Rosentraeume
sicher, Euer Hoheit. Ich wollte damit ja auch nicht sagen, daß Seine Majestät Euch an der langen Leine führt. Ich meinte nur, Euer Bruder Lionel darf sogar bis nach Berkhamsted reiten. Es scheint mir ziemlich unfair, da er doch jünger ist als Ihr.«
»Lionel trachtet emsig danach, im Tragen der Rüstung so erfahren zu werden wie der Prinz von Wales. Deshalb reitet er immer hinaus zum Schloß Berkhamsted, zu unserem Bruder.«
Lady Elizabeth Grey seufzte. »Alle Männer glauben immer, daß Erfolg mit den Waffen das einzige ist, wofür es sich zu leben lohnt. Mein Bruder hat schon mit einem stumpfen Schwert trainiert, als er gerade sieben Jahre alt war.«
Isabel warf voller Stolz ein: »Mein Bruder Edward übte schon den Umgang mit scharfen Waffen, ehe er zehn war.«
Brianna meinte: »Ah, aber Prinz Edward war mit zehn Jahren körperlich so weit entwickelt wie ein Sechzehnjähriger.«
»Richtig«, stimmte Isabel ihr zu. »Das ist das Plantagenet-Blut. Mein Vater ist der berühmteste Krieger der ganzen Christenheit, und mein Bruder siegt bei allen Turnieren - dabei ist er erst sechzehn.«
»Die Männer denken an nichts anderes, als nur an ihre Fähigkeiten zu kämpfen«, beklagte sich Elizabeth.
»Dann ist es wohl an uns, ihnen etwas anderes zu bieten, an das sie denken können«, schlug Joan vor.
Isabel verzog schmollend den Mund. »Jetzt, wo Edward seine eigene Kampftruppe hat, sind alle attraktiven jungen Männer in Berkhamsted. Euer Bruder Edmund ist auch dort, glaube ich.«
Joan ging sofort auf sie ein. Sie nahm an, daß Isabel eine geheime Vorliebe für ihren jungen Bruder, den Grafen von Kent, hatte, der keinen ganz unbescholtenen Ruf besaß. »Ja, mein Bruder ist bei Eurem Bruder. Wußtet Ihr eigentlich, daß er heimlich in Euch verliebt ist, Euer Hoheit? Wie schade, daß wir sie nicht besuchen können.« Sie seufzte pathetisch auf.
Möge Gott dir diese Lüge vergeben, dachte Brianna.
Isabels Kammerzofen flochten ihr Haar und türmten es dann zu einer Krone auf ihren Kopf, die mit juwelenbesetzten Haarnadeln gehalten wurde. Sie warf einen Blick auf Briannas bestickte Jagdhandschuhe und entschied sich für ein völlig unpraktisches Paar, das mit Perlen und Mondsteinen besetzt war.
Als die Damen endlich den Hof betraten, warteten die Reitknechte längst mit den gesattelten Pferden. Die Falkner standen vor den Ställen und hielten für die edlen Fräulein ihre Vögel bereit. Jeder Falke hatte an den Füßen einen Wurfriemen mit zwei Glöckchen, auf denen der Name des Besitzers eingraviert war. Die Falknerei besaß ihre eigenen, festen Gesetze. Nur Angehörigen des Hochadels war es erlaubt, Falken zu besitzen, die im Ansehen und Rang selbst Adler übertrafen.
Brianna hatte einen Merlin, die anderen jungen Damen besaßen Sperber, doch Joan bevorzugte einen kleinen Turmfalken, weil sie so zierlich war und einen schwereren Vogel schlecht halten konnte. Isabel trug ein männliches Tier auf ihrer Faust, einen Terzei, doch er bedeutete für sie nur ein Statussymbol. Sie war recht unbewandert in diesem Sport.
Als die Reitknechte aufstiegen, um die Damen zu begleiten, sagte Isabel gebieterisch: »Wir reiten nach Berkhamsted!«
Die Begleiter warfen sich besorgte Blicke zu.
Brianna und Joan sahen einander triumphierend an.
Noch ehe sie zwei Meilen weit geritten waren, wurde die Prinzessin ärgerlich, weil ihr die Klauen des Falken einige ihrer Perlen von den Handschuhen gerissen hatten. Sie reichte den Vogel ihrem Falkner und befahl den anderen, es ihr gleichzutun. Sie würden die Entfernung niemals schaffen mit den Vögeln auf ihren Fäusten.
Als die Gruppe der Damen sich Berkhamsted näherte, signalisierte der Wachposten auf dem Turm den Torhütern, sofort das große Fallgatter zu öffnen. Zehn Damen, begleitet von ihren Reitknechten, stellten keine Bedrohung dar für ein Schloß mit dreihundert Männern. Als sie über die Zugbrücke in den Außenhof ritten, starrten die Diener, Knappen und Soldaten offen die eleganten jungen Frauen an.
Der Kastellan des Prinzen von Wales begrüßte sie mit nur mühsam verborgenem Ärger. Was, zum Teufel, denkt sich die junge Prinzessin nur dabei, in diese Festung voller Männer einzudringen, fragte er sich.
»Ich bin gekommen, um meinen Bruder zu überraschen. Wo ist er?«
Weil auch er ein Mann war, wußte der Kastellan, was sein Herr von solchen Überraschungen hielt. »Prinz Edward trainiert mit seinen Kriegern, Eure Hoheit. Ich bitte Euch, kommt ins Schloß und
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