Rote Gruetze mit Schuss
dem Todesfall von Jörn Brodersen zu tun hat?« Huberta klingt entrüstet. Sie sieht nicht Thies, sondern die Kommissarin an.
»Um das zu untersuchen, sind meine Kollegen und ich ja hier.«
»Das kann nicht sein. Onno, was sagst du?«
»Was soll ich sagen? Einfach abgeschmackt.«
»Aber Sie sehen doch selbst, hier hat ein Kampf oder zumindest eine Auseinandersetzung stattgefunden. Das können wir ja nun auch schon ohne unsere Kriminaltechnik sehen.«
»Jede Menge Blut und Kampfspuren«, sagt Mike Börnsen. »Sollte mich nicht wundern, wenn das hierder Tatort ist. Hier wissen wir gar nicht, wo wir anfangen sollen.«
»Herr von Rissen, wir haben Zeugen, die in der Mordnacht auf dem Gutsgelände Leute beobachtet haben.« Thies denkt an Angelique im Wohnwagen. Ihn überkommen leise Zweifel, trotzdem bekräftigt er noch mal: »Eindeutige Zeugenaussagen!« Er sieht von Rissen kurz an und blickt dann zu Boden.
»Mein lieber Thies Detlefsen, ebenso eindeutig können wir konstatieren, dass uns nichts aufgefallen ist in der Nacht von ... wann war das?... Freitag auf Samstag?«
Nicole hebt die Augenbrauen und schnieft einmal leise.
»Wo haben Sie beide sich in der betreffenden Nacht überhaupt aufgehalten?«
Onno von Rissens Miene, die sich ein klein wenig aufgehellt hatte, verfinstert sich augenblicklich wieder.
»Ich war auf dem Gut und du, Onno?« Huberta blickt fragend zu ihrem Mann. »Du warst nicht da. Du warst bei von Ranzows in Plön, oder?«
»Ja, ich war in Plön«, sagt von Rissen in einem knarzenden Tonfall und zuckt kurz mit dem Kopf.
»Mein Mann ist am Nachmittag zu Freunden nach Plön gefahren.«
Klingt ja nicht sehr überzeugend, findet Nicole. Es ist schon seltsam, ausgerechnet in der Mordnacht war halb Fredenbüll auf Reisen.
Die drei Leute von der Spurensicherung stürzen sich voller Enthusiasmus in die Arbeit. Sie lassen mit der Pinzette aufgenommene Haare, Holzteilchen, Scherbenund Stoffreste in ihre Tütchen fallen. Sie etikettieren Proben und ordnen sie in ein Metallgestell ein. An allen möglichen Stellen nehmen sie Fingerabdrücke. Sie kratzen Blut vom Steinboden, von Mistgabeln und einer Sense, wobei Mike Börnsen immer wieder seine blonde Haartolle aus der Kapuze rutscht. Thies wundert sich. Den finden Heike und ihre Freundinnen also gut aussehend? Wie hatte Heike sich ausgedrückt? Süß. Mit dieser pickeligen Haut? Der Junge ist doch gar nicht richtig trocken hinter den Ohren.
Nicole hat ihr Handy gezückt und telefoniert mit Kiel. Onno von Rissen stolziert steifbeinig im Raum umher. Huberta wirkt unruhig und kann sich kaum beherrschen, in dem verwüsteten Raum aufzuräumen.
»Lassen Sie bitte alles unverändert«, ermahnt sie Mike Börnsen sofort.
»Tut mir leid, Frau von Rissen, aber die Kollegen ...«, sagt Thies.
»Ich versteh schon, Thies.«
»So ganz bin ich aus Ihrem Bericht nicht schlau geworden, Doktor«, sagt Kommissarin Stappenbek in ihr Handy.
»So einen gründlichen Mord hab ich auch lange nicht gehabt«, sagt Doc Carstensen, der immerhin auf eine dreißigjährige Berufserfahrung zurückblicken kann. »Doppelt hält besser, was sag ich, dreifach. Der gute Mann wurde erdolcht, erschossen und anschließend noch mal durch den Häcksler gedreht. Da wollte es einer ganz genau wissen und aus dem Biobauern Hackfleisch machen.«
»Hören Sie auf, Doktor, ist ja schrecklich!« Nicole macht ein angeekeltes Gesicht.
»In dem Mähdrescher haben wir außer der DNA vom Opfer noch zweierlei andere DNA gefunden, außerdem Spermaspuren«, fährt der Gerichtsmediziner fort. »Aber die landwirtschaftliche Verarbeitung war post mortem. Eins können wir mit ziemlicher Sicherheit sagen: Todesursache war ein aufgesetzter Schuss. Kaliber 12/65, wahrscheinlich Jagdgewehr, und zwar ein Modell, das seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr im Handel ist.«
»Das passt ins Bild. Hier steht so ein altes Ding rum. Mit Gravuren und so. Mike ist grad dabei, es einzupacken.«
Der blonde Junge von der Spusi schnuppert am Lauf des Gewehres. »Und aus dem Ding ist kürzlich geschossen worden, jede Wette. Morgen wissen wir Genaueres. Und Fingerabdrücke gibt es auch.«
»Haha«, lacht Onno von Rissen gehässig sein geräuschloses Lachen, »da wünsch ich viel Erfolg dabei. Da finden Sie vermutlich noch die Fingerabdrücke meines Vaters August von Rissen. Aber dann haben Sie Ihren Fall ja gelöst. Mein alter Herr ist zwar seit vierzig Jahren tot, aber bitte ... ganz wie die Herrschaften
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