Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
beibringe, Notizen machst und sie hier hineinschreibst. Später wirst du dann ein größeres Buch benötigen, um deine eigenen Zaubersprüche und Zaubertrankrezepte festhalten zu können. Aber fürs Erste reicht das.«
»Hast du auch so eines?«, erkundigte ich mich.
Er nickte.
»Kann ich es mal sehen?«
»Meines liegt sicher verwahrt in New York. Die meisten Magier geben höllisch Acht, ihre persönlichen Zauberbücher nicht herumliegen zu lassen.« Er zeigte auf das Buch. »Da du erst anfängst, solltest du es immer bei dir tragen. Darin kannst du dir auch Fragen an mich notieren oder irgendwelche Ideen.«
Adams Geschenk berührte mich. Ich wusste zwar, dass es nur ein leeres Buch war, aber es kam mir bedeutsamer vor als so manches bedruckte.
»Danke«, sagte ich.
Er hob den Kopf und lächelte. »Gern geschehen.«
Einen Moment lang sahen wir uns an. Ich wandte als Erste den Blick ab und räusperte mich. Adam trat von einem Fuß auf den anderen und stellte sich dann aufrecht hin. »Na ja, jedenfalls werden wir heute als Erstes lernen, wie man einen Zauberkreis anlegt und wie man ihn wieder bricht.«
Ich nahm einen Stift, der auf dem Nachttisch lag, und schlug mein Buch auf. Noch ehe Adam fortfahren konnte, klingelte wieder mein Handy. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Ich wusste genau, wer mich da schon wieder zu erreichen versuchte. Was sollte ich tun? Abheben? Wenn ich dranging, würde Lavinia mich bestimmt
auf der Stelle zu sich beordern. Und diese Vorstellung sagte mir ganz und gar nicht zu.
Adam runzelte die Stirn, als ich nicht abhob. »Wer ist das?«, wollte er wissen.
Ich drückte auf den Besetzt-Knopf. »Niemand.«
24
Ihre Handlager griffen mich in der folgenden Nacht auf. Ich befand mich gerade auf dem Weg zu meinem liebsten Futterplatz, als neben mir ein schwarzer Wagen hielt. Ein Vampir mit breiten Schultern und einer einschüchternden Miene stieg aus. Er trug einen dunklen Anzug mit dem Emblem der Dominae auf der Brusttasche, einer goldenen Lilie. Ich brach keinen Streit vom Zaun, als er mir mitteilte, man wünsche mich zu sehen. Es war sowieso an der Zeit, mich meiner Großmutter zu stellen.
Sie wartete in demselben Haus auf mich, in dem wir uns bereits zuvor getroffen hatten. Als ich zögerlich ins Zimmer kam, musterte sie mich von Kopf bis Fuß. Befangen richtete ich mich auf und versuchte Selbstbewusstsein auszustrahlen, auch wenn ich keines empfand. Ihr Zorn roch stärker als der Geruch der Asche im offenen Kamin hinter ihr. Ich kniete vor ihr nieder und wartete.
»Wie kannst du es wagen, unsere Befehle zu missachten!«, fauchte sie.
Nicht unbedingt die herzliche Begrüßung, die ich erhofft hatte.
Ich stand angemessen bedächtig auf und bemühte mich, geknickt dreinzublicken. »Großmutter, es tut mir
leid, dass ich Euch nicht zurückgerufen habe. Aber es hat gewisse Komplikationen gegeben.«
Sie fuhr mit der Hand durch die Luft, um mich zum Schweigen zu bringen. »Ich will keine Ausreden hören, Mädchen. Clovis ist noch am Leben. Das bedeutet, du hast versagt. Punkt.«
Ich schüttelte den Kopf und überlegte, wie ich ihr mein erbärmliches Versagen erklären konnte. »Ich glaube, ich habe jetzt eine bessere Möglichkeit, den Auftrag auszuführen.«
Sie zog die Augenbrauen hoch und musterte mich misstrauisch. »Ich hoffe für dich, dass du mir nichts vormachst. Die anderen Dominae sind bereits dafür, ein Kopfgeld auf dich auszusetzen.«
Mein Herz setzte einen Moment lang aus, doch ich riss mich zusammen. »Wie wäre es, wenn wir warten würden, bis sie das Weingut überfallen? Auf diese Weise würden wir nicht nur Clovis, sondern auch seine besten Leute auf einen Schlag ausschalten. Seiner Organisation würde die Luft abgeschnitten, und es gäbe niemanden mehr, der die Führung übernehmen könnte.«
Lavinia blieb regungslos. Ihre Miene spiegelte keinerlei Regung wider. Mein Instinkt trieb mich an, weiterzureden, mich zu rechtfertigen, zu erklären. Doch ich gab nicht nach. Schweigen wirkt oft überzeugender.
»Warum sollte ich dir noch vertrauen, nachdem du mich wiederholt im Stich gelassen hast?«
Das saß. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte nicht darauf zu achten, wie weh mir diese Äußerung tat. »Denkt doch darüber nach, Domina. Der Angriff wird chaotisch verlaufen, und es wird mehr als eine Gelegenheit für mich geben, Clovis und seine Leute zu töten.« Ich
schluckte. Eigentlich wollte ich ihr den folgenden Vorschlag nicht machen, aber ich wusste,
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