Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
dass er sie milder stimmen würde. »Und wenn Ihr noch immer meine Fähigkeiten anzweifelt, dann könnten sich Eure eigenen Wachleute verstecken und sicherstellen, dass alles genauso abläuft, wie Ihr das wollt.«
Meine Großmutter rieb sich das Kinn und dachte über meinen Plan nach. »Es könnte funktionieren«, meinte sie schließlich. »Wenn das alles vorbei ist, wirst du einer Strafe für deinen Ungehorsam allerdings nicht entgehen. Das ist dir hoffentlich klar.«
Ich senkte den Kopf. »Ja, Domina. Das ist mir durchaus klar.«
»Ich werde mit Tanith und Persephone sprechen. Zuerst solltest du mir allerdings genauer von Clovis’ Plänen berichten. Ich hoffe, in diesem Punkt wirst du mich nicht schon wieder enttäuschen.«
Groll regte sich in mir und verätzte mein Inneres wie Säure. Ich wusste selbst, dass ich Mist gebaut hatte. Aber musste sie mir auch noch Salz in die Wunde reiben? Ich hatte die Dominae von Anfang an gewarnt, dass ich als Agentin keine Erfahrung hatte. Normalerweise bestand mein Job darin, jemanden ausfindig zu machen und ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen. Das war alles. Dieses ganze Spionage-Zeug gehörte nicht zu meinen Stärken.
»Und? Was ist?«, wollte meine Großmutter ungeduldig wissen. Es war offensichtlich, dass ich ihr auf die Nerven ging und sie unser Gespräch so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte.
Ich schluckte meinen Stolz hinunter. »Ich kenne den Plan.«
»Ausgezeichnet. Dann sprich.«
Als ich ihr den Plan darlegte, musste ich mich innerlich immer wieder daran erinnern, wie froh ich sein konnte, noch eine zweite Chance zu bekommen. Eine innere Stimme fragte mich zwar mehrmals, wie es Adam und den gefangenen Magiern bei einem Hinterhalt ergehen würde, aber dieser Stimme verpasste ich bald einen Maulkorb. Meine Loyalität galt meinen Leuten, den Dominae. Trotz meiner jüngsten Erfahrungen mit Magie und diesem Teil meines Erbes wollte ich kein Doppelleben als Vampirin und Magierin führen. Die Dominae würden es mir sowieso nicht erlauben. Meine Großmutter würde durchdrehen, wenn sie jemals erfuhr, dass ich Unterricht im Zaubern erhielt – ganz zu schweigen von meiner Bekanntschaft mit Magiern und Nymphen.
Ich versuchte mir einzureden, dass meine Bekanntschaft mit Vinca und Adam nur durch meinen Auftrag zustande gekommen war – dass das alles keinerlei Bedeutung besaß. Doch in Wirklichkeit waren die beiden ebenso wie Giguhl zu Freunden geworden. Nun ja, vielleicht war Freunde ein zu starkes Wort. Aber ich verabscheute sie zumindest nicht so wie die meisten anderen, die ich kannte.
Allerdings würden sie mich verabscheuen, sobald sie herausfanden, mit welchem doppelten Spiel ich sie die ganze Zeit über an der Nase herumgeführt hatte. Ich konnte nur hoffen, dass ich dann bereits über alle Berge war, ehe sie verstanden, in wessen Hinterhalt sie geraten waren. Und falls nicht? Nun, dagegen konnte ich jetzt nicht mehr viel tun. Zuerst kam die Pflicht … Und dann erst die Tatsache, dass ich die beiden eben nicht verabscheute.
Als Adam diesmal zum Unterricht eintraf, war ich bereits angezogen, hatte ein gehörige Portion Koffein intus und war bereit, Neues zu lernen. Vinca machte ihm die Wohnungstür auf. Als er mich auf dem Sofa sitzen sah, blickte er mich verblüfft an.
»Du bist aber früh auf.«
»Nur weil ein gewisser Jemand die Angewohnheit hat, mindestens eine halbe Stunde vor der abgemachten Zeit hier aufzutauchen.«
»Sorry«, sagte er. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie wirkte er nervös. Sein sonst so lockeres Grinsen kam mir diesmal irgendwie gequält vor. »Dann bist du so weit? Können wir loslegen?«
Ich nickte und stellte meinen Becher mit Kaffee auf den Couchtisch.
»Ich dachte mir, wir sollten heute Abend mal einen kleinen Ausflug machen. Sozusagen für eine praktische Übung.« Jetzt bemerkte ich, dass auch seine Schultern verspannt wirkten. Nahm er an, ich würde schon wieder ablehnen?
»Und wohin soll es gehen?« Ich versuchte locker zu klingen. Aber irgendetwas stimmte nicht.
»Das ist eine Überraschung.«
Ich musterte ihn. »Was immer Sie für richtig halten, Herr Lehrer.«
Er entspannte sich etwas und wandte sich dann an Vinca. Als die beiden ihr übliches Geplänkel begannen, ließ mein Misstrauen nach. Vielleicht war ich nach meinem Treffen mit Lavinia nur etwas übervorsichtig geworden. Außerdem quälten mich Zweifel und ein schlechtes Gewissen.
So war es mir auch schon ein paar Stunden zuvor gegangen,
als
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