Rosentod: Thriller (German Edition)
Ende der endlos langen, sanften Rechtskurve beginnt die nächste Gerade. 100 Meter weiter taucht bereits Ullas Unterkunft auf. Vorsichtig tastet Franks Hand nach ihrem Knie. Ihr Haar duftet nach Akazien und ihre Lippen glänzen.
„Weg da. Und schau mich nicht so an“, protestiert sie.
„Warum nicht?“
„Du bist ein Filou.“
„Schön, wie du das sagst.“
„Idiot.“
Genau in diesem Moment bremst Frank den Wagen sanft ab, zieht den Mazda nach rechts in die Einfahrt, fährt auf den leeren Parkplatz und stellt den Motor ab.
„Nimm mich mit rein. Komm schon.“
„Ich will nicht.“
Was wieder einmal alles entscheidet, ist sein Lächeln. Scheu und auf eine ganz eigenartige Art verloren, müde und voller Melancholie.
Du machst es ihm zu leicht, verdammt noch einmal, lästert die altbekannte Stimme in ihrem Kopf, aber sie spürt schon, wie sie nickt. Dummes Mädchen. Wieso machst du das?
Mittlerweile gießt es in Strömen, und bis sie den Parkplatz überquert haben, sind sie beide tropfnass.
„Herrgott, ist das ein März.“ Zitternd vor Aufregung und Kälte schließt Ulla die Eingangstür auf, zieht ihr dunkelrotes Cape aus und hängt es an die Garderobe.
„Ach ja. Dein Tee. Verzeih.“
„Lass das. Du weißt, worauf ich aus bin.“
Lächelnd lässt sie sich von ihm ins Schlafzimmer drängen. Mit zittrigen Knien.
„Diese gedämpfte Beleuchtung ist einfach geil“, murmelt der neun Jahre jüngere Student und öffnet den Reißverschluss ihres Kleids.
„Warum ich?“, fragt Ulla später, als sie beide nackt nebeneinander liegen.
„Es ist, weil du strahlst“, flüstert er, nimmt ihre Hand und legt sie auf seine Brust. „Ich kann nicht aufhören, dich zu betrachten, wenn du neben mir liegst.“
„Das sagst du bloß so.“
„Ich sag es, weil es die Wahrheit ist“, versichert er ihr und denkt dabei an die süße Blondine von vorhin.
Die ist genau seine Kragenweite. Die wird er sich holen.
Und die Affäre mit seiner Bullenmaus? Die läuft wahrscheinlich auch nebenbei.
Und wenn nicht? Dann eben nicht.
Zufrieden schließt Frank die Augen.
Das Leben kann schön sein.
So schön.
***
Kurz vor der Morgendämmerung.
Die Brücke am anderen Ende der Stadt liegt da wie eine schlafende Geliebte.
Der Regen lässt nach, als der massive Geländewagen in die dunkle Einfahrt des Baumarkts rollt und die Scheinwerfer verlöschen. Dafür brettern Sturmböen dem Jeep entgegen, als wollten sie ihn vom Asphalt fegen. Aufmerksam mustert der schwarzgekleidete Typ am Steuer die Umgebung. Kein Schwein zu sehen. Das dankt er diesem Hundewetter.
Fröstelnd steigt er aus, zieht seine Mütze tiefer in die Stirn und nestelt in den Außentaschen seiner schwarzen Jacke. Die konzentrierte Ernsthaftigkeit, mit der er seine Finger in die dünnen Einweghandschuhe zwängt, gleicht den Vorbereitungen eines Arztes im Operationssaal. Prüfend streckt er die Arme ins Mondlicht und betrachtet seine Hände. Der Gummi wird keine Spuren hinterlassen. Gut so.
Entschlossen steigt er wieder in den Wagen und lenkt ihn aus der Einfahrt zurück auf die Straße. Die 300 Meter bis zur Flussbrücke, welche die zwei westlichen Ortsteile miteinander verbindet, verzichtet er aufs Abblendlicht und hält exakt dort, wo er die tiefste Stelle des hochwasserführenden Flusses vermutet. Ein letzter Blick in den Rückspiegel. Es kann losgehen.
Nervös springt er aus dem Wagen, geht nach hinten und öffnet die Heckklappe. Die junge Frau, die in einen dicken Schlafsack gebettet im Laderaum liegt, blinzelt angstvoll ins Licht der Taschenlampe, das ihr Gesicht abtastet. Sie schreit, aber durch das vom Kinn bis knapp unter die Nase mehrfach über den Mund geklebte Hansaplast dringt nur ein ersticktes Stöhnen. Verzweifelt windet sie sich und stößt mit dem Kopf nach ihm, aber ihre Hände sind mit Handschellen auf den Rücken gefesselt. Sie hat keine Chance.
Vorsichtig zieht der Entführer seine Gefangene bis an die Ladekante und öffnet den Reißverschluss des Schlafsacks so weit, dass die nackten Brüste des Opfers zum Vorschein kommen.
Klassetitten, überlegt er. War schön mit ihr. Im Grunde ist es ja wirklich schade um sie. Mit leisem Bedauern stopft er scharfkantiges, schweres Kalkgestein in den Schlafsack und wirft eine Plastikrose dazu. Er sieht dem Mädchen an, dass es ahnt, was ihm blüht. Es bäumt sich auf und versucht, die auf dem Rücken fixierten Hände nach unten zu ziehen, um mit den Beinen über die Fesseln zu steigen und die
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