Rot wie Schnee
übliche Arroganz noch Ärger. War es Furcht? Slobodan glaubte es nicht, weder in dem Moment noch später. Vielleicht fasste Armas die Bemerkung so auf, als würde er, Slobodan, die Beurteilung von Gonzo nicht gutheißen?
Das war Armas’ schwacher Punkt. Er vertrug eine Menge. Aber die wenigen Male, wenn ihn Slobodan Andersson kritisiert hatte, hatte er verletzt reagiert. Er war verstummt und |50| hatte sich zurückgezogen. Slobodan Andersson fand Armas’ Verhalten ziemlich erschreckend. Es war besser, wenn er richtig wütend wurde.
»Der will sicher wie immer Mist reden«, meinte Slobodan.
Sie brachten Gonzo in die Küche. Armas nahm auf einem Stuhl Platz. Gonzo sah bei Weitem nicht so selbstsicher aus wie sonst. Im Gegenteil, er schien sogar geschrumpft zu sein.
»Na, was will Herr Gonzo denn?«
»Das ist nicht gerecht«, sagte der Kellner und blickte flüchtig in Armas’ Richtung.
»Die Sache ist erledigt«, sagte Slobodan. »Da gibt es nichts mehr zu reden.«
»Er wirft mich doch nur raus, weil …«
»Halt die Klappe!«, fiel ihm Armas ins Wort.
Gonzo wankte, als hätte Armas’ Atem seinen Brustkorb getroffen.
»Noch ein verdammtes Wort und du weißt, was passiert!«
Armas war aufgestanden und wirkte noch stattlicher als sonst.
»Am besten, du ziehst ab«, sagte Slobodan und packte Gonzo an der Schulter, schob die Tür auf und beförderte ihn mit einem Stoß aus der Küche.
Als die Schwingtür wieder ganz still stand, drehte sich Slobodan Andersson um.
»Worum geht es?«
»Er ist ein Dreckskerl«, sagte Armas.
»Kann daraus ein Problem entstehen?«
»Ja, aber nur für ihn«, entgegnete Armas, und Slobodan hörte genau, dass er versuchte, einen leichten Ton anzuschlagen.
Was hatte Gonzo getan, das Armas so aufbrachte? Kellner wuchsen nicht auf Bäumen, und die Personalsituation im »Dakar« war eng. Jetzt mussten sie im Restaurantteil eine unerfahrene Kellnerin einsetzen. Es fehlte nur, dass Tessie einen Tag oder zwei krank wurde, dann würde der Service |51| zusammenbrechen. Das wusste Armas, und trotzdem hatte er Gonzo gekündigt.
Das mussten persönliche Gründe sein. Wäre es um die Arbeit gegangen, hätte Gonzo mit dem Trinkgeld gemogelt oder eine Flasche Schnaps eingesteckt, dann hätte Slobodan das erfahren.
Slobodan Andersson lag die Frage auf der Zunge, aber er stellte sie nicht. Er wollte seinen Kompagnon nicht kränken.
8
D ie Gesellschaft ganz hinten im Restaurant grölte so laut, dass es bis in die Küche zu hören war. Johnny lächelte vor sich hin, während er den Brenner über eine Crème brûlée hielt, damit Pirjo Zeit hatte, pinkeln zu gehen.
»Das ist die Medizin«, sagte sie entschuldigend.
Johnny überlegte, was für Pillen ein achtzehnjähriges Mädchen nehmen musste, aber er hatte nicht gefragt, sondern beruhigend gewunken.
Sie hatten sofort richtig durchgestartet, nachdem Johnny Slobodan Andersson und die beiden Köche Feo und Donald kennengelernt hatte. Die Messer in ein Küchenhandtuch gewickelt, fand er sich einen Tag später in der Küche ein, erwartungsvoll und ein bisschen gespannt auf den neuen Arbeitsplatz und die neuen Routinen.
Er sollte helfen, vor allem in der kalten Küche und bei den Desserts, außerdem ein Auge darauf haben, wie die Teller aussehen sollten und wie die Abläufe organisiert waren.
Feo wirkte relativ offen und gesprächig. Er hatte fast sofort angefangen von der Frau zu erzählen, die er an der Algarve kennengelernt hatte. Wie er ihr serviert und sich in sie verliebt hatte, wie er Geld gespart hatte und auf gut Glück nach |52| Schweden gefahren und in Arlanda ausgestiegen war – in der Brieftasche einen Zettel mit ihrem Namen und dem Namen der Stadt, in der sie lebte.
Vor dem Bahnhof in Uppsala hatte er, unterstützt von einem hilfsbereiten Mann, den Namen der Frau im Telefonbuch gefunden.
»Ich bin jetzt so glücklich«, sagte er, und Johnny sah, dass er es tatsächlich so meinte.
»Es wird ein Junge«, lachte Feo und hackte dabei Sellerie. »Das verspreche ich dir!«
Er strahlte Freude aus, und nicht nur, weil er Vater wurde. Auch die Arbeit in der Küche führte er mit einer Genauigkeit aus, die von persönlicher Zufriedenheit zeugte. Johnny blieb während der ersten Arbeitstage öfter stehen, um seinem Kollegen zuzusehen.
Feos Lebensfreude, auch in seinen Bewegungen wirkte ansteckend. Die langen Arme und Beine schienen ständig in Gang zu sein, was in einer so engen Küche verheerend sein konnte. Aber wie ein
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