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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nehmen?«
    Manuel wusste, dass Angels ganzer Traum eine Frau war, mit der er zusammenleben wollte. Wo und unter welchen Umständen spielte für ihn eine untergeordnete Rolle. Der Bruder hatte ein unkompliziertes Verhältnis zum Leben. Er wollte lieben und geliebt werden. Manuel hatte Angel immer als Vater einer großen Kinderschar gesehen.
    Warum sollte er von Politik reden, wenn er sich nicht darauf verstand? Warum über die Ungerechtigkeiten des Lebens nachdenken, wenn er doch nichts weiter wollte, als eine Frau umarmen?
     
    Es war etwa eine Stunde vergangen, da erschien plötzlich ein Mann im Hof. Er entdeckte Manuel erst, als er in der Nähe der roten Tür war. Er zuckte zusammen, aber dann lächelte er und sagte etwas, das Manuel nicht verstand.
    Manuel nickte und fragte auf Englisch, ob er im »Dakar« arbeite.
    »Bist du Spanier?«, fragte der Mann.
    »Venezuela«, sagte Manuel.
    »Ein Kumpel von Chávez«, sagte der Mann in merkwürdigem Spanisch.
    »No«, sagte Manuel.
    »Euer Präsident, meine ich. Vergiss es«, sagte er dann, beim Anblick von Manuels fragendem Gesichtsausdruck. »Ich heiße Feo. Und ja, ich arbeite hier.«
    »Bist du aus Spanien?«
    »Portugal«, sagte Feo.
    Manuel betrachtete ihn. Feo zog einen Schlüsselbund aus der Tasche.
    |237| »Wartest du auf jemanden?«
    Manuel schüttelte den Kopf.
    »Ich suche einen Job«, sagte er.
    Feo steckte den Schlüssel ins Schloss, aber drehte ihn nicht um. Manuel spürte dieselbe Spannung wie in Kalifornien und stand auf.
    »Im ›Dakar‹? Hast du Erfahrung?«
    »Ich kann arbeiten«, sagte Manuel schnell. »Ich bin an alles gewöhnt. Ich kann hart und lange arbeiten.«
    Manuel stand mit hängenden Armen vor Feo, sah ihn an und dachte an Angel. Ich werde nach Frankfurt fahren, um zu sehen, wo er gestorben ist, dachte er.
    Feo betrachtete ihn nachdenklich.
    »Du musst mit dem Besitzer reden. Er ist nicht da, aber komm mit rein und warte da. Du siehst aus, als bräuchtest du eine Cola.«
    Er schloss auf und ließ Manuel den Vortritt. Dann schloss er hinter sich ab. Manuel war überrascht, wie kühl es war. Es roch nach Putzmitteln und Essen.
    Feo legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Du siehst aus, als bräuchtest du eine Cola«, wiederholte er.
     
    Manuel sah sich um, als erwarte er jeden Moment einen Angriff. Feo nahm ihn mit zur Bar, holte eine Cola und reichte sie ihm lächelnd hin.
    Aus der Küche war Töpfeklappern zu hören. Im Radio lief Bruce Springsteen. Manuel hatte Durst, brachte es aber nicht fertig, mehr als einen Schluck zu trinken.
    »Komm mit, dann kannst du unseren Küchenchef kennenlernen«, sagte Feo.
    Feo ging voran in die Küche. Als der Portugiese ihn vorstellte, überlegte Manuel, warum er so freundlich aufgenommen wurde. Er sah Feo an und hörte, wie er Donald auf Schwedisch erklärte, was der Fremde wollte. Donald nickte ihm kurz |238| zu, arbeitete aber sofort weiter. Vor ihm lag Lammfleisch mit Kräutern, das er aufschnitt, abwog und in einer Plastikdose stapelte. Der Duft stieg Manuel in die Nase.
    »Sprichst du Englisch?«, fragte Donald.
    Manuel nickte.
    »Mann, du sprichst englisch mit indischem Akzent«, sagte Feo und klopfte Donald auf die Schulter.
    »Hast du eine Arbeitserlaubnis?«
    »Nein«, sagte Manuel.
    »Dann wird es schwer. Slobbo, dem das hier gehört, ist bei so was ziemlich genau.«
    »No problems«, sagte Feo.
    »Du kommst aus Venezuela?«, fuhr Donald mit seinem Ausfragen fort. »Wo hast du Englisch gelernt?«
    »Ich hab in Kalifornien gearbeitet.«
    »Früchte des Zorns«, sagte Donald auf Schwedisch und lächelte auf einmal.
    Er schnitt das letzte Stück des Lammfleischs auf.
    »Ein Buch«, kommentierte er Feos fragenden Gesichtsausdruck, dann sprach er wieder Englisch. »Ich rede mit Slobodan, denn wir brauchen jemanden für den Abwasch. Wenn man in den Staaten gearbeitet hat, ist der Abwasch im ›Dakar‹ wie Ferien.«
    Manuel hörte dem Koch fasziniert zu. Sein Englisch war wirklich lustig.
    »Aber das kann nur jeden Abend für ein paar Stunden sein«, erklärte Donald. »Riecht es gut?«
    »Sehr«, sagte Manuel.

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    W ir haben was«, sagte Allan Fredriksson, als er in Ann Lindells Büro trat. Übertrieben enthusiastisch wirkte er allerdings nicht.
    Sie wartete, dass er fortfahren würde. Allan sieht abgekämpft aus, dachte sie, als er sich auf dem Besucherstuhl niederließ. Die Haare waren sehr grau geworden, er hatte dunkle Schatten unter den Augen.
    »Wobei?«
    »Bei der Tätowierung.

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