Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild

Titel: Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Wells
Vom Netzwerk:
junge Vampirin sei nun schwanger und man bräuchte mich, um ihr bei der Geburt behilflich zu sein. Ehrlich gesagt, schockierte es mich, von einer solchen Verbindung samt Schwangerschaft zu erfahren, denn normalerweise wurde ein Verstoß gegen das Gesetz sofort mit dem Tod bestraft. Da man mir jedoch einen königlichen Lohn anbot, ging ich davon aus, dass es sich um Angehörige der Oberschicht handeln musste, was vielleicht auch erklärte, warum sie am Leben geblieben waren.
    Ich sagte also trotz der seltsamen Umstände zu. Gewöhnlich kam ich ins Haus der Gebärenden, wo ich meist erst eintraf, wenn diese bereits in den Wehen lag. Diesmal
jedoch wollte man, dass ich das Mädchen von Anfang an zu mir nehmen sollte. Sie befand sich damals erst im vierten Monat. Ihr könnt euch also sicher vorstellen, wie überrascht ich war, dass sie die ganzen verbleibenden acht Monate ihrer Schwangerschaft bei mir bleiben sollte.«
    »Meine Mutter hat also hier gelebt?« Ich blickte mich in dem Zimmer um, als könnte ich noch irgendwelche Spuren von ihr entdecken.
    Briallen lächelte. Meine Neugier schien ihr zu gefallen. »Geduld, mein Kind.«
    Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und versuchte die Fragen zu unterdrücken, die alle gleichzeitig in mir aufstiegen. Adam legte eine Hand auf meinen Arm. Der Anblick seiner golden schimmernden Haut auf meinem blassen Unterarm hatte etwas Beruhigendes.
    »Wo war ich stehengeblieben?«, fragte Briallen. »Ach ja … Obwohl die Umstände und Bedingungen mehr als ungewöhnlich waren, sagte ich zu. Natürlich spielte auch das viele Geld, das mir geboten wurde, eine Rolle, aber vor allem war es die Neugier, die mich veranlasste, mich auf diese Sache einzulassen. Soweit mir damals bekannt war, stellte dieser Fall die erste Geburt eines Kindes von Eltern verschiedenen Blutes seit vielen Jahrhunderten dar. Ich fand die Vorstellung, an einem so wichtigen historischen Ereignis teilnehmen zu dürfen, unglaublich aufregend, auch wenn ich gleichzeitig ein wenig Angst hatte.«
    »Wovor hattet Ihr Angst?«, wollte Adam wissen und sah sie fragend an.
    Sie zuckte mit ihren runden, weichen Schultern. »Von den politischen Implikationen einmal abgesehen, malte ich mir aus, was wohl geschehen würde, wenn das Kind
stürbe. Oder wenn es sich als missgestaltet herausstellen würde, weil sich die beiden Geschlechter nicht miteinander verbinden ließen. Damals hatten die Schattengeschlechter kaum Ahnung von der modernen Medizin. Viele meiner Kolleginnen wurden getötet, weil man oft der Hebamme jedes Unglück zuschrieb, das bei einer Geburt geschehen kann.«
    Ich lehnte mich vor, ganz und gar von Briallens Erzählung gefangengenommen. Sie besaß Talent für Geschichten, und ich fragte mich einen Moment lang, ob das wohl ein typisches Charakteristikum des Feenvolks war oder einfach zu ihren persönlichen Stärken gehörte.
    »Phoebe traf eine Woche später ein. Sie wurde von Lavinia, deiner Großmutter, begleitet«, fuhr sie fort und nickte mir freundlich zu. »Außerdem kam noch eine Bedienstete mit, von der sie sich während der Monate bei mir ernähren sollte. Deine Großmutter reiste bald wieder ab. Fast schien es so, als könne sie den Anblick ihrer Tochter nicht länger ertragen. Phoebe wirkte zutiefst verzweifelt. Ich weiß nicht, ob das an der raschen Abreise ihrer Mutter lag oder an den traurigen Umständen, die sie überhaupt in diese schwierige Lage gebracht hatten.«
    »Wie sah sie aus?«, wollte Adam wissen und stellte damit die Frage, die auch mir auf der Zunge gelegen hatte.
    Briallen lächelte wehmütig. »Sie war in jeder Hinsicht eine Vampirprinzessin. Ihre Haare hatten die Farbe frisch gepflückter Erdbeeren, sie umrahmten ihr Gesicht in weichen Locken. Ihre Haut schimmerte blass wie der Flaum der Seidenpflanze, wobei auf ihrer Nase ein paar freche Sommersprossen saßen. Sie hatte rehbraune Augen, voller Geist und Intelligenz. Der einzige Makel, der mir an jenem ersten Tag auffiel, waren die Schwellungen um
ihre Augen, die mir zeigten, dass sie viel geweint haben musste. Doch vor mir, einer Fremden, wollte sie sich nicht gehenlassen. Sie blickte mich vielmehr so an, als wolle sie mir zu verstehen geben, dass ich es ja nicht wagen sollte, sie und ihr Verhalten zu verurteilen.
    Während der ersten Wochen sprach sie so wenig wie möglich. Den Tag über schlief sie in dem kleinen Zimmer, gleich hinter dieser Tür.« Die Fee zeigte auf eine grob geschnitzte Tür rechts neben dem Kamin. »Nachts

Weitere Kostenlose Bücher