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Rot

Rot

Titel: Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Ukkola war zwar wegen eines begründeten Straftatverdachts vom Dienst suspendiert, aber trotzdem immer noch stellvertretender Chef der KRP. Wenn sie in den Knast käme, könnte sie ihre Tochter nicht suchen, das war ihr klar. Sie hatte ihr Kommen eine Stunde vorher per SMS angekündigtund wusste, dass Ukkola zu Hause war: Sein brandneuer schwarzer Audi stand auf dem Hof, und zu Fuß ging Ukkola nirgendwohin, nur in seine Stammkneipe Wossikka. Ihr Herz hämmerte und alle möglichen Gedanken schossen ihr durch den Kopf, einer düsterer als der andere.
    Hoch oben in der Birke hat der Buchfink sein Nest gebaut, tirili tirila, und nun singt er den ganzen Sommer lang so fröhlich und laut, tirili tirila … Kati Soisalo hatte Vilmas Kinderlied noch im Ohr. Sie sah die morschen Sandkastenbretter und die vom Rost zerfressene Schaukel, ihr fiel all das Abartige ein, das Ukkola ihr hier angetan hatte, und sie berührte die Narbe, die eine in diesem Haus vor zwei Monaten abgefeuerte serbische Kugel hinterlassen hatte. Bei ihrem letzten Besuch war sie bereit gewesen, Ukkola zu töten, und ihre Gefühlslage hatte sich seitdem kaum geändert. Sie klopfte an der Haustür; die Schlüssel besaß sie nicht mehr, die hatte Ukkola ihr beim letzten Mal abgenommen. Schließlich klingelte sie, erst kurz, dann hielt sie den Knopf einfach gedrückt.
    Endlich ging die Tür auf. Jukka Ukkola stand im Bademantel mit rotem Gesicht da und starrte sie verärgert an. »Ich war gerade in der Sauna, aber gut, dass du gekommen bist, es wurde auch Zeit. Bestimmt willst du dich dafür bedanken, dass ich dir das Leben gerettet habe. Merkwürdig, dass man darauf wochenlang warten muss.«
    Als seine Exfrau eingetreten war, betrachtete Ukkola neugierig die Narbe, die unter ihrem sehr kurzen Haar rot leuchtete. »Eine Frau, die so schlimm aussah, habe ich zuletzt im Leichenschauhaus gesehen. Und das war eine Wasserleiche, die monatelang in einem See gelegen hatte.«
    Kati Soisalo schloss die Augen und ballte die Fäuste, am liebsten hätte sie diesen Psychopathen sofort zum Schweigen gebracht.
    »Gib dein Handy her und spreize die Beine, das kannst du ja. Und die Hände hoch und zur Seite«, befahl Ukkola.
    »Was zum Teufel soll das …«, ächzte Kati Soisalo, als Ukkola anfing, die Hosenbeine ihrer Jeans abzutasten.
    »Ich gehe keinerlei Risiko mehr ein. Dein Bumsfreund, der bald in den Knast wandern wird, ist mit Computern und seinen anderen Geräten zu allen möglichen Tricks fähig, da ist niemand sicher.« Zum Schluss schaltete Ukkola ihr Handy aus und nahm den Akku heraus.
    Kati Soisalo ging ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa, auf dem sie vor ein paar Wochen zugesehen hatte, wie Ukkola ins Bein geschossen wurde. Als sie die Sammlung der japanischen Gegenstände und Waffen erblickte, weckte das viele unangenehme Erinnerungen. Sie betrachtete ein Samuraischwert, das in einem Holzgestell auf dem Boden steckte und einen Ehrenplatz einnahm.
    »Das ist eine handgeschmiedete Kopie des Katana , das Uesugi Kenshin im 16. Jahrhundert benutzte. Es kostet mehr als dein Auto. Dieses Schwert hat dein Leben gerettet, ich habe dem Scheißserben dieses Baby bis ans Heft in die Brust gerammt. Der Griff besteht übrigens aus Rochenhaut.« Ukkola streichelte die Samuraiwaffe wie ein Haustier.
    Kati Soisalo schloss die Augen und atmete ganz ruhig.
    »Machen wir da weiter, wo wir letztens stehengeblieben waren? Du hattest ja versprochen, wieder hier einzuziehen, wenn ich dir sage, wo Vilma ist.« Ukkola zog den Gürtel des Bademantels auf und präsentierte sein Glied. Am linken Oberschenkel war eine große rote Narbe zu sehen, die von der Schusswunde im August stammte.
    »Seit wann hat Vilma in Vittorio Veneto gewohnt?«, fragte Kati Soisalo.
    Ukkolas Augenbrauen senkten sich, er band den Bademantel zu. »Die ganze Zeit. Das Mädchen wurde sofort nach der Entführung dorthin gebracht.«
    »Das ist eine Lüge!«, erwiderte Kati Soisalo in scharfem Ton.»Ich habe heute erfahren, dass Vilma von Dubrovnik über Slowenien nach Finnland gebracht wurde. Die Entführung war eine Auftragsarbeit.«
    Ihr war klar, dass sie ins Schwarze getroffen hatte, als sie Ukkolas Gesichtsausdruck sah. Er lachte, um zu überspielen, wie verdutzt er war, und ging in die Küche. Man hörte es zischen, als eine Bierbüchse geöffnet wurde, danach dauerte es noch eine Weile, bis er ins Wohnzimmer zurückkehrte.
    »Was hast du sonst noch über Vilma gehört? Und von wem?«, fragte

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