Rot wie die Liebe
verliebt in diesen wertlosen Blödmann. Ich weiß nicht, welche Sprache sie gesprochen haben, aber ich habe sie seltsamerweise verstanden.«
»Es war Griechisch. Sie war Priesterin irgendeiner Göttin. Dazu musste man Jungfrau sein.« Cian hätte am liebsten Blut getrunken, begnügte sich jedoch mit Wasser. »Und spar dir dein Mitleid. Sie war reif für das, was passiert ist.«
»So wie du?«, schoss Moira zurück. »Und tu doch nicht so, als ob du nichts für sie empfunden hättest. Wir waren miteinander verbunden, und ich habe dein Mitgefühl gespürt. Ihr Herz war gebrochen, und nur Augenblicke später wurde sie von einem Dämon genommen und vergewaltigt. Ich kann Lilith verachten und dabei trotzdem Mitleid für Lilia empfinden.«
»Lilia war bereits halb wahnsinnig«, sagte Cian mit gepresster Stimme. »Vielleicht hat die Verwandlung sie letztendlich einigermaßen bei Verstand gehalten.«
»Das glaube ich auch«, warf Glenna ein. »Tut mir leid«, fügte sie an Moira gewandt hinzu. »Mir hat es auch keine Freude gemacht zu sehen, was mit ihr passiert ist, aber da war etwas in ihren Augen, ihrem Tonfall – und Gott, auch in der Art, wie sie letztlich auf Jarl reagiert hat. So ganz richtig im Kopf war sie schon damals nicht, Moira.«
»Dann hätte sie sich vielleicht selbst umgebracht oder wäre hingerichtet worden für den Mord an dem Mann, der sie benutzt hat. Aber sie wäre wenigstens sauber gestorben.« Moira seufzte. »Und wir wären vielleicht gar nicht hier, um über das Thema zu diskutieren. Man bekommt ja Kopfschmerzen davon. Ich habe übrigens eine Frage, vor allem, um meine Neugier zu befriedigen.«
Sie räusperte sich und fragte Cian dann: »Mich interessiert ihre Reaktion, wie Glenna sagte. Ist das nicht normal?«
»Die Meisten wehren sich oder erstarren vor Angst. Sie dagegen machte mit nach der … ach, ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll«, gab Cian zu. »Nachdem die Vergewaltigung ihr Lust bereitete. Es war ohne Zweifel eine Vergewaltigung, und keine normale Frau empfindet Lust, wenn sie mit Gewalt genommen wird.«
»Sie hat ihm schon vor dem Biss gehört«, murmelte Moira. »Er wusste das, weil er es in ihr erkannt hatte. Sie wusste, was sie tun musste, um verwandelt zu werden – sie musste von ihm trinken. In allen Büchern, die ich gelesen habe, stand, dass das Opfer gezwungen oder aufgefordert werden muss. Sie hat es sich einfach genommen. Sie verstand es, und sie wollte es.«
»Wir wissen jetzt auf jeden Fall mehr als vorher, was immer nützlich ist«, sagte Cian. »Und ein zusätzlicher Nutzen ist noch, dass die Episode sie nervös gemacht hat.
Ich werde besser schlafen, nachdem ich das vollbracht habe. Und ich gehe jetzt zu Bett. Meine Damen.«
Moira blickte ihm nach. »Er hat auch Gefühle. Warum bemüht er sich wohl so sehr, sie zu verbergen?«
»Gefühle verursachen die meiste Zeit Schmerzen. Und wenn du so viel gesehen und getan hast, könnten sie ständig wehtun.« Glenna legte Moira die Hand auf die Schulter. »Etwas zu leugnen ist nur eine Methode, um zu überleben.«
»Gefühle, die man zulässt, können Balsam oder Waffe sein.«
Wie wäre es wohl bei ihm, wenn er sie zuließe, fragte sie sich.
9
Auch in der Dämmerung, die wie rauchiger Nebel emporstieg, regnete es weiter. Als die Nacht hereinbrach, durchdrangen weder Mond noch Sterne die Dunkelheit.
Moira trat in den Hof und stellte sich neben Glenna.
»Sie sind fast zu Hause«, murmelte Glenna. »Später, als wir gehofft haben, aber sie sind fast da.«
»Ich habe in deinem und in Larkins Zimmer den Kamin anzünden lassen, und das Badewasser ist vorbereitet. Sie sind bestimmt nass und völlig durchgefroren.«
»Danke. Daran habe ich gar nicht gedacht.«
»Als wir in Irland waren, hast du für allen Komfort gesorgt. Jetzt ist es meine Aufgabe.« Moira blickte ebenfalls zum Himmel. »Ich lasse das Essen in den Familiensalon kommen, es sei denn, du möchtest mit Hoyt lieber allein sein.«
»Nein. Nein. Sie wollen ja sicher alles sofort berichten. Danach sind wir noch lange genug allein.« Glenna hob die Hand und betastete ihr Kreuz und das Amulett, das ebenfalls an der Kette hing. »Ich wusste gar nicht, dass ich mir solche Sorgen mache.
Mitten im heftigsten Kampfgetümmel hatte ich nicht solche Angst.«
»Da warst du ja auch bei ihm. Wenn man liebt, ist Warten schlimmer als jede Wunde.«
»Eine von vielen Lektionen, die ich gelernt habe. Du machst dir sicher auch Sorgen um Larkin. Und auch um
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