Rosentraeume
sie besaß, daß ihm ihr Körper und ihre Seele gehörten. Er hatte ihr seinen Stempel aufgedrückt, so unauslöschlich wie das Säbelzeichen, das er trug. Sie mußte einen kleinen Teil von sich vor ihm bewahren, um wenigstens einen Funken Ehrgefühl und Würde zu behalten. Niemals durfte er wissen, daß sie sich nach seiner Berührung sehnte, nach Lust mit ihm hungerte. Wenn er auch nur ahnte, wie sehr sie vor Verlangen brannte, mußte sie sich selbst dafür verachten.
Als Christian aufwachte, schlief Brianna wieder. Sie war wunderschön in ihrem Schlummer. Ihre goldenen Wimpern lagen wie kleine Fächer auf ihren Wangen, und er fühlte einen Anflug von Bedauern, als er daran dachte, daß sie, wenn sie ihre Augen öffnete, ihn voller Schuldgefühl und Vorwurf ansehen würde. Er fluchte leise, weil Roberts Geist zwischen ihnen stand. Ein Rivale aus Fleisch und Blut war als Gegner keine Herausforderung für ihn, doch gegen die oft überhöhte Tugend eines Toten konnte man schwer etwas ausrichten.
Christian wußte sehr gut, daß Brianna versuchen würde, ihn auf Armeslänge von sich fernzuhalten und einen Teil von ihr vor ihm zu bewahren. Wenn er wirklich wollte, konnte er leicht ihren Schutzschild durchbrechen, und natürlich wollte er das in jeder Nacht. Doch er wünschte sich, daß sie aus freien Stücken den Abstand zwischen ihnen überbrückte. Sie würde lernen müssen, ihm vollkommen zu vertrauen, ihm auch ihr Herz zu überlassen. Er schwor sich, sie zu beschützen, zu umsorgen und zu lieben, so sehr, daß sie allmählich ihre Seelenverwandtschaft begriff und akzeptierte.
Als Brianna aufwachte, hielt sie die Augen geschlossen und tat so, als schlafe sie noch, bis sie fühlte, wie ihr Mann sich erhob. Als sie hörte, wie er Wasser aus dem großen Krug in die Waschschüssel goß, öffnete sie die Augen einen Spalt. Es gab so vieles an Christian Hawksblood, das sie noch nicht kannte. Sie errötete, als sie ihn beobachtete. Eines hatte sie schon herausgefunden, nämlich, daß er sich rasierte, während er noch ganz nackt war!
Die ganze Nacht über hatte der König zusammen mit Katherine de Montecute bei ihrem Ehemann William gewacht. Die Wunde im Bein seines Freundes, die er in der Hastilude davongetragen hatte,
schien nur geringfügig zu sein, verglichen mit seinen Wunden aus kriegerischen Auseinandersetzungen. Doch Williams Zustand hatte sich von Stunde zu Stunde verschlechtert. Master John Bray, der Arzt des Königs, kümmerte sich aufopfernd um ihn; zu später Stunde indessen hatte er Edward aus dem Bett holen lassen und ihm erklärt, daß der Graf von Salisbury wohl nicht bis zum Morgen überleben werde. »Gibt es denn gar nichts, was wir noch tun können?« fragte der König, und sein Herz zog sich zusammen, als er die Qual in Katherines Augen sah.
»Nein, Euer Majestät. Es ist beinahe so, als wäre der Speer, der ihn verwundet hat, vergiftet gewesen und das Gift hätte sich in seinem ganzen Körper ausgebreitet.«
»Dann laßt uns allein. Ich werde bis zu seinem Ende bei ihm bleiben. Wenigstens das bin ich ihm schuldig.« Er nahm Williams Hand und dann auch die von Katherine und übermittelte ihnen so seine Kraft und seinen eisernen Willen. William erlangte das Bewußtsein nicht wieder. Er tat seinen letzten Atemzug wenige Minuten vor der Morgendämmerung. Auf den Knien neben seinem Bett weinten Edward und Katherine.
»Meine Teure, wir dürfen nicht zusammen gesehen werden«, flüsterte er ihr zu. »Böse Zungen werden flüstern, daß ich ihn umgebracht habe, um dich für mich zu haben. Die Wölfe werden deinen guten Ruf in Stücke reißen. Gerüchte über eine Vergiftung verbreiten sich wie ein Lauffeuer, wenn wir uns jetzt nicht trennen. Ich möchte nur dich und William ehren, dein guter Ruf soll dir erhalten bleiben.«
Katherine sah den Schmerz auf seinen Zügen. Ich hatte sie beide, und jetzt habe ich keinen von ihnen mehr! dachte sie entsetzt.
Sie verbarg das doppelte Leid in ihrem Herzen und ihrer Seele unter einem gesenkten Blick. Verständnisvoll nickte sie. Wenn Williams Geist noch unter ihnen war, so wußte er, daß sie beide ihn geliebt hatten. Er würde wissen, daß sie niemals seinen Tod gewollt hatten. Doch leider würde er auch wissen, daß sie ihre Treue nicht gehalten hatte - Gott allein wußte, daß der Ehebruch ein allzu menschliches Versagen war.
34
Der König von England war ruhelos. Nach dem Tod seines Freundes William de Montecute schien es, als fühle er sich in Windsor wie
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