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Rost

Titel: Rost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Meyer
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Land auf
einem absteigenden Ast, vielleicht zum ersten Mal in unserer Geschichte, und
das liegt nicht an den Kids mit grünen Haaren und mit Piercings in der Nase.
Ich persönlich magdas nicht, ich halte solche Dinge aber schlicht für unvermeidlich.
Dass der Durchschnittsbürger keinen Job mehr hat, in dem er gut sein kann, da
liegt doch das Problem. Verlierst du das, verlierst du auch das Land.«
    »Was ist los, redet deine Frau nicht mehr mit dir?«
    Patacki sagte: »Ich bin alt und fett. Ich spekuliere und ich theoretisiere.«
    »Trink doch einfach mehr«, riet Harris. »Oder nimm dir eine Praktikantin.«
    »Tu ich schon. Und sollt ich machen.«
    Eine Weile war es ruhig. Es gab andere Leute, die auf ihren Booten
saßen und die stille Szenerie betrachteten – die Küstenlinie, die Sonne, die
vom Wasser reflektiert wurde –, bei einem Drink, wie Harris und Patacki. Viele
Boote blieben immer hier vor Anker liegen, das Benzin war viel zu teuer. Die
Besitzer fuhren in den Yachthafen, um sich aufs Boot zu setzen und etwas zu
trinken, danach fuhren sie nach Hause, ohne dass der Motor auch nur einmal
angelassen wurde.
    »Wer wird abgeschossen?«, fragte Glen Patacki.
    »Haggerton. Und Miller und Borkowski.«
    »Nicht der Neue?«
    »Der schafft mehr Polizeiarbeit weg als das restliche Revier zusammen.«
    »Bloß dass Miller und Borkowski schon Lieutenants sind.«
    »Nur Miller«, sagte Harris. »Weil Borkowski dauernd durch die Prüfung
rasselt. Ganz zu schweigen davon, dass der Neue unbezahlte Überstunden macht,
noch mal so viel wie seine Dienstzeit.«
    »Du wirst Zoff mit der Gewerkschaft kriegen.«
    »Damit komm ich klar.«
    »Ist der Chinese, oder?«
    Harris nickte.
    »Merkt man gleich, dass du ihn magst«, sagte Patacki. »Das ist gut.«
    »Denk schon.«
    »Erlaube mir noch eine abschließende Abschweifung.«
    »Wie abschließend?«
    »Ich würde dir gern von dem besten Job erzählen, den ich jemals
hatte.«
    »Wie komme ich nur auf den Verdacht, es handelt sich um den
Verwaltungsbezirk Nummer 8 ?«
    »Nein, weit gefehlt. Es war bei Sealtest Dairy ,
in der Eiskremproduktion. Von ’ 64 bis ’ 67 , noch bevor ich Polizist wurde. Das riesige Gebäude,
hätte auch ein Stahlwerk sein können, nur dass man nach der Stechuhr erst mal
frische Sachen anzog und dann unter einem blauen Licht durchmusste, erst dann
durfte man irgendwas anfassen. Und schmutzig durfte man sich überhaupt nicht
machen. Große Wannen voller Pistazien und frischen Früchten, Pfirsiche und
Kirschen, alles, was man sich nur denken konnte, wurde dort zusammengerührt.
Die Maschinen und das alles, Eiskrem vorm Gefrieren, ich vermute, so was hast
du nie gesehen, und ich sag dir, es ist unvergleichlich.« Glen nahm einen
Schluck von seinem Drink. »Da drin zu sein war einfach himmlisch. Wenn die
Ladung fertig war, wurden die Fässer zum Gefrieren aufgestapelt, und manchmal,
wohl durch die Feuchtigkeit der ständig auf und zu gehenden Tür, fing es in dem
Gefrierraum tatsächlich zu schneien an, die Eiskrem steht gestapelt bis zur
Decke, und es schneit auf dich herab, mitten im Sommer. Du machst Eiskrem, und
es schneit auf dich herab, und du schaust raus, da ist es 30 Grad und sonnig. Diesen Job mache ich sofort wieder, wenn ihn mir wer anbietet.
Es war echt himmlisch.«
    Glen griff in den Eiskühler, nahm ein paar Eiswürfel heraus, füllte
sein Glas auf und gab einen weiteren Schuss Gin hinein. »Hast du grad die
Limetten?«
    »Wär ich niemals drauf gekommen«, sagte Harris und gab Glen einen
Limettenschnitz.
    »Ich fürchte nur, wollte ich damit sagen, du hast einen Weg gewählt,
wo du dir vielleicht besser überlegst, ob du so einenJob kennst, den du
gerne wieder machen würdest. Falls es nicht schon schlimmer ist, als ich gehört
habe.«
    »Es ist nicht schlimmer«, sagte Harris.
    »Nicht?«
    Er wusste: Glen Patacki konnte ihn mit Leichtigkeit durchschauen.
Und sein Nicken war ein Akt der Freundlichkeit.
    »Dann wird es schlimmer, das ist immer so, mein Lieber. Gute Taten
bleiben niemals ungestraft.«

5 . Poe
    Als er an seinem dritten Tag den Freiganghof betrat, folgte er
Dwayne, der Hof war voller Insassen, allein oder in kleinen oder großen Gruppen
gingen sie immer im Kreis, und jeder war mit etwas anderem beschäftigt – wie
sein Platz im Leben sich verbessern ließ, wo alles, was man kriegen konnte,
einem anderen weggenommen werden musste. Trotzdem blieben die DC -Blacks strikt auf ihrer Seite, und Poe fand die weiße
Ecke absolut

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