Rot wie die Liebe
sehen? Darf ich in deinen Zauberspiegel gucken und es mir anschauen? Bitte, bitte!«
»Natürlich.« Lilith warf Lora einen raschen, amüsierten Blick zu. Lora tat so, als erschauerte sie. Sie reichte Davey den kostbaren Spiegel.
»Du siehst entsetzlich aus«, sagte sie zu Davey. »So klein und schwach. Und …
menschlich!«
Davey nahm den Spiegel vorsichtig in die Hand und betrachtete sein Spiegelbild. Er entblößte seine Reißzähne. »Es ist wie ein Kostüm«, sagte er kichernd. »Ich kriege einen, den ich ganz alleine töten darf, oder, Mama? Ganz für mich alleine.«
»Wir wollen mal sehen.« Lilith nahm ihm den Spiegel ab und küsste ihn auf die dreckverschmierte Wange. »Du musst eine ganz wichtige Rolle spielen, mein Liebling. Es ist überhaupt die wichtigste Rolle.«
»Ich weiß genau, was ich tun muss.« Aufgeregt hüpfte er auf und ab. »Ich habe geübt und geübt.«
»Ich weiß. Du hast so fleißig gelernt. Ich werde ganz stolz auf dich sein.«
Sie legte den Spiegel beiseite, wobei sie es sich versagte, selbst einen Blick hineinzuwerfen. Loras Verbrennungen waren immer noch deutlich zu sehen, und um ihr den schlimmen Anblick zu ersparen, schaute auch Lilith nur noch in den Spiegel, wenn Lora nicht im Zimmer war.
Als es an der Tür klopfte, drehte sie sich um. »Das wird Midir sein. Lass ihn herein, Davey, und dann geh hinaus und warte bei Lucian.«
»Gehen wir bald los?«
»Ja, in ein paar Minuten.«
Er rannte zur Tür und blieb dann aufrecht stehen, als der Zauberer sich vor ihm verbeugte. Wie ein kleiner Soldat marschierte Davey hinaus und überließ es Midir, die Tür zu schließen.
»Euer Majestät. Mylady.«
»Erheb dich.« Lilith wedelte nachlässig mit der Hand. »Wie du siehst, ist der Prinz vorbereitet. Und du?«
Sein schwarzes Gewand umfloss ihn knisternd. Sein Gesicht war hart und attraktiv, eingerahmt von einer silbernen Mähne. Er blickte Lilith aus schwarzen Augen an.
»Er wird beschützt sein.« Midir blickte zu der großen Truhe am Fußende des Bettes, auf der ein silberner Topf stand. »Ihr habt den Trank angewendet, wie ich Euch angewiesen habe?«
»Ja, und wenn er versagt, Midir, kostet es dich dein Leben.«
»Er versagt nicht. Der Trank und der Zauberspruch, den ich benutzen werde, werden ihn drei Stunden lang vor Holz und Stahl beschützen. Er wird so sicher sein, als läge er in Euren Armen, Majestät.«
»Wenn nicht, töte ich dich höchstpersönlich, und zwar so unangenehm wie möglich.
Und damit wir ganz sichergehen, wirst du uns auf dieser Jagd begleiten.«
Einen Moment lang huschten Überraschung und Ärger über sein Gesicht, aber dann neigte er den Kopf und sagte unterwürfig: »Wie Ihr befehlt.«
»Ja. Wende dich an Lucian. Er gibt dir ein Pferd.« Lilith wendete sich ab, um dem Zauberer zu bedeuten, dass er entlassen war.
»Du solltest dir keine Sorgen machen.« Lora trat zu Lilith und schlang die Arme um sie. »Midir weiß, dass es ihn das Leben kostet, wenn unserem süßen Jungen etwas geschieht. Davey braucht das, Lilith. Er braucht Bewegung und Unterhaltung. Und er muss sich auch einmal ein wenig beweisen können.«
»Ich weiß, ich weiß. Er ist unruhig und gelangweilt, und ich kann ihm keinen Vorwurf daraus machen. Es wird schon alles gutgehen«, sagte sie, um sich selbst zu beruhigen. »Ich bin ja die ganze Zeit bei ihm.«
»Lass mich mitgehen. Ändere deine Meinung und lass mich mitgehen.«
Lilith schüttelte den Kopf und hauchte einen Kuss auf Loras entstellte Wange. »Du bist noch nicht stark genug, um zu jagen. Du bist noch zu schwach, Süße, und ich will kein Risiko eingehen.« Sie packte Lora an den Armen. »Ich brauche dich an Samhain – da musst du töten und kämpfen. In der Nacht, in der wir das Tal mit Blut überfluten und uns nehmen, was uns zusteht, will ich dich und Davey an meiner Seite wissen.«
»Ich hasse das Warten fast ebenso wie Davey.«
Lilith lächelte. »Ich bringe dir von unserem kleinen Ausflug heute Abend ein Geschenk mit.«
Davey ritt gemeinsam mit Lilith durch die mondhelle Nacht. Er hatte sein eigenes Pony reiten wollen, aber seine Mama hatte ihm erklärt, dass es nicht schnell genug war. Er liebte Schnelligkeit, liebte es, den Wind zu spüren, wenn er zur Jagd ritt, um zu töten. Es war die aufregendste Nacht, an die er sich erinnern konnte.
Es war sogar besser als das Geschenk, das sie ihm zu seinem dritten Geburtstag gemacht hatte. Damals hatte sie ihn durch die Sommernacht zu einem Pfadfinderlager
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