Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
kann Ihnen all diese Sendungen auch runterbeten, wenn Sie wollen.«
»Nein, danke. Sie könnten Sie aufgenommen haben.«
»Sehen Sie hier irgendwo einen Rekorder?«
»Nein, das stimmt. Aber diese Sendungen werden doch ständig wiederholt.«
»Weiß ich nicht, ich hab sie ja direkt zu den hier markierten Zeiten angesehen.«
»Und nach zehn?«
»Ich bin während der Nachrichten eingeschlafen, und als ich aufwachte, lief schon die anschließende Talkshow. Da bin ich ins Bad, danach ins Bett und war bald wieder weg. Ich hab einen guten Schlaf, den brauch ich auch, wenn ich morgens so früh raus muss.«
»Sie haben also keinen Zeugen dafür, dass Sie den ganzen Abend zu Hause waren.«
»Nein, aber ich sagte doch schon …«
»Und Sie konnten Thomas Ruff nicht leiden.«
»Stimmt. Aber würde ich Ihnen das so offen erzählen, wenn ich der Mörder wäre? Da hätte ich doch sicher versucht, mir irgendwie ein stimmiges Alibi zu besorgen?«
»Und wie?«
»Was weiß ich, irgendein Kumpel hilft einem da schon, wenn’s klemmt. Aber ich brauch ja keins, ich war’s ja nicht.«
»Und wie erklären Sie sich die Spuren am Motorrad Ihres Neffen?«
Gabler zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich. Robert können Sie aber streichen, der bringt das nicht. Und überhaupt, was für Spuren sind das eigentlich?«
Hansen erklärte ihm den mutmaßlichen Tatverlauf und die Ergebnisse der Spurensicherung.
»Mir ist schon klar, dass mein Alibi nicht hieb- und stichfest ist, aber ich war’s wirklich nicht. Weder hab ich den Ruff von der Brücke geworfen, noch hab ich seine Leiche hinterher mit Roberts Motorrad zum Filz rübergekarrt. Ehrlich nicht!« Er hielt kurz inne. »Da fällt mir etwas ein … Die sind mit Motorrädern hier vorbeigekommen, sagten Sie?«
Hansen nickte.
»Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es kann sein, dass ich die Mopeds gehört habe. Das muss gegen halb elf gewesen sein. Die Talkshow lief schon, und ich bin, glaube ich, sogar vom Lärm der beiden Maschinen aufgewacht. Aber warten Sie … Ich hab eine Weile gebraucht, bis ich wieder so wach war, dass ich ins Bad konnte. Und als ich schließlich im Bett lag und gerade beim Einschlafen war, kam es mir so vor, als würde draußen eines der Motorräder noch einmal vorbeiknattern – aber da war ich schon fast weggedöst, ich kann Ihnen leider nicht sagen, in welche Richtung das unterwegs war. Das müsste etwa eine halbe Stunde später gewesen sein.«
Diesmal gab es bei der Soko-Besprechung immerhin Neuigkeiten. Sepp Kleinauer machte mit den Ergebnissen seiner Leute den Anfang.
»Die Dreckspuren an den Motorrädern von Schwarzacker und Gabler stammen definitiv vom Wanderweg, der von der Lechbrücke in das Waldstück führt. Das würde darauf hindeuten, dass die Täter mit diesen beiden Maschinen durch den Wald gefahren sind. Blut von Ruff – inzwischen steht fest, dass es von ihm stammt – haben wir aber nur auf der Maschine von Schairer feststellen können.«
»Super«, brummte Scheithardt. »Haben wir jetzt plötzlich drei Täter oder was? Na ja, dieser Schairer scheint auf jeden Fall nicht zu ihnen zu gehören. Die Kollegen haben sein Kennzeichen durch den Computer gejagt: Schairer wurde kurz vor neunzehn Uhr am Stadtrand von Kaufbeuren von einem Infrarotblitzer erwischt. Er war auf der B 16 innerorts zwanzig Kilometer zu schnell unterwegs. Knapp zwanzig Minuten später bucht die Bedienung in einer Pizzeria im sechs Kilometer entfernten Biessenhofen die Essensbestellung von Schairer ein.«
»Aha? Und woher wissen die eine Woche später noch so genau, dass das die Bestellung von Schairer war?«
»Halb Zufall, halb nicht. Daran, dass es Schairer war, erinnert sich die Bedienung deshalb, weil er häufiger dort isst und jedes Mal ein Riesengewese drum macht, seine Pizza auch nur ja ohne die übliche Tomatensoße zu bekommen. Und daran, dass es genau Donnerstag, der 6. Juni, war, erinnert sie sich, weil sie da ihren zehnten Hochzeitstag hatte und wütend war, dass der Wirt sie kurzfristig ausgerechnet für diesen Abend angefordert hatte.«
»Und wie lange ist er geblieben?«
»Kurz nach halb zwölf hat er bezahlt, dazu gibt es natürlich auch einen Kassenbeleg mit Uhrzeit. Und er war den ganzen Abend dort, nur zwischendurch zweimal kurz auf der Toilette. Ohnehin hat sich die Bedienung gewundert, dass Schairer noch unfallfrei nach Hause gekommen ist.«
»Okay, wieder einer weniger. Haben Sie ihn schon rausgelassen?«
»Ja«, sagte Scheithardt.
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