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Rot wie das Meer

Titel: Rot wie das Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Gesicht, die Stirn leicht gerunzelt, als warte er darauf, dass sich ihm meine Gründe dafür, dass ich ihn beim Training gestört habe, auf diese Weise enthüllen. Dann sieht er wieder aus dem Fenster.
    Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich beleidigt sein soll oder nicht. Dass er überhaupt nicht reagiert, ist fast noch schlimmer, als wenn er irgendetwas Gemeines gesagt hätte. Ich ignoriere Sean Ken-drick und wende mich an Thomas Gratton. »Sie suchen also einen Lehrling?«
    »So sieht's aus.«
    »Was ist denn mit Beech?«
    »Beech geht nach dem Rennen dieses Jahr aufs Festland«, erwidert Gratton.
    Mein Mund geht auf, aber es kommt kein Ton heraus.
    »Zusammen mit Tommy Falk und deinem Bruder Gabriel. Ich sollte mich bei dir bedanken, Puck, dass du uns noch ein paar Wochen mehr mit ihm verschafft hast. Wie ich höre, will dein Bruder bis nach dem Rennen bleiben, weil du mitreitest, und darum müssen sie alle warten.«
    Manchmal habe ich das Gefühl, dass ganz Thisby besser über mein Leben Bescheid weiß als ich selbst.
    »So sieht's aus«, wiederhole ich seine Worte. Nachdem ich nun weiß, dass Gabe nicht allein geht, fühle ich mich aus irgendeinem Grund noch niedergeschlagener als vorher. »Aber Tommy reitet doch auch mit, oder?«
    »Ja, das hat er sich überlegt, als er gehört hat, dass er dann sowieso noch hier ist.«
    »Sind Sie böse auf Beech?« Gleich nachdem ich es ausgesprochen habe, wird mir klar, dass das vielleicht nicht die allertaktvollste Frage war, aber jetzt kann ich sie nicht mehr zurücknehmen.
    »Ach, so ist das halt auf dieser Insel. Es können nicht alle hierbleiben, sonst würden wir ja irgendwann über den Rand fallen, was?« Thomas Grattons Stimme aber passt nicht zu seinen unbeschwerten Worten. »Und nicht jeder gehört hierher. Du schon, da bin ich mir ganz sicher. Oder was meinst du?«
    »Ich würde nie weggehen«, sage ich inbrünstig. »Ich ... mein Herz ist hier oder so ähnlich.«
    Plötzlich komme ich mir furchtbar albern vor für diesen Ausbruch von Sentimentalität. Durch das Fenster, weit draußen im Wasser, sehe ich eine der winzigen Felseninseln, die uns umgeben, einen blauen Umriss, zu klein, um bewohnt zu sein. Der Anblick ist wunderschön auf eine Art, an die man sich nie ganz gewöhnt.
    Wir alle schweigen, lange, bis Sean Kendrick schließlich sagt: »Ich habe noch ein anderes Pferd, Kate Connolly, falls du lieber ein Capaill Uisce reiten willst.«

24
    Puck Finn starrt mich an, während er ganz langsam einen Keks zwischen den Fingern zerkrümelt.
    »Sean Kendrick will dir eins von den Wasserpferden verkaufen?«
    Wir sitzen im Hinterzimmer von Fathom & Sons. Es ist ein klaus-trophobisch enger Raum voller Regale und brauner Kartons, mit kaum genug Platz für den verkratzten Tisch, der dort steht. Hier riecht es nicht so sehr nach brauner Butter wie im Rest des Hauses, dafür mehr nach staubiger Pappe und altem Käse. Als wir noch klein waren, hat Mum uns oft mit einem kleinen Vorrat Keksen hier abgesetzt, während sie vorne im Laden mit Dory Maud plauderte. Finn und ich rieten dann immer abwechselnd, was wohl in den braunen Kartons war. Schrauben. Cracker. Hasenpfoten. Die besten Stücke von Dory Mauds unsichtbaren Liebhabern.
    »Nicht unbedingt«, entgegne ich, ohne von meiner Arbeit aufzusehen. Ich signiere und nummeriere Teekannen und nippe hin und wieder an einer Tasse mit Tee, der mittlerweile jedoch leider kalt geworden ist. »Ich will es mir nur mal ansehen. Eigentlich hat er von Verkaufen auch gar nichts gesagt.«
    Finn sieht mich an.
    »Genauso wenig wie ich was von Kaufen!«, füge ich unwirsch hinzu.
    »Ich dachte, du wolltest Dove reiten.«
    Ich schreibe meinen Namen auf die Unterseite einer Kanne. Kate Connolly. Meine Unterschrift sieht aus wie die einer Sonntagsschülerin. Sie braucht ein bisschen mehr künstlerischen Pep. Ich versehe mein y mit einer geschwungenen Schlaufe.
    »Tue ich ja wahrscheinlich auch«, erwidere ich. »Ich will es mir doch bloß mal ansehen.«
    Ich werde rot, ohne zu wissen, warum, und das macht mich wütend. Ich hoffe, dass es in dem spärlichen Licht der Glühbirne über uns und der schmalen Fenster oberhalb der Regale nicht auffällt. Dann füge ich noch hinzu: »Ich hab nur noch zwei Tage, um eventuell mein Pferd zu wechseln. Da kann ich mich doch wohl wenigstens vergewissern.«
    »Bist du auch bei der Parade dabei?«, fragt Finn. Jetzt sieht er mich nicht mehr an. Nachdem er den Keks komplett zerbröselt hat, beginnt er nun,

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