Rote Fesseln: Erotischer Roman (German Edition)
darüber dicke wollweiße Stulpen und einen weinroten Pullunder mit einem wollweißen Langarmshirt darunter. Sie trug große, glitzernde Ohrringe und hatte dezent Parfüm aufgetragen. Das lockige brünette Haar hatte sie einfach ausgebürstet, mehr Pflege brauchte es nicht.
Sie mochte ihr Aussehen. Ein bisschen konservativ, aber das war egal. Frederick schien kein besonders moderner Typ zu sein. Vielleicht war es auch ganz gut, wenn sie schnell mit ihm Freundschaft schloss. Sie hatte den Eindruck, er könnte ihr bestimmt hilfreich sein, wenn sie irgendwelche Probleme hatte. Sie ging nach unten und klingelte bei ihm.
Er riss die Tür auf, als hätte er direkt dahinter auf sie gewartet. Auch er hatte sich umgezogen. Die verwaschene Jeans und der Pullover hatten einer schwarzen Stoffhose und einem weißen Hemd Platz gemacht. Er trug eine Schürze.
»Komme ich zu spät?«, fragte Pia besorgt.
»Nein, nein, genau passend.« Er bat sie herein, und sie überreichte ihm etwas unbeholfen eine Flasche Wein, die sie bei ihren Küchenvorräten gefunden hatte. Er blickte anerkennend auf das Etikett und pfiff leise durch die Zähne. »So ein guter Tropfen! Den müssten wir eigentlich noch heute trinken.«
So wie Frederick das Weinetikett prüfend gemustert hatte, schaute Pia sich nun in seiner Wohnung um. Sie taxierte ihn. Er war sehr schick eingerichtet; diese beinahe lässige Mischung aus alt und neu, klaren Linien und verspieltem Plüsch gefiel ihr. Vor einem kleinen Zimmerofen stand ein alter brauner Ohrenbackensessel mit neuem Samtbezug.
»Ein Erbstück meiner Großmutter.« Frederick blieb etwas hinter ihr, während sie vom Wohnzimmer ins angrenzende Esszimmer ging. Der Tisch war festlich gedeckt, wie sie’s erwartet hatte. Weißes Tischtuch, Silberbesteck, schlichtes Geschirr. In der Mitte des Tischs eine Vase mit Tulpen, die gerade erst ihre Köpfe zaghaft öffneten.
»Tulpen? Um diese Jahreszeit?«
»Anfang Februar gibt’s schon welche. Ich liebe Tulpen, Sie nicht?«
»Doch, ich mag sie auch.«
»Wie wär’s mit einem kleinen Aperitif?«
»Da sag ich nicht nein.«
Sie folgte ihm, als er in die Küche ging. Anders als im Wohnzimmer und Esszimmer, wo vor allem alte Möbel das Bild bestimmten, war hier alles neu und glänzend. Hochglanzfronten, die weiß schimmerten, eine Granitarbeitsfläche und eine Spüle aus schwarzer Emaille. Auf der Anrichte standen zwei Teller mit Frühlingssalaten.
»Ich hoffe, Sie haben Hunger mitgebracht.« Frederick reichte ihr ein Glas Prosecco, der genau die richtige Temperatur hatte.
Sie stießen mit einem kleinen, dezenten »Pling« an. Sogar die Gläser waren von einer auserlesenen Qualität.
»Wollen wir uns nicht duzen?«, fragte Pia. »Wir sind ja jetzt Nachbarn, und mir kommt das Gesieze immer schrecklich steif vor.«
Kurz huschte ein Schatten über Fredericks Gesicht, und sie fürchtete schon, sie hätte etwas falsch gemacht. War sie zu forsch? Aber dann lachte er und nickte. Darauf stießen sie ein zweites Mal an.
Dann widmete Frederick sich wieder dem Essen. Er stellte eine Pfanne auf den Herd und schaltete ihn ein. Im Backofen garte bereits das Schweinefilet mit Kräuternusskruste und verströmte einen köstlichen Duft. Bevor Frederick die Muscheln anbriet, schob er noch ein Blech mit selbstgemachten Herzoginkartoffeln zu dem Filet in den Ofen.
Insgeheim fragte Pia sich, wann er das alles vorbereitet hatte. Und es kam ihr auch etwas zu aufwendig vor, was er da zauberte. Es war doch nur ein kleiner Willkommensgruß. Sie waren sich im Grunde fremd. Womöglich verstanden sie sich überhaupt nicht und würden für den Rest ihrer Zeit in diesem Haus nur noch schweigend aneinander vorbeigehen und peinlich berührt an diesen Abend zurückdenken.
»Du musst mich für ziemlich verrückt halten«, sagte Frederick. »Bitte, setz dich doch.«
Pia rutschte auf einen Barhocker hinter der Frühstückstheke. »Warum?«, fragte sie.
»Nun ja, da lade ich eine Fremde zum Essen ein und tische so ein Menü auf.« Er lachte auf. »Wahrscheinlich denkst du, ich bin entweder schwul oder verrückt.« Er schaute kurz über die Schulter. »Ich bin nicht schwul. Und was das Verrücktsein angeht …«
Er sprach nicht weiter.
»Man ist es heutzutage einfach nicht gewohnt, dass die Leute freundlich zu einem sind«, half Pia ihm. »Als ich meinen Freunden erzählte, dass ich nach Berlin ziehen will, haben sie geradezu die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Ob ich verrückt sei.
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