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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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sagte er beim Abschied.
    »Vielleicht finde ich den Fronleichnamsmörder noch«, sagte Zimmermann. »Das Manuskript ist nach der Rücksendung wieder auf meinem Schreibtisch gelandet. Mit der Adresse stimmte irgendetwas nicht. Gregoritsch könnte es haben. Es fiel in die Zeit, in der er mich abgelöst hat.«
    »Machen Sie sich deshalb keine Mühe.«
    »Sie halten es für unwichtig. Verständlich. Mir sagt trotzdem eine innere Stimme, dass es einen Zusammenhang geben könnte.«
    Albin sah Zimmermann in die Augen. Er konnte nichts von dessen innerer Stimme hören. Was freilich auch ein Wunder gewesen wäre.

 
    Kapitel 11
     
    Es gab immer wieder Momente, in denen Albin das Fitnessstudio in seiner unüberblickbaren Weite gespenstisch fand. Kraftmaschinen wurden dann zu Gestalten mit verrenkten Gliedmaßen, die in der Unendlichkeit zwischen zwei Spiegeln umherspazierten. Die aus der Stadt hereinhuschenden Lichtreflexe waren wie Botschaften, die sie sich gegenseitig schickten. Hinter dem Pult am Empfang, oben bei den Duschen oder ganz hinten bei der Reckstange unter den Stiegen schien unmittelbare körperliche Gefahr zu lauern.
    Albin kannte den Punkt in seinem Kopf, an dem die Angst begann. In letzter Zeit hatte er oft genug geübt, sich an ihm vorbeizustehlen. So auch jetzt, als er von seinem Treffen mit Zimmermann nach Hause kam: Der Mörder selbst hatte ihn in jener Nacht zum Tatort gelockt. Vielleicht wusste er auch schon, wo er wohnte, und schlich im Haus umher.
    Er griff zum Telefon. Jetzt mit Sarah über harmlose Dinge zu sprechen würde Balsam für seine Seele sein. Über ihre nächste Prüfung, ihren nächsten Ausflug, über irgendetwas, was kommen würde, wenn dieser Mord abgeschlossen hinter ihnen lag.
    Beim Wählen ihrer Nummer musste er an ihre Lippen denken. Sie hatte volle, dunkelrote Lippen, die an den Rändern ins Violette spielten. Er legte rasch wieder auf. So hatte es keinen Sinn. Was immer sie verband, es gab ihm Kraft. Genau genommen war es ihm das Wichtigste im Leben. Jede Veränderung in ihrer Beziehung hätte das vielleicht gefährdet.
    Mit diesem Gedanken ging er schlafen. Die Angst war weg. Andere Dinge beschäftigten ihn.
    »Mein Name ist Albin Fischer. Ist Herr Gregoritsch zu sprechen?«
    »Er ist krank.«
    Gregoritschs Sekretärin im Verlag, die Albin am nächsten Morgen von der Redaktion aus anrief, klang schroff.
    Albin wollte wissen, weshalb ihm Gregoritsch den Plan für ein Buch rund um das tote Schwein vorenthalten hatte. »Wann erwarten Sie ihn zurück?«, fragte er.
    »Er ist, wie gesagt, krank.«
    »Dann versuche ich es bei seinem Mobiltelefon.«
    Der Besitz von Handynummern war der beste Weg, spröde Sekretärinnen zu demütigen. Er legte auf und bemerkte im gleichen Moment, dass Vogel hinter ihm stand. »Betätigst du dich schon wieder als Kriminalist?«
    Albin tauschte einen kurzen Blick mit Daniel aus.
    »Ich wollte nicht zuhören«, sagte Vogel. »Kommst du kurz in mein Büro?«
    Das konnte nichts Gutes bedeuten. Auch wenn Vogel kein Mann für drakonische Maßnahmen war. Er mimte eher den ganz normalen Kollegen mit einer lästigen Zusatzverantwortung und überließ unerfreuliche Entscheidungen anderen.
    »Er lässt schon die ganze Woche den Chef heraushängen«, flüsterte Daniel. »Vielleicht haben sie ihm in einem Seminar für Führungskräfte eingeredet, dass er die Sache bisher zu locker angegangen ist.«
    »Vielleicht führt er Stechuhren ein.«
    »Zuhören und in seinen Pausen ja sagen ist die beste Methode«, erklärte Daniel. »Wer dich später einmal als Chef so behandelt, hält dich für ein Arschloch. Das kannst du dir schon für die Zukunft merken.«
    Vogel bot Albin einen Platz auf einem der violetten Designerstühle an, mit denen die Büros der Ressortleiter ausgestattet waren und die aussahen, als würden sie bei einer falschen Bewegung zusammenbrechen.
    »In letzter Zeit macht dir die Arbeit anscheinend keinen besonderen Spaß mehr«, fing Vogel an.
    Albin war ehrlich betroffen. »Im Gegenteil. Ich liebe diesen Job.«
    »Am Anfang warst du sehr engagiert. Jetzt lässt du dich kaum noch blicken.«
    »Ich knüpfe Kontakte.«
    »Das ist in Ordnung. Nur muss auch die Arbeit gemacht werden.«
    Vogel legte eine Pause ein, um den Satz wirken zu lassen.
    »Ja«, sagte Albin.
    »Wenn wir schon dabei sind«, sagte Vogel. »May meinte, du wärst wütend gewesen, weil auch andere Kollegen in diesem Mordfall recherchieren.«
    Anscheinend war das nicht seine Woche, dachte

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