Rot wie Schnee
wirkte entspannt. Wie die meisten Menschen, die zufällig in eine Restaurantküche geraten, gab sie sich große Mühe, nicht im Weg zu stehen.
»Hinter dir«, war von Feo zu hören, der zwischen dem Fischherd und der Klappe stand, und lächelnd schmiegte er |58| sich an Donald vorbei, der seinerseits blitzschnell das Fleischthermometer im Ofen prüfte.
Pirjo wurde losgeschickt, um mehr Filets zu holen. Donald beobachtete unauffällig, wie sie das Fleisch putzte, und bereitete dabei zwei Perlhühner vor.
Die Temperatur stieg. Feo montierte mit hochrotem Gesicht die Soße zum Lachs. Pirjo kehrte wieder zu den Desserts zurück. Donald drückte mit dem Zeigefinger auf die Hühnerbrüste und arrangierte sie auf den bereitstehenden Tellern. Er träufelte mit leichter Hand die Morchelsoße darüber, korrigierte die Terrine von Kartoffeln mit eingebackener Entenleber und schlug auf die Glocke. Tessie erschien, und die Teller verschwanden.
Ein Dutzend Töpfe und Pfannen waren gleichzeitig im Einsatz. Der Fischfond dampfte, in den Bratpfannen zischte es, auf dem Herd flammte es plötzlich hoch auf, und die Teller, die Pirjo bereitstellte, klapperten.
Feo schaute auf und warf Johnny einen Blick zu, als wollte er sagen: Da siehst du, warum wir froh sind, dass du gekommen bist.
Johnny, dem die Eigenheiten der anderen und ihre Bewegungsroutinen noch fremd waren, bemühte sich, mitzuhalten und zu sehen, was jeweils gerade als Wichtigstes anstand.
Ein plötzliches Abebben der Flut von Bons erlaubte allen, einige Minuten zu verschnaufen. Jeder richtete sich auf, Feo trank einen Schluck Wasser, und Donald verschwand in die Spülküche.
»Du rauchst zu viel!«, rief ihm Feo nach.
Donald antwortete nicht, und die Rauchwolke aus der Spülküche zeigte, dass der Einwurf des Kollegen keinen tiefen Eindruck gemacht hatte. Johnny war erstaunt, dass ein Küchenchef zum Rauchen hinausging, das hatte er noch nie erlebt, aber er kommentierte es nicht.
In der Küche war es ganz still. Pirjo lehnte am Küchentisch, |59| schaute auf ihre Nägel und schien zu träumen. Feo stand am Waschbecken und betrachtete sein Gesicht im Spiegel, während er sorgsam die Hände mit einem Papierhandtuch abtrocknete.
Eva lehnte immer noch an der Tür. Sie hatte schon lange nichts mehr gesagt. Sie will uns irgendwie erfassen, dachte Johnny. Und dann bemerkte er plötzlich, dass sie ihn an seine Schwester erinnerte, eher abwartend, häufig ein kühles Lächeln auf den Lippen, ein Lächeln, das man als überheblich auslegen konnte. Aber von seiner Schwester wusste er, dass es ein Suchen nach Einverständnis ausdrückte. Johnny hatte sich oft geärgert, weil Bitte immer so vorsichtig war, und auch über ihr lässiges, fast träges Auftreten und die Tendenz, sich anderen unterzuordnen.
Wenn Eva genauso war, würde sie es schwer haben. In dieser Branche musste man für sich einstehen. Konnte man sich nicht behaupten, wurde man ausgenutzt.
»Was für einen Lohn bekommst du?«, fragte Johnny.
Eva blickte sich um. Feo betrachtete sie im Spiegel. Donald, der gerade von seiner Rauchpause zurückkam, schnaubte.
»Es ist nicht sehr viel, aber es soll mehr werden«, sagte Eva.
»So machen sie es immer«, murmelte Donald.
»Es ist ein Job«, sagte Eva und versuchte, Blickkontakt zu Donald aufzunehmen.
»Ein Job«, wiederholte Feo.
Johnny war sich dessen bewusst, dass er mit seiner Frage eine stillschweigende Übereinkunft gebrochen hatte. Man diskutierte nie offen seinen Lohn, schon gar nicht, wenn man neu angestellt war. Es wurde vorausgesetzt, dass man den Mund hielt. Das ganze Bild, all die Konstruktionen und Vereinbarungen der Branche erfasste man erst nach und nach. Man musste sich qualifiziert haben, um das Recht zu haben, solche Fragen zu stellen, und das konnte ein halbes Jahr dauern, vielleicht auch länger.
|60| »Das Trinkgeld wird jedenfalls zu gleichen Teilen geteilt«, sagte Eva.
Johnny hoffte, sie würde jetzt nicht fragen, wie viel es gab, und aus dem Blick, den er ihr zuwarf, erfasste sie die Botschaft wohl. Denn sie schluckte offenbar das hinunter, was sie hatte sagen wollen, und lachte stattdessen ein bisschen, als wollte sie nicht in ein Spiel hineingezogen werden, dessen Regeln sie nicht kannte.
»Bis morgen«, sagte sie und ging hinaus, kam aber fast sofort zurück.
»Dort draußen sitzt eine von der Polizei, eine berühmte«, sagte sie.
Donald unterbrach seine Arbeit. Feo dreht sich um.
»Und wer?«, fragten beide Köche wie aus
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