ja einen Unfall gehabt haben. Geben
Sie mir sofort Bescheid, wenn Sie ein Ergebnis haben.«
    Für einige Augenblicke herrschte Schweigen. Ottakring fürchtete
schon, er habe die junge Frau überfordert. Doch sie zeigte ein
unerschütterliches Lächeln.
    Sein Telefon meldete sich. »Chili? Ja? Wie sieht’s aus?«
    »Um Punkt neun wird die Spurensicherung am Ludwigsplatz 5 sein. Das
Gericht spielt mit und sonst ist auch alles klar.«
    »Sag mal, Chili, wie hast du wieder …«
    In diesem Moment ging die Tür auf. Kevin Specht streckte den Kopf
herein. Zuerst musterte er Ottakring, dann glitt sein Blick ab zu Eva M.,
die aufgestanden war und sich gerade die Frisur ordnete.
    »Guten Morgen«, grüßte er mit einem zweideutigen Lächeln.
»Entschuldigen Sie. Ich hab nicht gewusst, dass Sie nicht allein sind. Ich
wollt Sie nicht

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