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Rosentod: Thriller (German Edition)

Rosentod: Thriller (German Edition)

Titel: Rosentod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Vertacnik
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noch phasenweise.
    Wieso?
    Panikattacken. Angst.
    Dass einen die Scheidung der Eltern so hart trifft, ist beinahe lächerlich. Ein Leben voller Furcht, alleingelassen zu werden. Nichts hasst sie so wie Einsamkeit. Sogar heute noch flieht sie nachts verstört aus dem Bett, wenn sie die Stille nicht mehr aushält, und spricht sich dann selber lautstark Mut zu. Selbstgespräche führt sie manchmal auch tagsüber. Wie jetzt zum Beispiel.
    „Das Alleinsein stört mich nicht“, sagt sie laut und deutlich und glaubt es sogar, zumindest für den Augenblick.
    Nach der Sache mit Bernd ging sie den Männern lange aus dem Weg. Macht zwei Jahre und acht Monate ohne Sex, und die drei Typen vor Bernd will sie sowieso vergessen.
    Bernd. Das tut immer noch weh. Diese Überlegung führt ihre Gedanken zwangsläufig zu Frank. Der ist natürlich jünger als sie, und ein viel zu oberflächlicher Typ, aber seit sie zusammen sind, ist wenigstens wieder einer da, der sie in die Arme nimmt. Ab und zu.
    Ein Blick auf ihre schicke Uhr Marke Rado . 22.10 Uhr. Draußen ist es schon finster.
    „Frank mag mich“, flüstert sie trotzig und spürt ihrer Stimme nach. Sie klingt ein wenig verloren. Wie die eines verlaufenen Kindes. Dabei fixiert sie den Brief, der seit vorgestern auf ihrem Wohnzimmertisch liegt. Ein Brief ohne Absender, aber einem Poststempel aus Hagen. Das Kuvert noch ungeöffnet. Wer weiß, was da drin steht. Weg. Fort mit den trüben Gedanken. Nachdenklich wirft sie einen Blick aufs Fernsehgerät und nimmt die Fernbedienung zur Hand. Sie wird sich eine Sportsendung angucken. Möglicherweise fallen ihr dabei die Augen zu, und wenn sie Glück hat, träumt sie diesmal nicht von ihrem Vater oder von Edith, ihrer ehemaligen Nachbarin und Vertrauten. Von ihr und Bernd. Alles wäre anders gelaufen, wäre sie damals nicht überraschend nach Hause gekommen.
    Dieses Miststück.
    Dieser Hurenbock.
    Das Ausmaß des Verrats schnürt ihr immer noch das Herz ab. Noch mehr, wenn sie daran denkt, was dieses Ereignis schließlich auslöste.
    Nach der Sportberichterstattung wird sie sofort ihre Baldriantropfen schlucken, zu Bett gehen und endlich wieder einmal beten, nimmt sie sich vor.
    Vielleicht schenkt ihr dann der Herrgott etwas Schlaf.
    Und bewahrt sie vor bösen Träumen.
    ***
    Etwa drei Stunden später.
    Vorm Hauptbahnhof ist es still.
    Der Mann, der aus dem Warteraum heraus in die kühle Nacht tritt, ist schlank, hat breite Schultern, trägt eine dick gefütterte schwarze Lederjacke, schwarze Jeans, halbhohe Schuhe und bewegt sich mit der Grazie eines Panthers.
    Immer noch ist die Luft sehr feucht, und am pechschwarzen Firmament klebt ein undeutlich sichtbares, kilometerbreites Wolkenband. Im kalten Licht der Straßenlaternen glänzen die Pfützen auf der Fahrbahn wie gefroren. Mit wachen Sinnen und selbstsicherem Schritt weicht ihnen der einsame Spaziergänger aus.
    Ein Blick nach links.
    Nach rechts.
    Weit und breit niemand zu sehen.
    An der Bahnhofsbrücke wechselt der Nachtschwärmer auf den Gehsteig, geht noch ein paar Meter in Richtung Stadtzentrum, streicht dabei mit seiner Linken über das Brückengeländer und ertastet sofort wieder die kreuzförmige Ausnehmung, die er dort eigenhändig ins Metall gefeilt hat. Vor endlos vielen Jahren.
    Geistesabwesend hält er an, dreht sich zum Fluss und sieht sich um. Rechter Hand die evangelische Kirche. Dahinter die Universität. Unter ihm die Murpromenade, die jene mit dichtem Buschwerk bestandene Böschung ersetzt, auf die er seinerzeit als Kind geklettert war, um in ihrem Schutz zu fischen. Verbotenerweise.
    Süßer Vogel Jugend. Süß? Er stutzt.
    Seine Jugend war hart gewesen. Sehr hart. Gleichmütig hebt er den Kopf und blickt zu den Wehranlagen des neuen Kraftwerks, die den Fluss zähmen, ihn in eine neue Form drängen, um seine Wasser ein Stück weiter flussabwärts durch Turbinen zu pressen und ihm Elektrizität abzugewinnen. Tag und Nacht.
    In anmutigem Bogen überspannt die neue Fußgängerbrücke den angeschwollenen Fluss. Ein Übergang von der Südbahnstraße in die sogenannte Au, wo das preisgünstige Freibad durch ein mondänes Asia Spa samt Hotel ersetzt wurde. Mit Eintrittspreisen, die sich kaum jemand leisten kann.
    Nordwind. In kurzen, strammen Stößen. Wild verwirbelt sich sein Haar. Scheißwetter! Fröstelnd stellt der Mann auf der Brücke den Kragen seiner Jacke auf, lauscht in sich hinein und starrt bewegungslos in die Fluten.
    Warum er gerade jetzt unterwegs

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