Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
es scho z’spät gwäsa.«
Diesmal schien der Dorftratsch nichts Neues einzubringen. Hansen überlegte, wie er das Gespräch auf höfliche Art möglichst schnell beenden konnte.
»Wenn der Thomas den Salvatore wieder zruckgäba müasst … mei o mei!« Sie wiegte ihren Kopf und machte mit ihrer Hand eine Bewegung, als befürchte sie für diesen Fall das Schlimmste.
Hansen brauchte einen Moment, bis er den Satz verstanden hatte. »Wieso zurückgeben? Gehört ihm der Hengst denn nicht?«
»Ja mei, scho – aber ob der den Salvatore scho ganz abzahlt ghabt hat …« Sie zuckte mit den Schultern.
»Von wem hat er ihn denn gekauft?«
»Koi Ahnung, des war oiner vo weiter weg, aber die Marlene woiß des, die müassan S’ froga.«
»Machen wir. Danke, Frau Waghuberl, Sie haben uns sehr geholfen. Wir müssen dann auch wieder.«
Das »Schade« war ihr deutlich vom Gesicht abzulesen, und sie sah den drei Kripobeamten noch nach, bis sie die Brücke passiert hatten und auf der anderen Lechseite aus ihrem Blickfeld verschwanden. Erst dann fiel ihr die Sache mit den lärmenden Mopeds wieder ein, die sie in der Nacht drunten am Lechufer davonfahren gehört hatte. Erst wollte sie sich ärgern, dann zuckte sie mit den Schultern.
»Mei, müassan s’ halt no amol nochfroga.«
Auf dem Weg ins Lechstüberl rief Hansen noch Marlene Ruff an, die ihm einen Lorenz Schwabinger aus Memmingen als den Pferdezüchter nannte, der ihnen Salvatore verkauft hatte. Ihr Mann, erzählte sie, habe ihr wochenlang von dem Pferd vorgeschwärmt – und als er sich mit Schwabinger schließlich nach langem Hin und Her handelseinig gewesen sei, habe sie sich noch über den recht günstigen Preis für den Hengst gewundert. Aber ihr Mann habe ihr das mit einer nicht ganz ausgeheilten Sehnenverletzung erklärt, deretwegen Salvatore zum Beispiel für Rennen nicht mehr infrage komme – für die Zucht sei er aber nach wie vor eine sichere Bank.
»Und warum sollte dieser Schwabinger einen so vielversprechenden Zuchthengst dann überhaupt verkaufen?«, fragte Hansen. »Wenn Salvatore Ihnen Geld einbringt, dann gilt das doch für den anderen Züchter genauso, oder?«
»Schon, aber mein Mann hat schon immer gern irgendwelche Deals eingefädelt, er war da richtig gut drin – so wird es auch diesmal gelaufen sein.«
Im Lechstüberl gab es »Schweinsbraten mit Knödeln«, wie in einer schön geschwungenen, aber schwer lesbaren Handschrift auf den weißen Blättern stand, die auf jedem der großen Holztische lagen. Haffmeyer und Hansen hatten je eine normale Portion bestellt, Fischer begnügte sich mit einer kleinen, und alle machten sich nun mit Heißhunger über ihre dampfenden Teller her.
»Ich muss unbedingt mehr über Pferdezucht erfahren«, sagte Hansen nach einer Weile und schob den leeren Teller von sich. »Immer wieder geht es um diesen Deckhengst: Mal soll Salvatore den Ruff-Hof vor dem Ruin retten, dann sollen Unbekannte in seiner Box gewesen sein, und gekauft haben soll Ruff dieses Wundertier auch noch deutlich unter dem Preis, den seine Frau für angemessen hielt. Und ich habe keine Ahnung, wie es in dieser Branche zugeht und über welche Beträge wir da überhaupt reden. Wen könnten wir denn da fragen?«
Er sah Haffmeyer an, und der schmunzelte schon, bevor er mit vollem Mund antwortete. »Am besten fahren wir nach Burggen, da können wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
»Ach? Und wie?«
»Wir besuchen Hermann Ruff, den Bruder von Thomas. Der hat den elterlichen Betrieb übernommen und ist selbst Pferdezüchter. Nicht so wahnsinnig erfolgreich, aber es reicht, um die Familie zu ernähren.«
»Und Sie haben vermutlich auch schon Telefonnummer und Adresse, nehme ich an«, meinte Hansen.
Haffmeyer grinste noch breiter, zog einen vollgekritzelten Zettel aus der Tasche und legte ihn vor Hansen auf den Tisch.
Die Gruppe, die in den Premer Filz geschickt worden war, wurde recht schnell fündig. Weil das Gelände mit seinen kleinen Tümpeln und Wasserläufen und den vielen sumpfigen Stellen für eine reguläre Suchkette sehr ungünstig war, hatten sich die Beamten für einen ersten Suchgang auf die befestigten Wege durchs Moor beschränkt – und schon im zweiten der Waldwege zerrte der Suchhund wie verrückt an seiner Leine und führte die Polizisten zu einer verdächtigen Stelle.
Etwa einen Meter vom Weg entfernt spannte sich ein hoher Busch über einer Wasserpfütze, die teilweise von kreuz und quer
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