Rot wie die Liebe
offenen Haare fielen ihr über die Schultern. Im Kerzenschein wirkte ihr Gesicht weich und geheimnisvoll.
»Die Böden sind zu kalt für nackte Füße«, sagte er nur und erhob sich, um das Instrument wegzustellen.
Der verträumte Gesichtsausdruck war verschwunden, und er blickte sie kühl an.
Frustriert stellte Moira die Kerze ab. »Es sind ja meine Füße. Du hast mir nie gesagt, dass du spielen kannst.«
»Es gibt vieles, was ich dir nie gesagt habe.«
»Ich bin leider gar nicht musikalisch, zur Verzweiflung meiner Mutter und jedes Musiklehrers, den sie engagiert hat. Egal, welches Instrument man mir in die Hand drückt, am Ende klingen sie alle wie eine Katze, der man auf den Schwanz tritt.«
Sie fuhr mit den Fingern über die Saiten. »In deinen Händen klang es wie verzaubert.«
»Ich hatte mehr Jahre Zeit, es zu lernen, als du auf der Welt bist. Viele Jahre mehr.«
Sie blickte ihn an. »Das ist sicher richtig, aber deswegen ist die Kunst doch nicht geringer. Du hast ein Talent. Warum nimmst du denn das Kompliment nicht einfach an?«
»Euer Majestät.« Er verneigte sich tief. »Ihr ehrt meine armseligen Bemühungen.«
»Ach, scheiß darauf«, fuhr sie ihn, und er musste unwillkürlich lachen. »Ich weiß nicht, warum du dir immer etwas Neues einfallen lässt, um mich zu beleidigen.«
»Ein Hobby muss man ja schließlich haben. Ich wünsche gute Nacht.«
»Warum? Das ist doch deine Zeit, und du willst doch gar nicht ins Bett. Ich kann nicht schlafen. Irgendetwas Kaltes.« Sie verschränkte die Arme und erschauerte. »Etwas Kaltes in der Luft hat mich geweckt.« Sie bemerkte sofort, dass sich sein Gesichtsausdruck veränderte. »Was ist? Weißt du etwas? Ist irgendetwas passiert? Larkin …«
»Damit hat es nichts zu tun. Soweit ich weiß, sind er und die anderen wohlauf.«
»Was dann?«
Er zögerte einen Moment lang. Sein eigenes Verlangen, von ihr wegzukommen, musste warten. Er durfte ihr die Ereignisse nicht vorenthalten. »Hier drin ist es zu kalt für nächtliche Geständnisse.«
»Dann mache ich Feuer.« Sie trat an den Kamin und ergriff die Zunderschachtel, die dort lag. »In dem bemalten Schrank dort befindet sich immer Whiskey. Ich hätte gerne einen.«
Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass er sarkastisch die Augenbrauen hochzog, bevor er ihrem Wunsch nachkam.
»Hat deine Mutter dir nicht beigebracht, dass es für dich unschicklich ist, mitten in der Nacht mit einem Mann Whiskey trinkend am Kamin zu sitzen, vor allem, wenn der Mann gar kein Mann ist?«
»Über Schicklichkeit mache ich mir im Moment keine Gedanken.« Sie hockte sich hin und wartete, bis der Torf Feuer gefangen hatte. Dann setzte sie sich in einen Sessel und streckte die Hand nach dem Becher mit Whiskey aus. »Danke.« Sie trank einen Schluck. »Heute Abend ist etwas passiert. Wenn es Geall betrifft, muss ich es wissen.«
»Es betrifft mich.«
»Es hatte etwas mit Lilith zu tun. Ich dachte zuerst, es läge an meinen eigenen Ängsten, aber es war mehr als das. Ich habe einmal von ihr geträumt, das heißt, es war mehr als ein Traum. Du hast mich damals aufgeweckt.«
Und er war hinterher so nett zu ihr gewesen, dachte sie. Widerwillig zwar, aber trotzdem nett.
»Es war so etwas in der Art«, fuhr sie fort, »aber ich habe nicht geträumt. Ich spürte nur …«
Sie brach ab, und ihre Augen weiteten sich. »Nein, ich habe es nicht nur gespürt. Ich habe dich reden hören. Ich habe deine Stimme in meinem Kopf gehört, und es war kalt. Ich werde dich vernichten, hast du gesagt. Ich habe dich ganz deutlich sprechen hören. Als ich aufwachte, dachte ich, ich würde erfrieren, wenn du mit solcher Kälte mit mir sprächest.«
Und sie hatte das Gefühl gehabt, aufstehen zu müssen, dachte sie. Und dann war sie seiner Musik gefolgt. »Wer war es?«
Das Rätsel, wie sie ihn in ihren Träumen sprechen hören konnte, würde er später lösen, dachte er. »Lilith.«
»Ja.« Moira blickte geistesabwesend ins Feuer und rieb sich über die Arme. »Ich wusste es. Es war etwas Dunkles in der Kälte, und das warst nicht du.«
»Warst du dir so sicher?«
»Du hast einen anderen … Farbton«, erklärte sie. »Lilith ist schwarz. Pechschwarz.
Du, na ja, hell bist du auch nicht gerade. Bei dir es grau und blau. Zwielicht.«
»Was ist das? Siehst du die Aura?«
Bei seinem kühl-amüsierten Tonfall stieg ihr die Röte ins Gesicht. »So sehe ich es eben manchmal. Glenna hat gesagt, ich soll daran arbeiten. Sie ist rot und
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