Rot wie die Liebe
waren so schwarz, dass sie zu glänzen schienen.
Sie griff nach ihrer Toga und hielt sie sich vor die Brust. »Ich bin eine Priesterin dieses Tempels. Ihr dürft hier nicht entlanggehen.«
»Ich gehe, wo ich will. So jung«, murmelte er und musterte sie aus seinen schwarzen Augen. »So frisch.«
»Geht.«
»Wenn ich will. Ich habe dich in den vergangenen drei Nächten beobachtet, Lilia, dich und den Jungen, an den du dich verschwendet hast.«
»Wie könnt Ihr es wagen!«
»Du hast ihm Liebe gegeben, er gab dir nur Lügen. Beides ist kostbar. Sag mir, wie möchtest du ihn für das Geschenk, das er dir gab, belohnen?«
Etwas regte sich in ihr, die ersten Wogen der Rache. »Er hat nichts von mir verdient, weder er noch ein anderer Mann.«
»Wie wahr. Dann gibst du also mir, was kein Mann verdient.«
Sie bekam Angst und rannte davon. Aber irgendwie stand er immer wieder vor ihr und lächelte sie kalt an.
»Wer bist du?«
»Ah, Einsicht. Ich bin das, was war, bevor deine schwachen Götter vom Himmel ausgerülpst worden sind.«
Wieder wollte sie fortlaufen, aber der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Er versperrte ihr den Weg, und aus ihrer Angst wurde Entsetzen. »Es bedeutet den Tod, eine Tempelpriesterin zu berühren.«
»Und Tod ist so ein faszinierender Anfang. Ich suche eine Gefährtin, eine Geliebte, eine Frau, eine Schülerin. Das bist du. Ich habe ein Geschenk für dich, Lilia.«
Er lachte, als sie erneut versuchte wegzulaufen. Sie schluchzte, als er sie hochhob und zu Boden warf.
Sie wehrte sich, kratzte, biss und bettelte, aber er war zu stark. Schon war sein Mund an ihrer Brust, und sie weinte vor Scham, während sie ihm mit den Fingernägeln das Gesicht zerkratzte.
»Ja. Ja. Es ist besser, wenn sie kämpfen. Das wirst du noch erfahren. Ihre Angst ist Parfüm, ihre Schreie Musik.« Er umfasste ihr Gesicht, zwang sie, ihm in die Augen zu sehen.«
»Sieh mich an. Sieh mich an.«
Er drang in sie ein. Ihr ganzer Körper erschauerte und bebte.
»Hat er dich auch so genommen?«
»Nein. Nein.« Die Tränen auf ihren Wangen begannen zu trocknen. Und statt sich zu wehren, grub sie die Nägel in den Sand. Sie war in seinen Augen gefangen und begann sich in seinem Rhythmus zu bewegen.
»Nimm mehr. Du willst mehr«, sagte er. »Schmerz ist so … erregend.«
Er stieß so tief in sie hinein, als wollte er sie in Stücke rei ßen. Und immer noch schwang ihr Körper mit. Immer noch blickte sie ihn unverwandt an.
Als seine Augen rot zu funkeln begannen, machte ihr Herz einen Satz vor Angst, aber diese Angst war Teil einer ungeheuren Erregung. Er war so schön. Ihr menschlicher Liebhaber wirkte blass neben dieser dunklen Schönheit.
»Ich gebe dir das Instrument deiner Rache. Ich gebe dir deinen Anfang. Du brauchst mich nur darum zu bitten. Bitte mich um mein Geschenk.«
»Ja. Gib mir dein Geschenk. Gib mir Rache. Gib mir …«
Ihr Körper erbebte, als seine Reißzähne sich in ihren Hals senkten. Und alle Lust, die sie bisher gekannt hatte, wurde unwichtig und klein neben dem Gefühl, das sie überwältigte. Hier war der Ruhm, den sie im Tempel nie gefunden hatte, die schwarze Macht, die sie immer gespürt hatte.
Hier war das Verbotene, nach dem sie sich gesehnt hatte.
Sie wand sich vor Lust und Macht und brachte ihn damit zum Höhepunkt. Und ohne dass er sie erst auffordern musste, trank sie das Blut, das aus den Kratzwunden auf seiner Wange tropfte.
Als sie starb, lächelte sie mit blutigen Lippen.
Zweitausend Jahre später erwachte sie nach dem Traum in ihrem Bett.
Sie fühlte sich zerschlagen und benommen. Wo war das Meer? Wo war der Tempel?
»Cirio?«
»Ach, eine Romantikerin? Wer hätte das gedacht?« Cian trat aus den Schatten heraus. »Dass du nach dem Liebhaber rufst, der dich fallen gelassen und betrogen hat.«
»Jarl?« So hatte sie ihren Erzeuger genannt. Aber als der Nebel des Traums sich lichtete, erkannte sie Cian. »Du bist also doch gekommen. Mein Angebot …« Aber alles war so verschwommen.
»Was ist aus dem Jungen geworden?« Wie zu einem gemütlichen Plauderstündchen ließ Cian sich auf ihrer Bettkante nieder.
»Welcher Junge? Davey?«
»Nein, nein, nicht dein Welpe. Dein Liebhaber, als du noch gelebt hast.«
Ihre Lippen bebten, als sie begriff. »Du spielst also mit meinen Träumen. Aber was bedeutet mir das schon?« Und doch war sie zutiefst erschüttert. »Er hieß Cirio. Was glaubst du denn, was aus ihm geworden ist?«
»Ich glaube, dein Meister hat dafür
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