Rosentraeume
Königinnenturm kam, und rief ihr zu, auf sie zu warten. Brianna trug ein butterblumengelbes Kleid, in dem sie aussah, als stünde sie inmitten der Sonnenstrahlen. »Laßt uns heute Dame Marjorie schwänzen; gehen wir zum Turnierplatz und sehen den Männern beim Üben zu!« schlug Joan vor.
»Das dürfen wir nicht, aber ich kann dir nicht widerstehen«, stimmte Brianna zu.
»Mmm, wie es scheint, kann mir heute niemand widerstehen.«
»Hast du schon jemandem ein Zeichen deiner Gunst geschenkt?«
»Ich habe heute vier gleiche rosa Tücher verteilt«, erklärte Joan kichernd.
»Jeder Kämpfer, der mutig genug ist, Rosa zu tragen, muß wirklich besessen sein von dir«, meinte Brianna und lachte laut
auf.
»Für meinen ganz besonderen Helden habe ich einen Ärmel bei mir«, sagte Joan und klopfte dabei auf ihr Mieder.
»Und wer ist dieser Held?« erkundigte sich Brianna.
»Ich habe mich noch nicht entscheiden«, wich Joan aus. »Hast du Robert etwas zukommen lassen?«
»Noch nicht«, antwortete Brianna. »Aber er hat mich darum gebeten, und ich habe es ihm versprochen.«
Auf dem Feld hinter dem Turnierplatz wurden die Zelte der Kämpfer aufgebaut. In den Zelten lagerten Rüstungen, Waffen, Kleidung, hölzerne Badewannen, medizinische Vorräte, Sättel, Harnisch, Feldbetten und Stühle. Jeder Teilnehmer besaß seine eigenen Knappen und Pagen, deren Hauptpflichten darin bestanden, ihm seine Rüstung anzulegen, zerbrochene Lanzen zu ersetzen, seinen Durst zu stillen, seine Wunden zu verbinden und ihm unermüdlich Mut zuzusprechen.
Wenn Herausforderer von weit her kamen, würden sie unter Umständen in ihren Zelten schlafen müssen, falls das Schloß
überfüllt war. Dieses Turnier jedoch beschränkte sich auf Teilnehmer aus den umliegenden Gebieten. Doch ganz gleich, wie klein so ein Turnier auch sein mochte, immer zog es Händler, Hausierer, Gaukler, Barden und ein kunterbuntes Gemisch von Halunken an, die nur durch ihre Gewitztheit überlebten.
Auf einer nahen Wiese stellten die Händler ihre Buden auf, um die Waren auszubreiten, die sie von nah und fern importierten; am Tag des Turniers sollte Windsor die fröhliche Atmosphäre eines Jahrmarktes erleben. Pferde, Wandbehänge, Seide aus Syrien, persische Teppiche, venezianisches Glas wurden genauso feilgeboten wie hausgemachtes Bier.
Briannas Schuldgefühl über das Schwänzen ihrer Unterrichtsstunde ließ nach, als sie Prinzessin Isabel und ihre anderen Hofdamen entdeckte, die den Männern beim Training zusahen. In der Tat schienen die gesamten weiblichen Bewohner Windsors anwesend zu sein, vom Küchenmädchen bis zur Herzogin. Diejenigen, die in der Küche arbeiteten, wußten, daß heute der einzige Tag war, an dem sie noch ein wenig freie Zeit hatten, denn morgen würden sie ununterbrochen arbeiten, um die Speisen für die Festlichkeiten zuzubereiten.
Einige der Männer errichteten einen Baldachin über der Loge, wo die Königin und die edlen Damen sitzen sollten, um dem Turnier beizuwohnen. Ein Jongleur auf einem Pferd übte gerade, ein Schwert hoch in die Luft zu werfen und es dann wieder aufzufangen.
Sir John Chandos hatte Edwards Pavillon in der Mitte des Lagerplatzes gleich neben dem von Christian Hawksblood aufgestellt. Joan und Brianna entdeckten sie sofort. Der eine war rot und purpur, mit einem goldenen Minarett, der andere aus schwarzer Seide, und auf seiner Spitze wehte der goldene Drache von Wales.
Brianna blinzelte ungläubig, als sie Adele und Glynis entdeckte, die aus dem arabischen Pavillon traten. Gleich hinter ihnen rückten Paddy und Ali an. Als Adele Brianna entdeckte, erklärte sie schnell, noch ehe diese ihr eine Frage stellen konnte: »Paddy kommt aus der gleichen Gegend Irlands wie ich.«
Glynis fügte hinzu: »Wir waren neugierig auf Drakkars Pavillon.« »Drakkar?« fragte Brianna.
Ali verbeugte sich vor ihr. »Drakkar ist Lord Christians arabischer Name, meine Lady.«
»Lord Christian?« spottete sie und lüftete eine Braue.
»Eigentlich ist er sogar ein Prinz«, behauptete Paddy in näselndem Tonfall. »Prinz Drakkar!«
»Wie romantisch!« rief Joan, als würde sie jedes Wort glauben.
Brianna zog ihre Freundin weiter, gerade noch rechtzeitig, damit die vier nicht sahen, wie sie in lautes Lachen ausbrach.
Joan stimmte in das Vergnügen der Freundin ein. »Seine Knappen sind wirklich sehr drollig.«
»Ich mag Paddy richtig gerne«, flüsterte Brianna mit einem boshaften Lächeln. »Er steckt so voller Mist.« Wieder
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