Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
»Eine Streife bringt ihn gerade heim und wird dableiben, um ihn noch eine Zeit lang zu beobachten, man weiß ja nie. Also, wir haben drei Motorräder, die in diesen Mordfall verwickelt zu sein scheinen – aber wir haben niemanden, der sie gefahren haben will. Sauber!«
»Gehen wir doch noch einmal durch, was wir bisher wissen«, schlug Hansen vor. »Pröbstl hat beobachtet, wie die beiden Männer Ruff übers Geländer geworfen haben. Nehmen wir mal an, dass sie eigentlich hofften, der Sturz von Ruff würde irgendwie als Unfall eingestuft. Er hatte ja Wein intus, und normalerweise hätte niemand einen Mord angenommen. Nun hat aber Pröbstl das Ganze gesehen, die beiden Täter haben ihn bemerkt – also mussten sie improvisieren. Pröbstl war so schnell weg, dass sie ihn nicht erkennen, geschweige denn beseitigen konnten, deshalb musste die Leiche weg.«
»Also haben sie den Ruff in dieses Moor geschafft«, sagte Kleinauer.
»Genau, und dabei haben Sie sich nicht mal besonders geschickt angestellt«, meinte Hansen. »Vielleicht wollten sie den Toten nur für die ersten paar Tage verstecken, danach hätten sie die Zweige weggenommen, und der erstbeste Wanderer hätte die Leiche entdeckt.«
»Das hat aber nicht geklappt.«
»Und es war ja auch nicht gerade geschickt eingefädelt. Wir suchen also nach zwei Männern, die nicht besonders clever sind und denen man eher die gröberen Jobs anvertraut. Das hieße aber: Hinter den beiden Tätern steckt jemand, der den Mord in Auftrag gegeben hat. Der wiederum wird sich ziemlich sicher nicht in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben, sondern hat sich bestimmt ein wasserdichtes Alibi besorgt.«
»Das glaube ich auch – aber was machen wir mit dem dritten Motorrad?«, gab Scheithardt zu bedenken. »Gab es noch einen dritten Mann vor Ort, der vielleicht nicht auf der Brücke dabei war, aber später auf dem Waldweg?«
»Die beiden Männer, die Ruff von der Brücke gestoßen haben, müssen irgendwo ihre Motorräder abgestellt haben, mit denen sie hergekommen sind, vermutlich in Lechbruck und in Gründl. Als Ruff tot war, werden sie mit ihren Maschinen runter zum Ufer gefahren sein. Die Leiche muss aufgehoben, ein Stück weggetragen und mit einem Gürtel oder etwas Ähnlichem an einem der Fahrer festgebunden werden – dazu braucht man zwei Leute. Außerdem wurden ja noch die Spuren von Ruffs Aufprall verwischt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein dritter Mann mit dem Motorrad zum Ufer runterfährt – der würde doch nur unnötig Spuren auf dem Wanderweg hinterlassen, und als reiner Fluchtweg ist der Pfad durch das Waldstück nun wirklich nicht geeignet.«
»Lassen wir das dritte Motorrad mal kurz beiseite«, schlug Scheithardt nun vor. »Als Ruff von der Brücke gestürzt ist, war es etwa sieben Uhr oder halb acht – da ist es um diese Jahreszeit noch taghell. Aber keiner der Anwohner hat gesehen, wie die Leiche weggeschafft wurde.«
»Mit dem Abtransport werden sie gewartet haben, bis es dunkel ist«, meinte Hansen.
»Aber die können doch nicht einfach den toten Ruff am helllichten Tag drunten am Ufer liegen lassen und seelenruhig abwarten, bis es dunkel genug ist, ihn wegzuschaffen! Wann ging denn am 6. Juni die Sonne unter?«
»Um elf nach neun«, sagte Haffmeyer wie aus der Pistole geschossen. Alle schauten ihn an, aber er zuckte nur die Schultern. »Steht irgendwo in den Akten, ich kann mir so was halt gut merken.«
»Gut«, fuhr Scheithardt grinsend fort. »Die beiden Typen wären aber ganz schön abgebrüht, wenn die in aller Ruhe gut zwei Stunden abwarten.«
Hansen schüttelte den Kopf. »Vielleicht ist ihnen ja auch nicht gleich eine Lösung für ihr Problem eingefallen – wir hatten ja bisher den Eindruck, dass die beiden nicht unbedingt die Hellsten sind.«
»Ja, und?«
»Die sehen also Pröbstl wegrennen, erkennen ihn aber nicht. In Lechbruck und Gründl weiß aber offenbar jeder, wer Pröbstl ist, und hätte ihn selbst über eine größere Entfernung erkannt. Also vermute ich, dass unsere beiden Helden weder aus Lechbruck noch aus Gründl sind. Das hieße, dass sie auch nicht zwingend wissen müssen, wie man am schnellsten auf diese Landzunge oder von ihr herunter kommt. Vielleicht haben sie sich auf ihre Motorräder geschwungen und zuerst einmal versucht, den Zeugen abzufangen. Dabei könnte der eine die Straße in Richtung Prem genommen haben, und der andere könnte in Richtung Helmenstein am Lech entlanggefahren sein. Bis der Mann auf
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