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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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Dacia?«
    »Ist das die Tote?«
    »Es bleibt unter uns?«
    »Natürlich.«
    Gregoritsch schien von diesem ersten Schritt zur Verschwörung angetan zu sein.
    »Sie ist es. Mehr weiß ich im Moment auch noch nicht.«
    »Markovics’ geheimnisvolle Schreibkraft also. Selbst das schreibt niemand. Leider orientieren sich Medien nur noch an den Werbekunden. Leichen inserieren nicht.«
    Albin legte vor der Sauna seine Kleidung ab und stellte sich kurz auf die Waage. Einundsiebzig Kilogramm. »Was wissen Sie über Olga Dacia?«, fragte er.
    Gregoritsch antwortete wie aus der Pistole geschossen. »Für Marko war sie sein guter Geist. Er hat oft von ihr gesprochen und manchmal sogar mit ihr geprahlt. Sie war nicht nur praktisch, sondern auch eine Art Statussymbol für ihn. Ein Zeichen dafür, dass seine Ideen wertvolles Gut waren. Er nannte sie manchmal die einzige wirklich bedeutende Frau in seinem Leben.«
    Die Steine in dem kleinen Eisenofen der Sauna knackten schon. Albin füllte den für den Aufguss vorgesehenen und leicht nach Kamille riechenden Plastikeimer mit Wasser. »Wann hätten Sie Zeit für ein Treffen?«, fragte er Gregoritsch, nur um das Gespräch zu einem Ende zu bringen.
    Sie verabredeten sich für Dienstag. Vorher wollten sie noch telefonieren. »Sie werden es nicht bereuen«, sagte Gregoritsch.
    Ein Spinner, dachte Albin, der zu frösteln begonnen hatte. Er hatte Gregoritsch von Anfang an für einen Spinner gehalten. War er auch ein Mörder?
    »Kollege Fischer …«, sagte May, als Albin am Montagvormittag bei ihm auftauchte. May lachte, als hätte er schon mit dieser Begrüßung einen Witz gemacht. »Wieder eine Leiche entdeckt?«
    Der Chronikchef kam Albin aus unerfindlichen Gründen verändert vor. Vielleicht hatte das Wochenende seine Stressfalten geglättet. »Diesmal habe nicht ich sie gefunden«, sagte er. »Der Fall wird immer dramatischer.«
    May war schon wieder bei seinen Morgenzeitungen. »Eine seltsame Geschichte ist es schon«, sagte er abwesend. »Diese Woche sollten wir etwas machen.«
    »Ich habe Fotos.«
    May las ungerührt weiter. »Wir reden nach der Sitzung.«
    Jetzt begriff Albin, was Mays Äußeres verändert hatte. Offenbar hatte er sich seine wenigen weißen Haare aus der schwarzen Frisur geschnitten oder sie dunkel gefärbt. Albin fand, dass er vorher besser ausgesehen hatte. »Der Mörder hat aus der Toten eine irre Skulptur geformt«, sagte er.
    »Willst du die Geschichte etwa im Kulturteil abhandeln?«
    Albin wandte sich zum Gehen.
    »Kollege …«, rief ihm May nach.
    Albin drehte sich nicht um.
    »War nur ein Scherz. Alles klar?«
    »Alles klar.«
    Albin wollte die Dinge positiv sehen. Wenn bei der mächtigen Dornbacher Gruppe Journalisten mit der Führungskompetenz eines Richard May leitende Positionen einnehmen konnten, war in dieser Branche wahrscheinlich leicht Karriere zu machen. Eigentlich schade, dass er das gar nicht vorhatte.
    Um 10.30 Uhr versammelte sich die Wirtschaftsredaktion zu ihrer wöchentlichen Ressortsitzung. Vogel warf einen grimmigen Blick in die Runde. »Letzte Woche haben wir ausgelassen. Wir brauchen mehr Exklusivgeschichten.“
    »Albins Geschichte wurde im Merkur zitiert«, wandte Gerd Fleischhacker ein.
    »Ich habe es gesehen.« Vogels Stimme war schon wieder milder. Bei Vorstößen wie diesem ging ihm immer rasch die Luft aus. Er konnte zwar nicht loben, dafür aber auch nicht tadeln.
    »Ich schreibe diese Woche etwas für die Chronik«, sagte Albin. Der Augenblick schien ihm dafür günstig.
    Vogels Stirn legte sich wieder in Falten. »Diese Mordgeschichte?«
    »Ich habe mit May gesprochen.«
    »Ich auch. Kann es sein, dass du dich da in etwas hineinsteigerst?«
    »Ich habe gute Informationen.«
    »Wir werden sehen. Was machst du in der Wirtschaft?«
    »Wir könnten etwas über die eingesessenen Wiener Kaffeehäuser bringen. Wie sie unter den internationalen Ketten leiden.«
    »Schon wieder eine Kaffeehausgeschichte?« Vogel verzog das Gesicht und sah fragend den Volkswirtschaftler Michael Reith an.
    »Ich finde das interessant«, sagte Reith, der gerne in Kaffeehäuser ging.
    »Leiden die überhaupt?«, fragte Vogel. »Ich war vorgestern im Café Museum, da war es knallvoll.«
    »Ich glaube, das Museum wird dichtgemacht«, sagte Albin.
    »Wirklich? Dann ist das die Geschichte.«
    »Es wird nur umgebaut«, sagte Daniel.
    Vogel hatte schon angesetzt, um den Vorschlag auf seine Liste zu schreiben, und ließ die Hand wieder sinken. »Was gibt es

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