Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
verlor kein Wort darüber, was zeigte, dass das Treffen mit Briallen auch ihn nervös machte.
Einige Minuten später tauchten Lichter vor uns auf. Das schwache Leuchten drang durch die kleinen Fenster
des Cottage, das eingebettet zwischen einer Baumgruppe und einem Bach lag. Aus dem Kamin stieg eine gemütliche Rauchfahne.
Adam hatte mich eingeholt und lief schweigend neben mir her. »Ich wusste gar nicht, dass man in einem Nationalpark wohnen darf«, sagte ich leise zu ihm.
»Darf man auch nicht. Aber Feen umgeben sich mit einem Zauber, so dass sie von Sterblichen nicht wahrgenommen werden können.«
Mein Mund formte ein tonloses O. Wieder einmal – wie so oft in letzter Zeit – fragte ich mich, wie ich schon so lange auf der Welt sein konnte, ohne irgendetwas über die anderen Geschlechter zu wissen. Natürlich lag die Antwort darauf bei meiner Großmutter. Sie hatte mich während meiner Kindheit und Jugend im Tempel von allen äußeren Einflüssen abgeschirmt und mir nur die Geschichte und Bräuche der Vampire beigebracht. Zu dieser Erziehung gehörte auch eine gehörige Portion Misstrauen allen Lebewesen gegenüber, die keine Vampire waren.
Briallen hielt uns die Tür auf, damit wir ins warme Innere ihres Häuschens treten konnten. Ein Duft aus Kräutern und verbranntem Holz schuf eine wohlige Atmosphäre. Dieser Eindruck wurde durch die gemütlichen Sessel und die schönen alten Holztische verstärkt, die überall im Haus verteilt waren. Adam und ich mussten uns ducken, als wir über die Schwelle traten, um uns nicht den Kopf anzustoßen.
Die Fee eilte betriebsam hin und her, reichte uns zwei Becher mit Gewürzwein und bat uns, Platz zu nehmen. Behutsam ließ ich mich auf dem äußersten Rand eines recht wacklig aussehenden Holzstuhls nieder, auf dem ein flaches Kissen aus buntem Baumwollstoff lag. Adam folgte
meinem Beispiel und setzte sich auf den Stuhl neben mir. Briallen stellte eine Platte mit verschiedenen Käsesorten und Brot auf den Tisch und machte es sich schließlich in einem zerschlissenen Sessel uns gegenüber bequem.
»Verzeiht mir, dass ich so aufgeregt bin«, sagte sie. »Aber es geschieht nicht oft, dass ich in meiner bescheidenen Hütte so hohe Gäste bewirte.«
Adam winkte freundlich ab. »Wir sind diejenigen, die sich geehrt fühlen, Euch besuchen zu dürfen.« Ich warf ihm einen heimlichen Blick zu. Wo hatte er gelernt, so höflich zu sein?
Briallen kicherte, als sie sein Kompliment hörte. »Nun, ihr wolltet also mit mir über die Umstände sprechen, unter denen das liebe Kind hier auf die Welt kam.«
Ich errötete erneut. Die natürliche Güte dieser Frau berührte mich. Sie strahlte eine mütterliche Wärme aus, wie ich sie noch bei niemandem erlebt hatte. Adam neben mir hielt seinen Becher mit beiden Händen fest und beugte sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt.
»Ich habe gehofft, Ihr könntet uns etwas über Sabinas Eltern erzählen.«
Briallen legte den Kopf zu Seite. Sie wirkte wie ein neugieriges Vögelchen. »Leider habe ich deinen Vater nie kennengelernt, mein Kind.« Sie warf mir einen mitfühlenden Blick zu. »Er starb, ehe Phoebe zu mir kam.«
»Warum ist sie zu Euch gekommen?«, fragte ich, ohne auf Adams tadelnden Blick zu achten. Ich konzentrierte mich ganz auf die Fee.
»Aber diese Geschichte musst du doch kennen, Kind.« Ihre fragenden Augen wanderten von mir zu Adam, der den Kopf schüttelte.
»Etwas weiß ich schon«, meldete ich mich zu Wort. »Aber man hat mir nie von meiner Geburt erzählt. Nur über die Umstände, die dazu geführt haben.«
Briallen schnalzte mit der Zunge. »Gut, dann fangen wir ganz von vorne an.« Sie holte tief Luft, als wolle sie sich auf eine lange Geschichte einstimmen. »Damals fanden Geburten fast ausschließlich zu Hause statt. Meine Gattung – wir nennen uns die Spae – hatte sich auf derlei Dinge spezialisiert und wurde von allen Geschlechtern herbeigerufen, um zu helfen. In gewisser Weise waren wir Hebammen. Ich hatte mir in dieser Gegend einen gewissen Ruf erworben und war damals sehr gefragt.« Sie wurde rot, als sei es ihr peinlich, sich selbst in einem positiven Licht darzustellen. Ich nickte, um sie zum Weitersprechen zu ermutigen.
»In jenem Sommer wurde ich von Gesandten der Dominae und des Hekate-Rats gleichzeitig kontaktiert. Beide erklärten mir, es ginge um eine delikate Angelegenheit. Man erzählte mir, dass es eine verbotene Beziehung zwischen einem Magier und einer Vampirin gegeben hätte. Die
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