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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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geantwortet?«
    »Dass er das wohl gerne hätte.«
    »Er ist nie wieder darauf zu sprechen gekommen?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Bitte denken Sie nach. Vor dem Hintergrund eines Mordes bekommen die Dinge eine neue Bedeutung.«
    Hanna Goldmann lächelte. »Mit wie vielen Morden hatten Sie schon zu tun?«
    Albin dachte an die abgegriffenen Krimis in der Bibliothek der Jugendstrafanstalt Waldau. »Man muss kein alter Hase sein, um das zu wissen«, sagte er.
    Sie nickte. »Sie haben Recht. Aus heutiger Sicht ließen sich einige Gespräche zwischen Marko und mir wohl anders interpretieren.«
    »Zum Beispiel?«
    Hanna Goldmann antwortete langsam und mit nach innen gerichtetem Blick. »Kurz vor seinem Verschwinden sagte er, dass bald jemand sterben würde. Ist das nicht merkwürdig?«
    »Das ist sogar sehr merkwürdig. Wie meinte er das?«
    »Er hatte eine Vorahnung. Ich glaube, es war auf einem Spaziergang am Beethovenweg bei Guntramdorf.«
    »Für mich klingt es, als wäre er in ein Verbrechen verwickelt gewesen.«
    Hanna Goldmann schüttelte den Kopf. »Er war so. Er konnte spontan Dinge sagen, die in keinem Zusammenhang standen. Oft wollte er nur ihren Klang und ihre Wirkung ausprobieren. Er betrachtete seine Mitmenschen als Testpersonen für Werbeideen. Werbung war sein Leben. Jedenfalls hatte er kaum ein anderes.«
    »Das glaube ich nicht. Er kündigt einen Todesfall an und Sie denken sich nichts dabei?«
    »Vielleicht war es auch nur einer seiner depressiven Momente. Die hatte er oft, wenn er sich ausnahmsweise entspannte. Er trauerte seiner Jugend nach. Ich erinnere mich an einen eisigen Tag im Prater. Ständig flogen Schwärme von Saatkrähen über unsere Köpfe hinweg. Er zeigte auf die anderen Spaziergänger und fragte mich, ob mir klar sei, dass sie alle in fünfzig Jahren als Gerippe in faulenden Särgen unter der Erde liegen würden.«
    »Erzählen Sie mehr von Markovics«, bat Albin. »Was für ein Mensch war er?«
    »Er sah unglaublich gut aus«, sagte sie. Ihr Blick glitt kurz zum Dachfenster hinauf. »Andererseits machte er sich dauernd Sorgen. Dass er zu dick werden könnte, zum Beispiel. Besonders seit seinem vierzigsten Geburtstag. Er trainierte viel. Er schwamm und lief und im Sommer fuhr er in den Donauauen und im Wienerwald Rad. Er protestierte, wenn ich ihm süße Sachen anbot, obwohl er sie mochte. Die Hüften waren seine Schwachstelle. Sie wurden im Winter weich, obwohl er sonst zäh wie Leder blieb. Wenn ich Bilder von ihm zeichnete, fand er immer, dass sein Bauch in Wirklichkeit kleiner war. Er hatte auch diesen Tick mit Schwarz.«
    »Schwarz?«
    »Er trug schon als Teenager nur schwarze Kleidung. Als das in Mode kam, war er richtig wütend, weil er auf einmal in der Masse unterging.«
    »Wie lange kannten Sie ihn?«
    »Jahrelang«, sagte Hanna Goldmann. »Viel zu lange.«
    »Entweder war Markovics oberflächlich, oder Ihre Beschreibung ist es.«
    Hanna Goldmanns Blick war inzwischen starr geworden. »Abgesehen von seiner Kleidung war ihm sein Alfa das Wichtigste. Er fühlte sich von der Welt betrogen, als er erfuhr, dass dessen Motorengeräusch von Klang-Designern entwickelt worden war. Vielleicht würde sein Wagen in Wirklichkeit wie ein Opel klingen und er wisse es gar nicht, meinte er.«
    »Das Klischee eines Werbemenschen.«
    »Manchmal hatte er auch Angst«, sagte Hanna Goldmann. »Dass er als Texter uninteressant werden könnte. Schrott am Arbeitsmarkt. Er wollte etwas Neues machen und fürchtete gleichzeitig, dass es dafür schon zu spät war. Besonders schlimm wurde das, als er eine Pensionsvorsorge-Kampagne für eine Versicherung machte. Das war Salz auf seinen Wunden. Er wollte unterschwellig an die Torschlusspanik von über Vierzigjährigen appellieren und manövrierte sich immer mehr in seine eigene hinein.«
    »Trotzdem besteht kein Mensch bloß aus Oberfläche mit nichts als Altersfrust darunter.«
    Hanna Goldmann zuckte die Schultern. »Nehmen Sie seine Affären. Hübsche Puppen oder Frauen, die sich so behandeln ließen.«
    Sarah hatte gemeint, einer Frau seien die Seitensprünge eines Mannes nur dann egal, wenn ihr der Mann egal sei. »Sie waren nie eifersüchtig?«, fragte er.
    »Ich wollte gar nicht wissen, mit wem er es trieb.«
    »Woher wussten Sie es dann?«
    »Er selbst wollte mir unbedingt von seinen Liebschaften erzählen. Er tat so, als handle es sich um welche vor meiner Zeit.«
    »Was hat er erzählt?«
    »Sie fragen sehr direkt.«
    »Ich muss mir ein Bild

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