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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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sonst noch?«
    Am Ende bekamen Albin und Daniel den Auftrag, sich um prominente österreichische Steuerflüchtlinge zu kümmern. Vogel hatte in einem Schweizer Wirtschaftsmagazin einen Bericht über die fünfhundert reichsten Eidgenossen gelesen. Unter denen fand sich ein Dutzend vermeintlicher Österreicher mit Hauptwohnsitz im steuergünstigen Nachbarland.
    Kurz vor Schluss der Sitzung fiel Albins Blick auf das Deckblatt der Wiener Zeitung. Zuerst glaubte er an eine Täuschung. Er zog das Blatt näher heran. Es stimmte: »Verhaftung im Heidentor-Mord«, lautete eine Überschrift. Wie gut, dass May nicht über den Fall sprechen wollte. Es wäre zu peinlich gewesen, wenn Albin nicht einmal gewusst hätte, was schon in den Zeitungen stand.
    Eilig las er den Artikel durch: Am Sonntagnachmittag war ein namentlich noch nicht bekannter Verdächtiger in Untersuchungshaft genommen worden. Der Autor des im unteren Teil der zweiten Chronikseite platzierten Zweispalters bezog sich auf Informationen aus Polizeikreisen. An zwei Stellen rühmte er sich der Exklusivität seiner Meldung.
    »… und überhaupt«, sagte Vogel, »möchte ich um mehr Aufmerksamkeit bitten. Wir sammeln hier nicht nur Ideen, wir sollten sie auch gemeinsam diskutieren.“
    Offenbar war dem Ressortleiter eine Laus über die Leber gelaufen. Albin wollte die Zeitung rasch weglegen, da erhoben sich schon alle. Fleischhacker klopfte ihm tröstend auf die Schultern.
    Sekunden später war Albin am Telefon und rief Bergmann an. Der Chefinspektor ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. Auch er schien einen schlechten Tag zu haben. »Wie können Sie Fotos von einem Tatort in einem Schnell-Labor entwickeln lassen?«, schimpfte der Polizist. »Halten Sie das vielleicht für professionell? Ich konnte nur mit knapper Not die Fahndung nach Ihnen verhindern.«
    »Danke«, sagte Albin. »Was ist mit …«
    »… der Verhaftung?« Bergmann kehrte zu seinem gewohnten Tonfall zurück. »Der Artikel ist aus einer Indiskretion entstanden. Ich hatte deswegen schon Unannehmlichkeiten. Wer ist Ursi Plank?«
    Ursi Plank schrieb für den Gesellschaftsteil des Report, war auf jeder Party zu finden und so sehr hinter den oberen Zehntausend der Stadt her, dass sie sich ganz selbstverständlich dazuzählte. »Wieso fragen Sie?«
    Der Chefinspektor legte eine dramaturgische Pause ein. »Sie hat eben angerufen.«
    Albin schluckte. Vor dem Wechsel in das leichtere Fach war Ursi Plank Gerichtsreporterin gewesen. Für prestigeträchtige Fälle fühlte sie sich anscheinend noch immer zuständig.
    »Mögen Sie Ihre Kollegin etwa nicht?«
    »Kein Problem.«
    Fünfzehn Jahre zuvor hatte Ursi Plank viel hergemacht. Inzwischen war sie mit den Implantaten in der Oberweite und den blond gefärbten Haaren auf der Flucht vor dem Alter. Noch immer befleißigte sie sich der Koketterie einer Zwanzigjährigen und wirkte damit vor allem schrill. Immer öfter löste sie leises Mitleid, Nachdenklichkeit und Unbehagen aus. »Sie ist gierig, verschlagen und hemmungslos«, hatte Fleischhacker einmal über sie gesagt. »Wenn sie auch noch Intelligenz besäße, wäre sie ein echtes Problem.«
    Chefinspektor Damian Bergmann räusperte sich. »Will man Ihnen den Fall wegnehmen?«
    »Es muss ein Irrtum sein«, sagte Albin unbehaglich. May hatte es offenbar nicht für nötig gehalten, ihn über die Recherche seiner Kollegin zu unterrichten.
    »Ich habe ihr kein Wort gesagt«, beruhigte ihn Bergmann in vertraulichem Tonfall. »Was halten Sie von heute Nachmittag, 14 Uhr, gleicher Ort?«
    »Danke«, sagte Albin. »Danke.«
    »Nur die Ruhe.«
    »Danke.«
    »Ich rede nicht mit jedem. Sie sind eine Ausnahme, seit ich mich über Sie erkundigt habe.«
    »Ihr Lob ehrt mich«, sagte Albin.
    Wenn er an Arno, Mark, Lara und Laras Bruder Carl, seine Mittäter von einst dachte, wurde ihm schlecht. Sie hatten sich mit den Positionen ihrer Väter wie mit bunten Wimpeln geschmückt. Ein Primararzt am Wiener Friedrichs-Krankenhaus, ein Leiter eines renommierten Schmerztherapie-Zentrums und ein Jurist und Vorstand von Privatstiftungen bekannter Milliardäre.
    »Aus Fehlern lernt man«, sagte der Chefinspektor mit sanfter Stimme. »Sie hatten eben sehr viel zu lernen.«
    Albin spürte, wie sein uneingestandenes Vertrauen zu Bergmann wuchs.
    »Sie haben sich nie schuldig bekannt«, bemerkte der Polizist.
    Das hatte Albin tatsächlich nicht, obwohl er mit seinen beharrlichen Unschuldserklärungen im Strafvollzug mit den Wölfen geheult

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