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Rosentraeume

Titel: Rosentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virgina Henley
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vernichten? Selbstverständlich war es grundsätzlich falsch, abzutreiben; doch es war doppelt fatal, es bei dieser Leibesfrucht zu versuchen. Dennoch würde sie alles tun, was getan werden mußte, um Edward die Sorgen zu ersparen.
    Wenn er doch endlich nach Windsor zurückkehrte, dann wäre ihr Problem gelöst. Ihr wurde klar, daß all ihre Sorgen, Gebete, Gedanken und Pläne sich im Kreis bewegten und sie am Schluß wieder da war, wo sie begonnen hatte. Sie wünschte sich sehnsüchtig Prinz Edward an ihre Seite. Und dann kam ihr ein beängstigender Gedanke. Was wäre, wenn er ein ganzes Jahr lang fortbliebe? Sie würde den Hof verlassen müssen, ehe man ihre Schwangerschaft bemerkte. Aber wohin?
    Das Stadthaus ihres Bruders in der Fish Street war entschieden nicht weit genug von Windsor entfernt. Sie würde das Schloß ihrer Familie in Kent aufsuchen müssen. Diesen Ort konnte sie sich nicht einmal mehr vorstellen. Sie hatte ihn verlassen, als sie noch ein Baby war. Ihrem Bruder gehörte noch das Schloß Wake in Liddell, wo auch immer das lag. Sie würde es ohnehin nicht ertragen können, irgendwo anders zu leben als in der Nähe von Prinz Edward.
    Ihr Herz schmerzte vor Einsamkeit. Wenn sie doch nur nicht all seine Liebesbriefe vernichtet hätte. Sich an seine Worte zu erinnern, tröstete sie ein wenig, doch wenn sie diese Briefe in der Hand halten, sie an ihre Lippen drücken könnte, würde der Schmerz sicher nachlassen. Joan fühlte sich äußerst verlassen und allein. Sie saß schwermütig da, unfähig, eine Entscheidung zu treffen.
    Glynis war den ganzen Tag in der Wäscherei beschäftigt gewesen. Sie hielt es für angebracht, diesen sonnigen Tag dazu zu benutzen, Lady von Kents Sachen zu waschen, ehe die kalten Herbstwinde eine solche Pflicht unangenehm machten. Adele leistete ihr Gesellschaft, und sie gingen daran, auch die Bettwäsche und die schweren Decken zu reinigen.
    Brianna hatte Joan beim Mittagessen und auch in den Unterrichtsstunden der Dame Marjorie am Nachmittag vermißt. Ehe sie sich zum Abendessen in die Halle begab, lief sie zu Joans Gemächern. Sie fand die Freundin allein in einem halbdunklen Zimmer.
    »Wo bist du den ganzen Tag gewesen?« fragte Brianna betroffen.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Joan abwesend. »Heute morgen war ich in der Kapelle. Wußtest du, daß die Königin und die Hofdamen jeden Tag zur Messe gehen, um für den Sieg zu beten und für die Sicherheit des Königs und seiner Männer?«
    »Nein, das höre ich zum erstenmal. Ich habe es vermieden, zur Messe zu gehen. Einmal wollte ich schon die Beichte ablegen, um mich zu erleichtern; doch dann wurde mir klar, daß ich mein beschämendes Geheimnis nicht enthüllen dürfe. Die Wände haben Ohren, auch die Wände des Beichtstuhles.«
    »Oh, du solltest kein Wort davon den Priestern verraten. Denk doch nur an die arme Elizabeth Grey, wie sie verachtet wird!«
    »Komm, laß uns zu Abend essen«, drängte Brianna.
    »Oh, geh nur ohne mich. Ich habe nicht den Wunsch nach Gesellschaft.«
    Das sah Joan so gar nicht ähnlich, da konnte etwas nicht stimmen. Ihre Freundin war kein Mensch, der sich nach innen kehrte, allzusehr liebte sie Schelmereien. »Ich werde dich nicht allein hier sitzen lassen, damit du schwermütigen Gedanken nachhängst. Du vermißt Prinz Edward, und was du in diesem Augenblick brauchst, ist die Gesellschaft!«
    Doch während der gesamten Mahlzeit sah Brianna, daß Joans Stimmung sich sogar verschlechterte. Sie drängte sie nicht; wenn Joan soweit war, würde sie ihr ihre Probleme anvertrauen. Früher oder später geschah das von selbst. Das Mahl näherte sich dem Ende, schließlich gingen die beiden schweigend zu ihren Gemächern zurück; doch als Brianna sich von Joan verabschieden wollte, griff diese nach ihrer Hand. »Darf ich heute nacht bei dir bleiben?« bat sie unsicher.
    »Joan, aber natürlich darfst du das! Ich mag auch nicht immer alleine sein.«
    Brianna zog die schweren Vorhänge vor die Fenster und verriegelte die Tür. Sie warf einige große Kissen auf den Teppich, goß jedem einen Becher Met ein und stellte dann einen Teller mit Marzipan dazu, weil sie die Schwäche ihrer Freundin für Süßigkeiten kannte.
    Joan bedachte sie mit einem etwas traurigen Lächeln, während sie an dem nach Mandeln schmeckenden Konfekt knabberte. Leise zögernd fragte sie: »Glaubst du, daß Elizabeth Grey das Richtige getan hat?«
    »Na ja, das arme Mädchen war in einer schrecklichen Situation. Sie wußte,

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