Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
oder?«
Robert Gabler sah ziemlich fertig aus, aber nun breitete sich auf seinem übernächtigten Gesicht ein erleichtertes Grinsen aus. Die Ermittlungen der Kollegen hatten gestern Abend und heute früh tatsächlich ergeben, dass alle Details von Gablers Aussage stimmten.
Die Befragungen in Steingaden waren etwas speziell gewesen, und die mit der Überprüfung beauftragten Beamten hatten schnell gemerkt, dass die so lustig klingende Aufgabe vor allem eines war: peinlich. Denn ob nun der Mittfünfziger mit Bierbauch befragt werden musste oder die fünfundzwanzigjährige Blondine mit den markanten Kurven: Niemand fand es angenehm, die Details seines Liebeslebens preiszugeben, und der eine oder andere Polizist bekam dann doch rote Ohren, wenn er zum wiederholten Mal nachfassen musste, wer wann welche Ferkeleien gerufen hatte.
»Ich weiß nicht, ob das so schnell geht«, sagte Hansen. »Schließlich haben wir an Ihrem Motorrad Erde gefunden, die eindeutig von einem Wanderweg in der Nähe des Lechufers stammt – also ganz in der Nähe des Tatorts.«
»Und wo ist dieser Tatort?«
»Ein Mann wurde Donnerstagabend von der Brücke zwischen Gründl und Lechbruck gestoßen, und danach wurde seine Leiche mit einem Geländemotorrad wie Ihrem weggeschafft – und zwar auf dem Uferweg, von dem der Dreck an Ihren Reifen stammt.«
»Scheiße«, entfuhr es Gabler. »Aber dort drunten war ich ganz sicher nicht, zumindest nicht in den letzten paar Wochen – und schon gar nicht mit dem Moped. Ich bin eher rund um Steingaden unterwegs, ab und zu heize ich rüber nach Gründl, auf dem kleinen Weg am Premer Filz vorbei, und dann auf einer anderen Strecke wieder zurück – entweder auf der Hauptstraße direkt von Gründl nach Steingaden oder über einen der Feldwege bis zur B17 und dann heim.«
»Na, sehen Sie, Herr Gabler: Wenn Sie die Straße Gründl – Steingaden nehmen, kommen Sie direkt an der Lechbrücke vorbei.«
»Oh, stimmt.« Er biss sich auf die Lippe. »Aber ehrlich, Herr Kommissar, ich war noch nie mit meinem Moped dort unten am Lechufer, ganz ehrlich, glauben Sie mir das bitte!«
»Und wie kommt dann der Dreck von dort an Ihr Motorrad?«
Gabler zuckte mit den Schultern. »Ich bin nicht der Einzige, der dieses Moped fährt.«
»Wer noch?«
»Mein Onkel Heiner leiht es sich ab und zu aus, ich verstecke deshalb den Schlüssel unter dem Sattel. Dann kann er sich das Ding nehmen, wenn er es braucht.«
Hansen stutzte. Das war ja ein tolles Versteck, wenn alle dieselbe Stelle nutzten.
»Das hat mir mein Nachbar, Klaus Wulfgartner, mal geraten. Der hat mir erzählt, dass es sein Freund auch so macht: immer den Schlüssel unter dem Sattel. Ach, stimmt, dann könnte Klaus die Karre ja auch ausgeliehen haben.«
»Oder einer seiner Kumpels – insgesamt reden wir von sechs Männern, die übrigens mit demselben Schlüsselversteck auch ein anderes Geländemotorrad abwechselnd nutzen. Dazu Ihr Onkel und alle anderen, denen wiederum er vielleicht von dem Versteck erzählt hat.«
»Oha! Das ist nicht gut für Sie, oder?«
»Nein, gar nicht.«
»Aber für mich, stimmt’s?«
Hansen nickte.
»Dann kann ich jetzt gehen?«
»Sie stehen nicht mehr unter Verdacht, aber ich möchte Ihnen noch ein paar Fragen stellen.«
»Meinetwegen.«
»Können Sie sich noch erinnern, wann Sie Ihr Motorrad vor Donnerstagnachmittag zuletzt gesehen haben?«
Gabler überlegte. »Ganz sicher bin ich mir nicht, weil ich den Donnerstag vor allem vor dem Fernseher verbracht habe, aber als ich am späten Nachmittag rausgegangen bin, so gegen fünf, müsste es noch dagestanden sein. Da bin ich mir eigentlich ziemlich sicher. Und gegen halb eins bin ich zurückgekommen, da stand es, glaube ich, auch da – aber das kann ich nicht beschwören.« Er sah Hansen an. »Wann ist der Mord denn passiert?«
Hansen dachte kurz nach. Gabler hatte sein Alibi zeitlich präzisiert, ohne von der Tatzeit zu wissen – nun gab es eigentlich keinen Grund mehr, ihm die Informationen vorzuenthalten. Vielleicht kannte er das Opfer ja sogar.
»Gegen neunzehn Uhr wurde der Lechbrucker Pferdezüchter Thomas Ruff von der Brücke gestürzt, und als meine Kollegen gegen dreiundzwanzig Uhr am Ufer nachsahen, war die Leiche bereits fortgeschafft worden.«
»Hoppla, das sind ja vier Stunden! Ich hatte mir die Kripo irgendwie schneller vorgestellt.«
»Es gab Gründe für die Verzögerung, das muss Ihnen reichen.«
»Ermittlungstaktische Gründe?«
»Mehr oder
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