Rosenschmerz (German Edition)
Wand. 13:34 Uhr.
»Also, dann geht’s los. Chili, würden Sie bitte kurz die Lage um Katharina
Silbernagl zusammenfassen?« Er setzte sich wieder und trommelte mit den
Fingerkuppen auf die Tischplatte. »Sie besorgen uns bitte einen Espresso,
Eva M., ja?«
»Wir siezen uns, wenn andere dabei sind, gell?«, sagte er zu Chili,
als sie allein waren.
Eva M. stellte die Tässchen auf den Tisch. Chili erhob sich und
lehnte sich ans Fenster. »Wir fassen zusammen. Katharina Silbernagl nennt sich
selbst Catrin. Angeblich hat sie studiert, Germanistik und … müsste ich
nachschauen.«
»Literatur und Philosophie«, sagte Ottakring und schaute geduldig
zur Decke.
»Danke.«
»Bitte.«
»Sie hat öffentlich Rosen verkauft. In der Stadt und beim Voglwirt.
Dort heißt es, sie habe das getan, um Milieustudien für ein Buch zu betreiben.
Der verstorbene, oder soll ich aktuell sagen, der ermordete Niki Kirchbichler
sei hinter ihr hergestiegen wie ein Hahn, sagt man. Jedenfalls bestand eine
nicht ganz lockere Verbindung. Ihre Wohnung gibt vorerst nichts Besonderes her.
Aber die ED ler sind noch dran. Halt, eine
Besonderheit: Da war kein Computer. Und wir sind am Guckfenster der Sauna auf
ihre Fingerabdrücke gestoßen. Am Fenster derselben Sauna, in der der Tote
gefunden wurde. Aber darüber dürfen wir uns nicht vorschnell freuen.«
Ihr Ton war kritisch. Und ihre Worte richteten sich an Ottakring.
»Wir können schließlich nicht die Entstehungszeit der Abdrücke
ermitteln. Sie können eine Woche alt sein, und sie kann ja selbst in der Sauna
gewesen sein.«
»Haben Sie das recherchiert? Ob sie in der Sauna war und wenn ja,
wann? Wie oft die Sauna gereinigt wurde und ob bei dem Vorgang auch dieses
Fenster sauber gemacht wird?«
Chili machte ein betretenes Gesicht. »Okay«, sagte sie. »Nein, hab
ich noch nicht. Hol ich nach. Aber …«, über ihr Gesicht huschte ein
Lächeln, »ich kann den Fehler ausbügeln. Wir wissen noch mehr über Katharina.«
»Und?«
»Der Schwule an der Rezeption. Bei ihm hat sie sich am Tag der Tat
nach Kirchbichler erkundigt. Zwischen halb sieben und sieben auf die Nacht, da
ist er sich recht sicher. Und der Typ hat ihr gesagt, dass er wahrscheinlich in
der Sauna sei. Wir wissen ja, der Todeszeitpunkt war etwas nach sieben. Den
Sauna-Franz hab ich auch gefragt. Der hat allerdings außer Kirchbichler zu der
fraglichen Zeit niemanden gesichtet. Nur – der ist sich nicht sicher, ob er
diesen Tag meint oder einen anderen. Die Protokolle sind im Computer.«
Ottakring streckte die Hand aus. »Gratuliere. Aber es heißt auf d’
Nacht, nicht auf die Nacht, Sie Saupreiß. Sie versauen unsere schöne Sprache.«
Chili grinste. Sie drückte die angebotene Hand. »Okay. Und danke.«
»Übrigens«, warf Eva M. ein, »sie scheint weder den Bus noch
die Bahn noch ein Taxi benutzt zu haben.«
»Hab ich schon befürchtet.« Ottakring spuckte in die Hände und stand
auf. »Also, Eva M., was tun wir jetzt als Nächstes?«
Die Rolliererin stand schon. »Erstens: Wir stellen eine
Arbeitsgruppe zusammen und beantragen Haftbefehl bei der Staatsanwältin.
Zweitens: Wir finden Kontaktpersonen und Kontaktadressen heraus.«
»Note Eins. Setzen. Chili, Sie übernehmen Ziffer eins, und Sie
Eva M., Ziffer zwei. Alles klar?«
Ruckartig wurde die Tür sperrangelweit aufgestoßen und krachte gegen
die Wand.
Specht. Geschniegelt stand er da.
»Herr Specht«, sagte Ottakring wachsam. »Können Sie nicht etwas
sanfter mit öffentlichem Eigentum umgehen? Oder anklopfen?«
Specht blieb unbeeindruckt. »Hier haben wir noch nie angeklopft.« Er
wedelte mit einem Stück Papier herum »Bitte schön. Ein Fax für Sie, Herr
Kriminalrat.«
Chili holte tief Luft.
Eva M. grinste schräg.
Ottakring sah Specht an, als handele es sich bei ihm um eine neu
entdeckte Reptilienart.
»Was ist?«, sagte Kevin Specht in seinem näselnden Sächsisch. »Sie
arbeiten sehr intensiv an dem Kirchbichler-Fall, nich wahr, Herr Kriminalrat?
Zeichnet sich schon etwas ab?«
Mit »Herr Kriminalrat« hatte er ihn angesprochen! Ottakring traute
dem Frieden ganz und gar nicht. »Ja«, sagte er überaus korrekt. »Wir haben
erste Ergebnisse. Eines davon halten Sie in der Hand. Sie werden’s ja gelesen
haben.«
»Ich? Gelesen? Ich werd doch kein Fax lesen, das an meinen Vorgesetzten
gerichtet ist, nich wahr.« Er drückte Ottakring das Stück Papier in die Hand
und wandte sich zum Gehen. »Also. Schönen Tag noch. Sie werden mich
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