Rosentraeume
gehören sollte, doch ihr Bruder Edmund war ständig bei ihr wie ein verdammter Wachhund!
Seine Stirn runzelte sich vor Unmut, als er den Grafen von Kent betrachtete. Er war ein Freidenker, der das Geld mit vollen Händen verschleuderte und drei bis vier Geliebte gleichzeitig aushielt. Sein königlicher Vater, der wegen Hochverrates geköpft worden war, hatte ihm ein beachtliches Vermögen hinterlassen, und Not und Sorgen kannte er nicht einmal dem Namen nach. Holland griff nach einem der Pergamente und entrollte es mit seinen fleischigen Fingern. Daraus ging hervor, daß Edmund neben dem Titel des Grafen von Kent und des Lord Wake von Liddell noch weitere Titel besaß, die einen ungeheuren Reichtum bedeuteten. Da er unverheiratet war und ohne Nachkommen, hieß die gesetzliche Erbin Edmunds nicht anders als Joan von Kent.
Er beobachtete das Paar mit begehrlichen Blicken. Nicht nur auf Edmunds Reichtum spekulierte er, er wollte auch Joan. Sie war voller Leben, selbst noch in ihrer Schwangerschaft, und rührte tief an Hollands sinnliches Wesen. Für ihn wurde sie zu einer Besessenheit, weil sie eine verbotene Frucht war. Immer wieder schweiften in diesen Tagen seine Gedanken zurück zu der Unterhaltung, die er mit Robert de Beauchamp geführt hatte. Würde er rücksichtslos genug sein, um Prinz Edward auszuschalten? Brächte er genug Mut auf dafür? Besäße er die nötige Besonnenheit, nicht erwischt zu werden? Beinahe jeden Tag hoffte er auf die Nachricht, daß Edward tot und Prinz Lionel endlich Thronerbe war.
Holland konnte nichts tun, um die Sache zu beschleunigen; er konnte nur beten, daß sich ihm direkt hier in Calais eine Gelegenheit eröffnete, um sein persönliches Hab und Gut zu vergrößern. Da das Schicksal denen half, die sich selbst halfen, entschied er sich, das riesige Vermögen derer von Kent in seine eigene Regie zu bekommen.
Während er Joan auf dem Hof beobachtete, stellte er sich all die Dinge vor, die er mit ihr tun wollte, und all die Dinge, die sie mit ihm tun sollte. Ihr Lachen erfüllte das Haus und besaß stets etwas Verlockendes. Holland war hart vor Erregung, wenn er sie nur ansah, doch all ihr Frohsinn galt nur ihrem verdammten Bruder. Er schob die Hand in seine Hose. Notgedrungen mußte er sich erleichtern, ehe er dann den Rest der Mitteilungen öffnete; doch er schwor sich, schon sehr bald seine Rechte an dem verwöhnten Körper seiner Frau einzuholen.
Als Holland zu seinem Schreibtisch zurückkehrte, ging die Sonne im Hof schon unter. Kent war sehr wahrscheinlich unterwegs zu seinen nächtlichen Vergnügungen, und Joan würde in ihren Gemächern zu Abend essen, einzig mit ihrer Dienerin zur Gesellschaft. Er griff nach dem Beutel mit den offiziellen Schreiben und holte eines daraus hervor, das den Vermerk >dringend< trug. Nachdem er es geöffnet hatte, begannen seine Hände vor Wut zu zittern. Es war eine Botschaft des Prinzen von Wales, der ihn informierte, daß sich die königliche Familie und der ganze Hof unterwegs nach Bordeaux befanden und daß seine Dienste als Haushofmeister des königlichen Hofes umgehend dort gebraucht wurden.
»Die Pocken über alle Prinzen«, murmelte er voller Haß. Also hatte der memmenhafte de Beauchamp immer noch nicht den Mut gehabt, den Gnadenstoß auszuführen. Nun, man brauchte schon einige Dreistigkeit,' um ein Mitglied des Königshauses zu vernichten. Er würde die Initiative in die eignen Hände nehmen und Robert zeigen müssen, wie man so etwas machte!
Der Brief bot ihm einen Vorwand, Joan aufzusuchen. Für den Weg von seinem Flügel zu demjenigen, wo Joans Gemächer lagen, benötigte er nur wenige Schritte. Zu dieser Stunde waren nicht mehr viele Diener bei der Arbeit, also ging er gleich zu ihrem Wohnzimmer und klopfte an die Tür.
Glynis öffnete ihm und starrte ihn voller Feindseligkeit an. Sie mochte Holland nicht mit seinem dicken, bulligen Nacken und seinem untersetzten Körperbau. Sie hatte mit angesehen, wie er Joan verfolgte mit seinen Aufdringlichkeiten, bis der Prinz sich für sie zu interessieren begann. »Was wollt Ihr, Sir?«
»Das geht nur Lady Joan Holland etwas an.« »Sie ruht«, erklärte Glynis unnachgiebig.
»Sie ist meine Frau. Tretet zur Seite.« Er sah sie so drohend an, daß Glynis wußte, er würde sich notfalls gewaltsamen Zutritt verschaffen.
»Wer ist es?« rief Joan.
»Es ist John, meine Lady.«
Joan eilte zur Tür. »Kommt herein, mein Lord.« Ihre Hand fuhr erschrocken an ihre Brust. »Stimmt etwas
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